Als Friederike Berger und ihr Mann 1990 das Doppelhaus Posthof 6 und 8 kauften, ahnten sie nicht, welch ein Schatz ihnen in die Hände gefallen war. Vor vier Jahren entdeckten die Bergers im Obergeschoss Malereien jüdischen Ursprungs. Und fast gleichzeitig im Keller eine Mikwe, ein rituelles Tauchbad. Diese inzwischen wiederhergestellten Schätze zeigten sie mehr als 100 Besuchern beim Tag des offenen Denkmals.
Vier Jahre zurück: Das Ehepaar riss gerade die marode Decke über einem früheren Wohnzimmer heraus, als Friederike Berger ein Brett auffiel. Es war bemalt, wenn auch nicht besonders gut erkennbar.
Als Bauzeichnerin, die oft mit historischen Bauten zu tun hat, wusste die aus dem Ruhrpott stammende Berger: Das könnte etwas sehr altes, denkmalhaftes sein.
Also rief sie Restaurator Georg Hille aus Oberelsbach an. Sie kannte ihn von der Arbeit. Der fand das Brett „ungewöhnlich“.
Derart sensibilisiert, sah Berger in einem benachbarten Raum ebenfalls Malereien durchschimmern, legte sie frei. Und rief wieder Hille an.
Das Landesamt für Denkmalpflege in Bamberg wurde eingeschaltet. Inzwischen war Friederike Berger „vollkommen klar, dass das Haus unter Denkmalschutz gestellt wird“. 2011 geschah das auch.
Dass das passieren würde, war 21 Jahre zuvor nicht absehbar. Die Bergers kauften das Doppelhaus günstig. Trotz der inzwischen offenen Grenze versprühte Oberwaldbehrungen den rauen Charme des Zonenrandgebietes. Und Posthof 6 und 8 hatten eine Zeit lang leer gestanden, waren ziemlich heruntergekommen.
Sicher wussten einige Oberwälder über die jüdische Geschichte des Anwesens. Erzählt hatte den Bergers niemand etwas davon. Das Paar sanierte es Stück für Stück – bis es nach dem Abriss der Scheune im Hinterhof und der Aufmauerung eines Giebels das bemalte Brett entdeckte.
Mit den Spuren jüdischen Lebens im Haus lebt und denkt es sich etwas anders als zuvor. Berger stellte Nachforschungen an. Sie fand heraus, dass die Ornamente in den Haus aus der Mitte des 17. Jahrhunderts eine „Erstbemalung, direkt auf noch feuchtem Kalkputz“, sind.
Die Oberwälderin schrieb an die Jüdischen Museen in Berlin, München und Nürnberg. Experten von letzterem wollen sich die Malereien anschauen. Eigentlich müsste Friederike Berger auch im Würzburger Staatsarchiv forschen, sagt sie. Dazu kam sie bisher nicht.
Beim Denkmaltag hoffte Berger auf die ein oder andere Geschichte von Besuchern zu ihrem Anwesen und dem früheren jüdischen Viertel in Oberwaldbehrungen. Immerhin waren um 1820 ein Drittel im mehrheitlich evangelischen Ort Juden.
Doch das war nicht der Hauptgrund, ihr Haus am Sonntag zu öffnen: „Ich wollte einfach zeigen, dass man sehr wohl in solchen Gebäuden wohnen kann. Es ist einfach anders, nicht der Luxus wie im Neubaugebiet.“ Berger will auf die „schönen, ortsbildprägenden Häuser“ aufmerksam machen, die vielerorts teilweise abgerissen.
Dass der Denkmalschutz sie in ihrem Anwesen baulich einschränkt, stört die Bauzeichnerin nicht. Im Gegenteil: Sie hat darauf hingewirkt, diesen Status zu bekommen.
Friederike Berger weiß noch einige Stellen im Komplex, die es zu erkunden gilt. Das Vorderhaus, wo bisher keine Malereien auftauchten. Oder den niedrigen Keller. Beim Ausschachten entdeckte ihr Mann dort neben den Steinquadern der Mikwe Scherben, eine Brosche, einen kleinen Hammer. Alter unbekannt. Vielleicht finden sich unter einer Erdschicht, entstanden durch Rückstände von Gemüsehaufen, weitere jüdische Spuren.