Frauen müssen es ja wissen. „Es ist leichter ein Kind zu bekommen, als in einen dieser Bottiche zu steigen.“ Die sind nämlich mit eiskaltem, schmutzigem Wasser gefüllt, in das es auch noch kurz hinabzutauchen gilt. Die Bemerkung einer der rund 270 Starterinnen bei der Premiere des Braveheart-Battle-Laufs in Bischofsheim (Lkr. Rhön-Grabfeld) am Samstag sagt eigentlich alles. Triefend nass, total verdreckt, bis auf die Knochen durchgefroren und völlig erschöpft erreichen die „tapferen Herzen“ das Ziel auf dem zur Arena umgetauften Sportgelände.
Wenn sie es denn erreichen. 377 Teilnehmer müssen unterwegs der gut 31 Kilometer langen Strecke mit den insgesamt 50 Hindernisüberquerungen und den äußeren Bedingungen Tribut zollen und aufgeben. Gut die Hälfte erreicht das Ziel nicht in der vorgegebenen Zeit von sechs Stunden. Die Veranstalter brechen das Rennen schließlich ab, als die Dunkelheit zu- und die Temperatur gleichzeitig immer mehr abnimmt. Ein Rekord der anderen Art bei dem Spektakel, das nun schon seit 2010 im Kalender der Extremläufer steht, aber nach sechs Veranstaltungen in Münnerstadt (Lkr. Bad Kissingen) erstmals in der Hohen Rhön über die Bühne geht.
Zwei Grad Celsius beim Start
Beim Start um 11 Uhr zeigt das Thermometer gerade mal zwei lächerliche Grad an, und viel wärmer wird es den ganzen Tag über nicht. Auf dem höchsten Punkt der Strecke, auf 817 Meter, liegt beim Gasthaus Roth sogar noch Schnee. Für eingeborene Bischofsheimer keine Überraschung zu dieser Jahreszeit. „Früher hat man gesagt, ein Dreivierteljahr Winter und ein Vierteljahr Sommer“, erklärt ein Zuschauer auf dem Marktplatz des 4800-Einwohner-Städtchens die Klimaverhältnisse in der Rhön. In der Altstadt ist einer von fünf sogenannten Hotspots mit Hindernissen eingerichtet. Die Stimmung ist gut. Von den zum Teil heftigen Auseinandersetzungen in der Kommunalpolitik darüber, ob der Lauf überhaupt in Bischofsheim stattfinden soll, ist nichts zu spüren.
Durchgesetzt hatten sich schließlich die Befürworter. „Wir finden das toll“, sagt Wirtin Brigitte Vorndran vom Gasthaus Dickas, die sogar einen Braveheart-Battle-Burger kreiert hat. Eine Einstellung, die viele der um den Marktplatz ansässigen Gastronomen teilen, die vor ihren Betrieben Essen- und Getränkestände aufgebaut haben. Gut, rein anfeuerungstechnisch bleibt auf der nach oben hin offenen Begeisterungsskala noch Luft, aber die Rhöner müssen sich ja auch noch an die Bravehearts gewöhnen.
Wie anfangs in Münnerstadt begegnen viele Zuschauer dem Treiben mit amüsiertem Kopfschütteln. „Die sind doch ganz nass und das bei der Kälte“, sagt eine Frau zu ihrem Mann, verkriecht sich noch etwas tiefer in ihrer dicken Jacke und lässt ihn dann wissen: „Also, ich könnt' das nicht.“
Angesichts der widrigen äußeren Umstände fällt die Bilanz des Bayerischen Roten Kreuzes, das mit gut 200 Helfern vor Ort ist, noch relativ glimpflich aus. Laut Pressesprecher Uwe Kippnich mussten 110 Teilnehmer medizinisch versorgt werden, acht davon im Krankenhaus. Für einen Starter, der sich auf der Strecke nahe der Sprungschanzen bei einem Sturz schwere Gesichtsverletzungen zugezogen hatte, wurde ein Rettungshubschrauber angefordert.
„Wir hätten eigentlich mehr befürchtet“, bilanziert Kippnich den Einsatz und lobt die herrvorragende Zusammenarbeit zwischen Rettungsdienst, Berg- und Wasserwacht. Welche Dimensionen die Veranstaltung für die Einsatzkräfte hat, wird auch aus folgenden Zahlen deutlich: 1400 Einmaldecken und 600 goldfarbene Rettungsfolien wurden an frierende Läufer ausgegeben.
Von einem Erfolg spricht Veranstalter Joachim von Hippel aus Bad Kissingen in einer ersten Stellungnahme gegenüber dieser Redaktion. Geradezu begeistert zeigten sich die Starter vor allem von der herben Rhöner Landschaft, aber auch von der Qualität der Strecke, die als deutlich anspruchsvoller wahrgenommen wurde als in Münnerstadt. Zu schaffen machte den Läufern das mit neun Grad bitterkalte Wasser der Brend und die gut 1400 Höhenmeter, die es zu bewältigen galt.
Und dann die Schlammlöcher, die zum Braveheart-Battle gehören wie die Kirche zum Dorf. Ein Bundeswehrpionierpanzer hat die Gruben ausgehoben, die sich im Laufe des Wettbewerbs zusehends mit Wasser füllen. Kaum aus dem Gröbsten heraus, bläst den Läufern auch noch Wind in Orkanstärke, gemischt mit Wasser ins Gesicht – aus den Schneekanonen des Arnsberglifts.
Das ausgeprägt familiäre Flair, das das Ereignis in Münnerstadt auszeichnete, wurde bei der Premiere in Bischofsheim allerdings so nicht erreicht. Die Lockerheit und ausgelassene Freude, dort schon durch die bunte Kostümierung vieler Starter präsent, wollte am Fuße des Kreuzberges nicht so recht aufkommen. Hier war der Charakter eher sportlicher Natur. Was natürlich auch den Temperaturen geschuldet sein kann. Denn während in Münnerstadt, bis auf die erste Veranstaltung im Jahre 2010, zur Battle-Zeit Mitte März meist frühlingshafte Temperaturen herrschten, präsentierte sich die Rhön von ihrer winterlichen Seite. Vielleicht ist das und einiges mehr im nächsten Jahr ganz anders. Anmelden kann man sich schon auf der Braveheart-Internetseite für den nächsten Lauf am Samstag, 11. März – in Unterfranken.
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Braveheart-Battle
Gewonnen hat den Extremlauf Phil Reuß aus dem thüringischen Mellenbach in 3 Stunden 17 Minuten und 37 Sekunden. Schnellste Frau war Ludmilla Hertle in 4:09:19 aus Bad Rappenau. „Laufstil“ – ein Team aus Würzburgern und Startern aus der Rhön war mit 22:10:14 die schnellste Mannschaft. Der Team-Spirit-Cup ging an die „Sturmwölfe“ aus der Bundeshauptstadt Berlin.
Insgesamt waren 2699 Starter – davon rund zehn Prozent Frauen – aus 29 Nationen am Start, darunter Läufer aus den USA und Mexiko. Gut 1200 schafften die Strecke in der vorgegebenen Zeit von sechs Stunden und dürfen sich nun „Real Braveheart“ nennen. old