Manchmal hat Bio-Landwirt Eberhard Räder eine Identitätskrise. Beispielsweise, wenn ein konventionell arbeitender Berufskollege zu ihm sagt: "Nein, ich bin nicht bio, ich bin normal." Dass Bio-Lebensmittel als "normal" empfunden werden, ist Räder ein großes Anliegen. Ein Schritt, dies zu erreichen, ist die Öko-Modellregion.
Das sind die Ziele bis 2023 im Landkreis
Davon gibt es 27 in Bayern, Rhön-Grabfeld gehört dazu. Ihr Ziel: Bis 2023 soll ein Flächenanteil von 20 Prozent Ökolandbau an der landwirtschaftlichen Nutzfläche erreicht werden. In Öko-Modellregionen, die zur Optimierung des Volksbegehrens zur Artenvielfalt dienen, werden zukunftsfähige Projekte zur Entwicklung des ökologischen Landbaus umgesetzt, regionale Wertschöpfungsketten etabliert und das Bewusstsein der Bevölkerung für bio-regionale Ernährung gestärkt. Erzeuger, Verarbeiter, Vermarkter und Konsumenten sollen damit regional vernetzt werden.
Rhön-Grabfeld ist in vielen Bereichen gut dabei. Corinna Ullrich, Projektmanagerin der Öko-Modellregion im Landratsamt, hat die aktuellen Zahlen: Die Zahl der Öko-Betriebe ist um 20 auf 165 gestiegen. Ihr Anteil an der Gesamtlandwirtschaft liegt bei 13,5 Prozent. Damit wird auf knapp 18 Prozent der Ackerflächen Öko-Landbau betrieben.
Probleme beim Vertrieb
Woran es noch hapert, ist der regionale Vertrieb. Da ist Eberhard Räder durchaus selbstkritisch. Es könne nicht sein, dass Menschen beim Lebensmitteleinkauf von Biohof zu Biohof touren. Bio-Produzenten müssten ihre Produkte verstärkt auf Märkten und in Geschäften, beispielsweise in Dorfläden, anbieten. Dazu will er mit Kollegen Konzepte erarbeiten.
Der Staat hat eine Vorbildfunktion beim Absatz von Biolebensmitteln in Bayern, betont Richard Mergner, Landesvorsitzender des Bund Naturschutz (BN), bei einem Pressegespräch auf dem Biohof von Eberhard Räder. "30 Prozent Bio-Anteil muss als Vorgabe in der staatlichen bayerischen Außer-Haus-Verpflegung in Kantinen und bei Veranstaltungen festgeschrieben werden. Auch der Anteil von Bio-Lebensmitteln aus Bayern in staatlichen Kantinen, kommunal geführten Krankenhäusern, Schulen und Kindertagesstätten muss drastisch erhöht werden", fordert er. Sein Verband geht gerade jetzt mit diesen Forderungen an die Öffentlichkeit, weil er diese Thematik bei der Kommunalwahl berücksichtigt wissen will. "Bei der Kommunalwahl geht es auch um Klimaschutz", sagt Mergner.
Keine klare Biobotschaft
"Die Zuwachsrate bei der Umstellungsbereitschaft der Landwirte ist derzeit größer als der stetig wachsende Absatz an Bio-Lebensmitteln. Es reicht nicht aus, als Zielmarke 50 Prozent Regio oder Bio für die staatliche Verpflegung festzulegen, das ist keine klare Biobotschaft", ergänzt Marion Ruppaner, BN-Landwirtschaftsreferentin. Ganz von der Hand zu weisen ist dieses Argument nicht. Schließlich gab es auch im Kreistag Rhön-Grabfeld Bestrebungen, den Beschluss zur Bio-Verpflegung in den Schulen zu verwässern.
Nicht nur der Ökolandbau als wichtiger Baustein für die Agrarwende ist ein Anliegen des BN, sondern auch die Artenvielfalt. "Bioanbau trägt zu seine extensive Produktionsweise zur Erhaltung der Artenvielfalt bei. Um die Artenvielfalt im Landkreis zu erhalten, sind alle Bäuerinnen und Bauern aufgefordert, Agrarumweltmaßnahmen umzusetzen", so Susanne Richter und Helmut Bär, Kreisvorsitzende der BN-Kreisgruppe Rhön-Grabfeld.
Wichtig war allen Teilnehmern an dem Pressegespräch, dass alle Bestrebungen zum Klimaschutz und zur Artenvielfalt auch die konventionelle Landwirtschaft mitträgt. Im Bereich Blühflächen beispielsweise habe man mit dem örtlichen Bauernverband vielversprechende Projekte ins Leben gerufen. "Wir sitzen alle in einem Boot", bekräftigt Räder.