D- as Internet ist eine tolle Erfindung. In Bruchteilen von Sekunden rast eine Meldung von einem Ende der Welt ans andere, können von Mellrichstadt aus Datenbanken in New York oder Sydney angezapft werden. Einfach toll.
Im Internet gibt es mittlerweile alles: Kaufhäuser, Zeitungen, Sex & Crime und natürlich viele, viele Informationen aus aller Herren Länder. Auch Peinliches. Beispielsweise aus deutschen Amtsstuben.
So flatterte neulich ein elektronischer Brief eines Freundes auf meine Festplatte, der lauter öffentliche Bekanntmachungen aus Zeiten enthielt, in denen eine mechanische Schreibmaschine noch als fortschrittlich galt. Kopien von Schriftstücken, die einmal von Beamtenhänden geschrieben und mit einem Stempel versehen wurden.
So verfasste beispielsweise ein beflissener, orthografisch aber eher wenig gebildeter Beamter am 26. Mai 1928 folgendes Leumundszeugnis: "Der Heinrich Linse ist seiner Bildung entsprechend ein dummer Mensch. Müterlicherseits ist ihm nichts nachzusagen, väterlicherseits aber sauft er. Leumund hat er fast gar keinen mehr. Er macht zunächst einen ungünstigen Eindruck, verliert aber bei näherer Bekanntschaft." Aha, alles klar?!
Das Bürgermeisteramt Langenbrücken gibt am 7. Oktober 1923 folgende behördliche Beglaubigung: "Das Bürgermeisteramt bestätigt hierdurch, daß die Bäuerin Mathilde Moch von Ratten befallen ist. Da dieselbe einen anständigen Lebenswandel führt, kann man ihr Gift geben." Also so etwas!
Der Ratschreiber aus Merfeld hat da schon Erfreulicheres mitzuteilen: "Sehr geehrter Herr Monsch! Auf Ihren Brief hin teilen wir Ihnen mit, daß unsere Rathausuhr r e g e l m ä ß i g geht. Es fehlen nur die Zeiger! Mit vorzüglicher Hochachtung!"
Und auch in Holmen ist der Ratschreiber Bindeglied zwischen Gemeinde und Bürgern: "Sehr geehrte Frau Weinerl! Wir teilen Ihnen mit, daß die Grabstätte neben Ihrem im Jahre 1911 verstorbenen Ehemann anderweitig besetzt wird. Wir bitten Sie höflichst, Ihren Gatten hiervon in Kenntnis zu setzen. Mit vorzüglicher Hochachtung!"
Auch die Gerichtsvollzieher sind Meister des geschriebenen Wortes, wie ein Schriftstück vom 14. September 1965 beweist: "Gegen den Kostenschuldner August Schultze konnte ich nicht vorgehen, weil er sich bereits in einer anderen Kostensache erhängt hatte. Nachdem ich diese Feststellung gemacht hatte, verließ ich den Ort des Schreckens und ging haarsträubend nach Hause."
Privatsphäre ade! Das Standesamt der Stadt Bruchsal geht wirklich einen Schritt zu weit. Um den Schlaf der Beamten nicht zu gefährden erließ man dort folgende Verordnung: "Für Geburten sind die Werktage Dienstag und Donnerstag, morgens von 9 bis 12 Uhr, festgesetzt."
Und hätten wir das Internet nicht, dann würden solche Köstlichkeiten deutscher Beamtenkultur ungeachtet in irgendwelchen Schubladen versauern.