Längst ist unter Literaturinteressierten die Reihe „Mellrichstadt liest“ so beliebt, dass die Plätze im Café Art der Kreisgalerie kaum ausreichen, wenn die Moderatoren Fred Rautenberg und Rudi Glaesner einmal im Monat zum sonntäglichen Lesenachmittag einladen.
Diesmal war die Resonanz besonders groß, bemerkte Rautenberg überrascht, der das Interesse auch am Thema der Veranstaltung „Meine liebste Ballade“ festmachte. Zudem hatten die beiden Moderatoren mit Susanne Spatz und Gerhard Höhn zwei versierte Gast-Leser für die Veranstaltung gewinnen können.
Eröffnet wurde der Lesenachmittag musikalisch von Glaesner mit der von Johannes Brahms vertonten „Zigeunerballade“, die das tragische Ende eines jungen Mädchens erzählt. Tragik, düstere Vorahnungen und am Ende ebenfalls den Tod einer jungen Liebenden hat die Ballade „Lenore“ von Gottfried August Bürger zum Inhalt, die Rautenberg vorstellte.
Susanne Spatz, Fachlehrerin an der Hauptschule in Ostheim und Prädikantin in der evangelischen Kirchengemeinde in Mellrichstadt, hat sich Theodor Fontanes „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ ausgesucht. Fontane erzählt die Geschichte des über seinen Tod hinaus freigiebigen Herrn von Ribbeck, der die Birnen seines Baumes im Garten an vorrübergehende Kinder verschenkt, während sein Sohn sehr geizig ist.
Mit „Das Kind mit dem Gravensteiner“ und Fontanes „John Maynard“ über einen aufopferungsvollen Steuermann auf einem brennenden Schiff hatte Susanne Spatz noch zwei weitere Balladen im Gepäck.
Kaum ein Schüler hat im Laufe seiner Schullaufbahn Friedrich Schillers berühmte Ballade „Die Bürgschaft“ aus dem Jahre 1798 nicht kennengelernt und viele wissen die Verse auswendig vorzutragen. Daher verwundert es auch nicht, dass Gerhard Höhn, pensionierter Oberstleutnant, diese populäre Ballade über Freundschaft und Treue ausgesucht hat. Außerdem las er von Peter Hacks „Es war einmal ein Landsknecht“.
„Die Brück' am Tay“ ist eine Ballade, die auf dem Zusammensturz einer schottischen Eisenbahnbrücke im Jahr 1879, beruht. Fred Rautenberg trug Theodor Fontanes Gedicht vor, das dramaturgisch eine dämonische Hexenwelt mit der modernen Welt der Technik und den Glauben des Menschen gegenüber der Macht der Natur verbindet. Einen dramatischen Spannungsbogen wusste der Schriftsteller Otto Ernst (1862-1925) in seiner Ballade „Nis Randers“ über ein Schiffswrack zu spannen, die nochmals Susanne Spatz vorstellte.
Den Abschluss des Lesenachmittags gestaltete wieder Rudi Glaesner, der sich zunächst mit Conrad Ferdinand Meyers „Die Füße im Feuer“ eine eher düstere Ballade um Mord und Folter ausgesucht hatte. Mit „Ritter Brunz von Brunzelschütz“ wechselte Glaesner dann ins komische Lager. Die Besucher amüsierten sich prächtig bei der Beschreibung der ungewöhnlichen Fähigkeiten und außerordentlichen Kampftechniken des schwäbischen Ritters Brunz von Brunzelschütz, der mit seinen „kräftigen, weniger wohlriechenden Winden“ jeden Feind in die Flucht zu schlagen wusste.
Nach reichlich Applaus gab es von Fred Rautenberg mit Joachim Ringelnatz' „Ein Nagel saß in einem Stück Holz“ und Heinrich Heines „Der tugendhafte Hund“ noch zwei unterhaltsame Zugaben.
Die Reihe „Mellrichstadt liest“ wird am Sonntag, 11. April, im Café Art fortgesetzt. Die Veranstaltung widmet sich dem Thema „Außenseiter“.