Bunte Fahnen statt Sprossenwände und Männer und Frauen in Abendgarderobe statt in Sporttrikots: Am vergangenen Samstagabend war die Sporthalle in Nordheim vor der Rhön Veranstaltungsort des Rhöner Chorfestivals. Anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten zu 100 Jahren Vereinsgeschichte war es bereits die fünfte Großveranstaltung des Gesangs- und Musikvereins Nordheim. Zu dem musikalischen Festabend kamen insgesamt sechs Chöre aus dem Dreiländereck Thüringen, Hessen und Bayern.
Den musikalischen Auftakt ließ sich der Gastgeber, der gemischte Chor aus Nordheim, unter der Regie von Chorleiter und Dirigent Hans Aschenbach nicht nehmen. Als der Chor die Bühne betrat, erfüllte erwartungsvolle Stille den Saal, die kurz darauf von den gewaltigen Stimmen der Sänger und Sängerinnen verdrängt wurde. Auf ein flottes Volkslied aus dem 16. Jahrhundert folgte der weltberühmte Klassiker „My Heart will go on“ von James Horner. Allerdings überraschten die Nordheimer statt mit der schmalzigen Celine-Dion-Coverversion mit einer zarten, mehrstimmigen Vokalinterpretation des Liedes, von der sich auch der Nordheimer Bürgermeister Thomas Fischer begeistert zeigte.
„An diesem Abend werden nicht nur 100 Jahre Gesang- und Musikverein gefeiert, sondern gleichzeitig auch 100 Jahre erfolgreiche Kulturarbeit der Gemeinde“, erklärte Fischer in seiner Begrüßungsrede. Er freue sich deshalb auf einen „unvergesslichen Abend“. Im Anschluss gehörte die Bühne dem Männerchor MGV Liederkranz 1897 Hilders/Rhön. Unter ihrem Leiter Robert Assel offenbarten die Sänger mit dem leisen Volkslied „Der entführte Hirte“ zunächst, dass auch Männer eine zarte, sanfte und liebliche Seite in sich tragen. Im Kontrast dazu priesen sie mit dem frechen Stück „Nimm dir keine Frau“ die Freiheit der ungebundenen Männer und zauberten so manchem Zuhörer ein Schmunzeln ins Gesicht.
Das gelang auch dem Männerchor MGV Liederkranz 1948 Findlos-Batten. Ein Dutzend gut gepflegter Männer in Anzug und Krawatte stand auf der Bühne und sang im Kontrast zum eigenen Erscheinungsbild von einer Bande wilder, verwahrloster Räuber. Anschließend beeindruckte der Kammerchor Canticum Novum aus Dermbach das Publikum. Sie gaben das Lied „An hellen Tagen“ von Giovanni Gastoldi zum Besten und erzeugten mit einem gefühlvollen „Ubi caritas“ und einem spritzigen „Sanctus“ Gänsehautstimmung im Saal.
Nach einer kurzen Pause führte der Gospelchor „Good News“ aus Nordheim, der das jüngste Gesangsensemble an diesem Abend bildete, weiter durch den Abend. Mit gospeltypischen Elementen wie Klatschen und Fingerschnipsen animierten sie ihr Publikum bei den Klassikern „Go down Moses“ und „Amazing Grace“ zum Mitmachen.
„Diese Männer
singen allein,
um Frauen glücklich
zu machen“
Hans Aschenbach Dirigent
Ein eindrucksvolles Klangerlebnis bot dann der Männerchor Collegium Vocale Rhön, dessen Mitglieder sich an diesem Abend an ihren ersten großen Auftritt vor genau einem Jahr in Südtirol zurückerinnerten. Mehrstimmig, stimmgewaltig und leichtfüßig zwischen Crescendo und Decrescendo wechselnd, brachten sie die Zuhörer zum Jubeln.
Ein wahres Stimmfeuerwerk gab es auch zu hören, als alle gemischten Chöre gemeinsam auf die Bühne traten. Staunte man anfangs, wie so viele Stimmen so anrührend zart und weich zusammenspielen können, brachte das Ensemble kurz darauf mit donnernder Lautstärke den Saal zum Beben.
„Diese Männer singen allein, um Frauen glücklich zu machen“, so kündigte Dirigent Hans Aschenbach den folgenden Auftritt aller Männerchöre an. Und tatsächlich verzückte das mehrstimmig gesungene „Chiantilied“ vor allem die weiblichen Zuhörer in der Rhön.
Als anschließend der gemischte Chor aus Nordheim und der Kammerchor Canticum Novum aus Dermbach einfühlsam „Lonesome Road“ von James Tylor sangen und der Solist Holger Pfaff mit souliger Stimme eine Melodie von U2 durch den Saal schweben ließ, schienen hingegen alle Besucher die Luft anzuhalten.
Zum Abschluss des Festivals traten der Gospel Chor Nordheim und der Chor Canticum Novum noch einmal gemeinsam auf die Bühne und brachten die Zuhörer mit viel Elan ein letztes Mal zum Mitklatschen. So haben dank der gemeinsamen Liebe zur Musik die sechs Chöre aus den drei Bundesländern ihren Zuhörern in Nordheim einen Abend geboten, den wohl so manch einer noch längere Zeit im Gedächtnis – und natürlich im Ohr – behalten wird.