Das Handy ist für viele aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Das gilt auch für den Alltag von Schülerinnen und Schülern. Laut einer Studie des medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest aus dem vergangenen Jahr besitzen etwa 96 Prozent aller 12- bis 19-jährigen Jugendlichen in Deutschland ein Smartphone. Doch der ständige Begleiter in der Hosentasche oder im Schulranzen kann auch zu Problemen führen, wie Achim Libischer, Rektor der Udo-Lindenberg-Mittelschule in Mellrichstadt, nur allzu gut weiß.
Unerlaubte Fotos, Cybermobbing, Ablenkung vom Unterricht und das ständige Onlinesein können schnell zum Problem sowohl für Schülerinnen und Schüler als auch für Lehrkräfte werden. Um dies zu verhindern, hat sich der Schulleiter zusammen mit seinem Kollegium Regeln überlegt, die die Handynutzung auf dem Schulgelände einschränken. Doch wie genau sieht dieses Konzept aus und was hat sich seitdem verändert? In einem Interview gibt er gegenüber dieser Redaktion Auskunft.
Frage: Wie ist die Handynutzung an Ihrer Schule geregelt?
Achim Libischer: Die aktuelle Regelung sieht vor, dass die Schüler ihre Handys vor Unterrichtsbeginn beim Klassenleiter oder im Klassenzimmer abgeben. In den Klassenzimmern ist eine Vorrichtung dafür. Nach Unterrichtsende können sie die Geräte dann wieder abholen. Wie bei allen Regelungen gibt es auch hier Ausnahmen: Schüler, die der Sprache nicht so mächtig sind und das Handy zum Dolmetschen brauchen, dürfen es vereinzelt dafür verwenden. Oder in speziellen Phasen, in denen der Lehrer das Handy bewusst einsetzt, zum Beispiel für Recherchearbeit, wird es kurzfristig wieder ausgeteilt.
Seit wann gilt das Handyverbot während der Unterrichtszeiten?

Libischer: Ich kann es nicht genau datieren. Ungefähr seit letztem Jahr Weihnachten. In dieser Zeit störte uns, dass wir eigentlich immer um dieselben Themen kreisten. Zuvor nahmen wir den Schülern die Handys ab, wenn sie diese unerlaubterweise im Unterricht genutzt hatten. In Absprache mit den Eltern war es in Einzelfällen möglich, das Handy einen Tag hier aufzubewahren und es erst am nächsten Tag wieder zurückzugeben. Aber das war rechtlich gesehen nicht haltbar. Wenn ein Schüler auf die Rückgabe bestanden hat, mussten wir es herausgeben. Insofern war es ein großes Katz-und-Maus-Spiel. Man hat am Vormittag einige Handys eingesammelt und diese um 13 Uhr wieder ausgegeben.
Warum hat sich Ihre Schule für diese Regelung entschieden?
Libischer: Ich möchte zunächst einmal betonen, dass die Schule bezüglich der digitalen Ausstattung sehr gut versorgt ist. Wir verfügen über zwei Computerräume, drei Tablet-Koffer und mittlerweile drei Jahrgangsstufen, in denen jeder Schüler im Rahmen des Pilotprojektes "Digitale Schule" ein Tablet besitzt. Das Handy als notwendigen Zugang zum Internet oder als unabdingbares Recherchemittel darzustellen, ist also verfehlt. Im Laufe der Zeit wurde klar, dass wir das nicht einfach laufen lassen können. Wir mussten uns irgendwelche Restriktionen überlegen. Häufig war es so, dass die Schüler das Handy während der Pause unangemessen nutzten. Auch während des Unterrichts gab es häufig Probleme. Lehrer oder Mitschüler wurden fotografiert und die Bilder mitunter hochgeladen. Dies führte natürlich zu Konflikten.
Wie haben die Schülerinnen und Schüler reagiert?
Libischer: Überraschenderweise waren alle vergleichsweise einsichtig. Wie bei vielen Veränderungen gab es am Anfang vereinzelt Diskussionen. Doch die Schüler wussten selbst, dass das, was sie so getrieben haben, und wie das abgelaufen ist, nicht haltbar war. Insofern beschwert sich jetzt keiner mehr. Es hat sich ritualisiert. Die Schüler kommen früh und geben ihr Handy ab und gut ist.
Wie ist es in den Pausen? Dürfen die Schülerinnen und Schüler dann ihre Handys nutzen?
Libischer: In der großen Mittagspause, also mittags um 13 Uhr, wenn der Vormittagsunterricht endet, bekommen sie es zurück. In den beiden normalen Pausen um halb zehn und um Viertel zwölf nicht. Wenn wir jedes Mal vorher die Handys austeilen und danach wieder einsammeln würden, fräße das zu viel Zeit und das wollten wir nicht. Vielleicht ist es auch für manche mal ganz erholsam, wenn sie vier Stunden offline sind und nicht ständig irgendwelche Nachrichten beantworten müssen.
Hat sich seit dem Handyverbot irgendetwas verändert? Wenn ja, was?
Libischer: Es war früher an der Tagesordnung, dass, ich möchte mal nicht übertreiben, ich schätze mal drei bis fünf Handys im Laufe des Vormittags eingesammelt wurden. Es waren wahrscheinlich nochmal so viele Fälle, in denen ein Lehrer nur eine Verwarnung ausgesprochen hat. Oder wo es keiner mitbekommen hat. Seit der Regeleinführung gibt es das nicht mehr. Insofern hat die Regel deutlich Wirkung gezeigt.
Trotzdem ist das Handy aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Für wie wichtig halten Sie es, dass Schülerinnen und Schüler im Umgang mit Medien geschult werden?
Libischer: Ich denke, dass alles sinnvoll ist, was, sagen wir mal, die Alltagskompetenzen der Schüler erhöht. Wenn ich weiß, dass jeder meiner Schüler hier ein Handy hat, ist es etwas ganz Grundlegendes und Wichtiges, ihnen da auch einen verantwortungsvollen Umgang damit beizubringen. Innerhalb des Lehrplans gibt es deshalb verschiedene passende Inhalte. Zum Beispiel einen Medienführerschein. Pro Jahrgangsstufe müssen verschiedene Bausteine durchlaufen werden und dazu zählt unter anderem die Handynutzung. Zusätzlich arbeiten wir mit der Polizei zusammen und bieten Präventionsveranstaltungen an. Zum Beispiel zum Thema Cybermobbing, denn das ist wirklich was, wo man ansetzen muss. Die Kinder gehen sehr leichtfertig mit Apps, Spielen, Filmen und Foren um, für die sie eigentlich die Altersreife noch gar nicht besitzen. Das beste Beispiel ist WhatsApp. Diese Kommunikationsplattform ist ab 16 freigegeben, doch Kinder unter 16 Jahren nutzen sie mit absoluter Selbstverständlichkeit. Die Altersbeschränkungen haben schon ihren Sinn. Viele Schüler nutzen die App in einer Art und Weise, die viele Konflikte hervorruft. Die Hemmschwelle für Beschimpfungen und Beleidigungen dort ist stark heruntergeschraubt. Dadurch entstehen innerhalb der Schülerschaft viele Auseinandersetzungen, die es ohne Handy gar nicht gab.