„Wir haben noch nicht groß gefeiert“, sprach ein glücklicher Jürgen Müller am Sonntagnachmittag von unterwegs ins rauschende Mobiltelefon. „Wir fahren gerade nach Berlin. Aber dort gibt es dann eine Sause“, so der SC-Vorsitzende. Berlin deshalb, weil die russischen und tschechischen Mitglieder der Mannschaft von der Bundeshauptstadt in ihre jeweilige Heimat zurückfliegen. „Ich habe noch gar nicht richtig realisiert, was da passiert ist“, sagte Müller.
Kurz zuvor hatten die Frauen des SC 1957 im ostthüringischen Zeulenroda den größten Erfolg der Vereinsgeschichte perfekt gemacht. Gegen die Gastgeber, eigentlich der Angstgegner des SC in der zweiten Bundesliga Süd, hieß es am Ende 5:1, nur Julia Gromova und Yana Melnikova hatten remis gespielt.
Am Samstag, beim ungefährdeten 4,5:1,5 gegen Medizin Erfurt war die Entscheidung um die Meisterschaft noch vertagt worden, weil es dazu eines höheren Sieges bedurft hätte. Das Minimalziel hatte Bad Königshofen aber immerhin erreicht, denn die Ausgangslage vor der Sonntags-Partie gegen Zeulenroda war jetzt glänzend: Eine 2,5:3,5-Niederlage hätte zum Titel ausgereicht.
Petra Blazkova war durch ihre Niederlage am Tag zuvor besonders motiviert und brachte den SC 1957 gegen den TSV Zeulenroda nach zweieinhalb Stunden mit 1:0 in Führung. Dann fiel bei der im selben Saal der Grundschule parallel stattfindenden Begegnung SF Tegernheim gegen Medizin Erfurt eine Vorentscheidung zugunsten des Grabfelder Vereins. Tegernheim hatte gegen die Thüringer Landeshauptstädter zwei Remis erkämpft, sodass dem SC 1957 von da an nur noch ein halbes Pünktchen zum Meistertitel fehlte. Und das besorgte Irina Zakurdjaeva. Nach ihrer sehenswerten Opfer-Kombination hieß es 2:0.
Darja Mikliaeva erhöhte schließlich auf 3:0. Nebenbei bedeutete dies den siebten Erfolg der Russin in den sieben Saisonpartien. Julia Gromova teilte den Punkt mir ihrer Gegnerin. Die Partie des Tages lieferte Großmeisterin Evgenja Ovod mit einem schönen Spiel zum 4,5:0,5. Yana Melnikova schließlich steuerte einen weiteren halben Punkt zum 5:1-Endstand bei.
Trotz aller Freude ob des großen Erfolgs bleibt der Vereinschef Realist. „Ich brauche jetzt Sponsoren. Ich brauche Geld. Sonst geht die erste Liga nicht“, sagte Müller. Bis zum 1. Juli muss der Verein entscheiden, ob er in der neuen Saison ab Oktober tatsächlich in der ersten Bundesliga antritt. Gegner dort wären etwa Werder Bremen, Hamburger SK oder aber Turm Trier.