Mitte vergangener Woche hat der Geschäftsmann Jürgen Jahn das letzte Mal den Motorschlitten bei seiner Wintertour durch Lappland bewegt. Am Donnerstag dann hat er sich ins Auto gesetzt und ist 2800 Kilometer durch Skandinavien zurück nach Mellrichstadt gefahren. Am Freitagabend gegen 23 Uhr hat er die Haustür aufgeschlossen. Am Samstagmorgen machte er sich auf, durch die Hölle zu gehen.
„Die längste Anreise dürfte ich schon gehabt haben“, schmunzelt der Inhaber eines Optik- und Hörgerätegeschäfts. Und die Hölle, durch die Jürgen Jahn ging, war sportlicher Natur. Zum ersten Mal hat er am vergangenen Samstag am Braveheart-Battle in Münnerstadt teilgenommen. Rund 28 knallharte Kilometer durch Flüsse, durch eiskalte Regenrückhaltebecken oder über verschlammte Hindernisse, Strohballen-Burgen und andere Widrigkeiten hinweg: Für Extremsportler wie Jürgen Jahn sind solch höllische Herausforderungen das Paradies.
Wenige Kilometer streuabwärts hatte sich am vergangenen Samstag auch der 44-jährige Dietmar Schultheis auf den Weg nach Münnerstadt gemacht. Zurückgekehrt zu Frau und den zwei Kindern ist er am Abend als 30. von rund 3000 Teilnehmern dieses Abenteuer-Laufs. Das beste tapfere Herz der Rhön kommt also aus Oberstreu.
„Ich war vor zwei Jahren schon einmal dabei beim Braveheart-Battle“, erklärt Schultheis, der bei Preh in Bad Neustadt als Team-Betreuer arbeitet. Damals waren die Witterungsbedingungen ganz andere mit viel winterlicher Kälte. „Das war damals brutal vom Wetter her. Die 24 Kilometer habe ich als 182. geschafft“, erinnert sich Schultheis.
Dagegen war der vergangene Samstag in Münnerstadt mit milden Temperaturen und viel Sonne ein Traum für den Oberstreuer. „Ich hatte mir vorgenommen, unter drei Stunden zu bleiben für die 28 Kilometer“, so Schultheis. Mit zwei Stunden und exakt 57 Minuten hat er sein Ziel auch erreicht. Das bedeutet Platz 30 bei rund 3000 Teilnehmern. Vor dem Lohn der Top-Platzierung standen für Dietmar Schultheis acht Wochen intensives Vorbereitungstraining. „Vor allem habe ich Bergläufe geübt, denn die sind eine Herausforderung beim Braveheart“, sagt der Extremsportler. Gleich mehrmals mussten nämlich die Höhen des Michelsbergs über Münnerstadt bezwungen werden.
Ein ungeübter Sportler ist der Oberstreuer aber auch den Rest des Jahres nicht. Schultheis ist regelmäßiger Teilnehmer am Rhön-Grabfeld-Cup, aktiv in der Leichtathletikabteilung des TSV Oberstreu und darüber hinaus auch noch Jugendfußballtrainer beim TSV.
„Am schwierigsten war das Wasser, vor allem das Regenrückhaltebecken bei Reichenbach, das war brutal kalt“, sagt Schultheis. Größte Vorsicht hat er auch bei der Durchquerung der Lauer walten lassen. „Andere sind da wild hineingesprungen, ohne zu wissen, was vielleicht auf dem Grund liegen kann. Das macht man nicht“, gibt sich Schultheis besonnen. Schließlich wollte er ja seine beiden Kinder Noah und Elena gesund wiedersehen nach seinem ungewöhnlichen Wettkampf.
Und weil der Sohn als Zuschauer mit von der Partie war, verzichtete Schultheis auch auf ein allzu martialisches Äußeres mit viel Schminke und gruseliger Verkleidung. „Ich hatte nur mein rotes Läufershirt, kurze Shorts und ein Kopftuch an“, sagt der Wettkämpfer.
Auch Jürgen Jahn wurde von seinem Sohn Leon begleitet. „Nach meiner langen Anreise aus Lappland konnte ich den Braveheart-Battle irgendwie locker angehen“, sagt Jahn, der zum ersten Mal die Tortur des Battle-Wettbewerbs auf sich genommen hat. Den Tipp von Freunden, sich frühzeitig in die Anmeldereihe zu stellen, um ganz vorne mit am Start zu sein, hat er denn auch gar nicht beherzigt. Obwohl es heißt: „Je früher man startet, desto unbeschädigter und unverschlammter sind die Hindernisse“, so Jahn.
Nach dem gemeinsamen Absingen der Deutschlandhymne ging es dann auf die Runden. „Es war ein tolles Erlebnis, das Wetter war ein Traum“, freut sich Jahn noch Tage später. Die Organisation sei tadellos gewesen. Auch die Tatsache, dass der Kurs durch die Altstadt verlief, bewertet der Mellrichstädter positiv. Aber auch er erinnert sich mit Schrecken an das Loch Ness von Reichenbach: „Das Wasser war wahnsinnig kalt.“
Der Braveheart-Battle für 2015 ist schon wieder zu 50 Prozent ausverkauft. „Ich habe gar nicht mehr viel Zeit, mich für den nächsten Lauf anzumelden“, scherzt der Geschäftsmann. Mit von der Partie will er auf jeden Fall sein, dann aber in einem Team aus Freunden. „Ich werde mich auch mit Bergläufen noch etwas gezielter vorbereiten“, übt er Manöverkritik. Aber am meisten Spaß bereitet ihm sowieso das Überwinden der Hindernisse.
Der März 2015 ist bei Jürgen Jahn und Dietmar Schultheis jedenfalls schon gebongt: Tapfere Herzen schlagen nun mal für den Braveheart-Battle.