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BAD NEUSTADT: Das Antlitz Christi in der Rinde einer Buche

BAD NEUSTADT

Das Antlitz Christi in der Rinde einer Buche

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    Galt als Wunderbaum von Bad Neustadt: die Buche mit dem Konterfei von Jesus Christus.
    Galt als Wunderbaum von Bad Neustadt: die Buche mit dem Konterfei von Jesus Christus. Foto: Foto: Andreas Sietz

    Es macht richtig Spaß, in den alten Fotoalben meiner Großmutter Emmy Sietz, die 1998 gestorben ist, zu stöbern und so manches Bild aus der guten alten Zeit einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Nicht immer war die gute alte Zeit aber wirklich gut und schön. Vor allem in den Kriegsjahren gab es schwierige Momente für Menschen, die einfach nur ihr Christ-sein leben wollten.

    Teilnehmer an Prozessionen wurden von den Parteileuten der NSDAP demonstrativ fotografiert, um diese einzuschüchtern. Das heute wieder übliche und brauchtumsgetreue Schmücken der Häuser mit Kränzen und Gebinden in christlichen Farben war an kirchlichen Festen schlichtweg verboten. Laut dem Stadtarchiv fiel so manches Wegkreuz, wie in Bischofsheim und Brendlorenzen, der SA zum Opfer. Christ sein war schwierig und nach den Kirchenbüchern der Stadt Bad Neustadt gab es zu dieser Zeit mehr Kirchenaustritte denn je. Unter ihnen befanden sich 1937 und im Folgejahr auch die örtliche Parteiprominenz.

    Und genau in dieser Zeit brauchte man in Bad Neustadt ein kleines Wunder. Auf der Anlage des Siemens-Zweigwerkes in Bad Neustadt fand man eine Buche, deren Stamm unverkennbar den dornengekrönten Jesus zeigte. Kurzerhand wurde die Buche mit reichlich Manneskraft und Hilfe einer Baufirma ausgegraben und direkt vor den Toren des Siemenswerkes wieder eingepflanzt. Ein etwas schelmisches Unterfangen, denn wenige Tage danach stand ein großer Aufzug der Partei zur Werksübergabe, am 27. Juni 1938, auf dem Plan.

    Die Gläubigen, die in dem Wunderbaum von Bad Neustadt ein Zeichen der Gottesferne dieser Zeit sahen, pilgerten von nah und fern zum Werktor von Siemens, gegenüber dem Bahnhof. Und es wurden immer mehr Leute, einfach Neugierige und Gläubige, die ein Bittgebet für eine bessere Zeit gen Himmel schickten. Die Parteileitung wagte nicht, etwas dagegen zu tun, doch bei einer Nacht- und Nebelaktion wurde das im Baum sichtbare Antlitz Christi mit einem Messer zerstört.

    Emmy Sietz aus der Gartenstadt arbeitete ab Ende der 40er-Jahre, als der Krieg bereits vorbei war, über viele Jahre als Wicklerin im Siemenswerk und sah immer wieder gläubige Menschen, die zur Buche pilgerten, und so lebte das kleine „Neuschter Wunder“ zumindest noch einige Jahre weiter.

    Ob so manches Bittgebet von dort aus half, steht aber bis heute in den Sternen. Irgendwann in den Jahren nach dem Krieg, wann genau lässt sich heute nicht mehr genau in Erfahrung bringen, wurde der Baum gefällt.

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