Auf steigt der Duft von warmem Holz, vielleicht von Vanille und ganz gewiss von Rosinennoten. Das Loch im Fass gibt nichts Sichtbares preis. Das Auge sieht schwarz, nur der Nase öffnet sich ein buntes Bukett von Düften und fruchtigen Andeutungen.
Markus Korb nimmt einen tiefen Atemzug aus dem alten Sherryfass, in dem sein erster Whiskey reift. „Das sind meine Babys“, deutet er lächelnd auf die Handvoll Fässer, die hier im Keller der Familie den Brennerstolz zur Reife bringen.
„Das Aroma ist röstig und leicht rauchig“, formuliert Korb, den bald vier Jahre alten Whiskey im Mund hin und her schwenkend, damit die Geschmacksknospen reichlich Reize empfangen. Um Worte ist er nicht verlegen. Schließlich ist der 27-Jährige frischgebackener Edelbrand-Sommelier, einer von jetzt zweien im Landkreis Rhön-Grabfeld.
In Unterweißenbrunn (Lkr. Rhön-Grabfeld) nahe Bischofsheim liegt gefühlt auf jedem zweiten Haus ein Brennrecht, Dutzende sind es gewiss. Auch die Familie Korb hat ein solches. Gebrannt wird eigentlich seit Generationen. „Mit dem Brennen bin ich ja aufgewachsen, ich habe meinem Vater Josef immer geholfen in der oft schwülheißen Brennerei, jeder hat mit angepackt, in den Obstgärten haben wir immer nach der Reife der Früchte geschaut, um den richtigen Tag für die Ernte zu erwischen“, erzählt Korb.
Seinen Sinn für ein gutes, natürliches Produkt aus der Region mag dies geschärft haben. Seinen beruflichen Weg hat es aber nicht direkt beeinflusst. Markus Korb ist gerade fertig geworden mit seinem Food-Science-and-Engineering-Studium an der Universität Hohenheim bei Stuttgart. „Es sollte etwas mit Biologie sein“, sagt der Rhöner. Markus Korb ist Lebensmitteltechnologe, ein Beruf, der in der Nahrungsmittelindustrie gefragt ist.
Unterdessen widmet er sich seinem Projekt, die Brenn-Tradition der Familie auf eine neue Stufe zu heben. Viel Alkohol wurde im Hause Korb früher für das Alkoholmonopol des Staates gebrannt. „Mein Vater hat in den vergangenen Jahren aber eine große Leidenschaft für besondere Brände auch mit ungewöhnlichen Obstsorten entwickelt. Das will ich fortsetzen und weiter entwickeln“, sagt Markus Korb.
2012 hat er das Brennrecht seines Cousins übernommen. Das war auch der Zeitpunkt, in dem die Familie in eine neue Destille investierte. Seitdem dringt er immer tiefer in die Materie des Geistreichen ein.
2013 hat er seinen ersten Single Malt destilliert, der noch mindestens bis in den Herbst im Fasskeller reicht. Ein Jahr später absolvierte Korb beim Paxbier-Brauer Andreas Seufert in Oberelsbach ein Praktikum. „Er ist experimentierfreudig, und das bin ich auch“, sagt Korb. Hierauf entstand die Idee einen Bierbrand in Kooperation mit Andreas Seufert zu kreieren, der nun seit bereits über zwei Jahren im Holzfass lagert.
Im Januar, nicht weit von den letzten Uni-Prüfungen entfernt, hat Markus Korb dann seiner Brennerleidenschaft ein noch festeres Fundament gegeben und in Weihenstephan eine 14-tägige Ausbildung zum Edelbrandsommelier absolviert. „Teilweise haben wir 40 Proben am Tag verkostet“, sagt Korb. Ein leichtes Schmunzeln folgt mit kleiner zeitlicher Verzögerung.
Denn natürlich wurden die Brände nicht getrunken, sondern wie bei einer Weinverkostung wieder ausgespuckt. „Man muss das immer wieder probieren, bis sich die Nuancen im sensorischen Gedächtnis speichern“, erklärt Korb. So, wie man lesen lernt, lernt der Gaumen, die Aromen zu benennen, das Geschmackserlebnis praktisch in seine Einzelteile zu zerlegen und wiederum Beschreibungen zu finden, die den Eindruck adäquat wiedergeben. „Junge Leute haben zwar die bessere Nase, aber die Alten haben die größere Erfahrung“, so Korb.
Vor der Brennblase nimmt er tiefe Luftzüge über einem Glas mit Vogelbeerbrand. „Ich bemerke intensive Wildfrucht, erdige Noten, wie wenn man eine Karotte frisch aus dem Gartenboden zieht“, spricht Korb. „Im Hintergrund leichte Mandelnoten und eine Erinnerung an leicht blanchiertes Gemüse“: Der Jung-Brenner findet Beschreibungen, die einem Gelegenheitsgenießer nicht in den Sinn kommen würden.
Zur Ausbildung gehörte auch das Wissen um geistige Getränke als Essensbegleiter oder Kenntnisse im Marketing von Edelbrand-Produkten. „Die meisten Sommeliers sind auch selbst Schnapsproduzenten“, sagt Korb. Nun ist der studierte Food-Ingenieur einer von zwei Edelbrand-Sommeliers im Landkreis Rhön-Grabfeld. „Ich darf jetzt an der Bayerischen Edelbrand-Prämierung teilnehmen. Wenn es zeitlich passt, möchte ich das auch“, sagt der Unterweißenbrunner.
Solange kümmert er sich gemeinsam mit dem Vater um all die Destillate vom Vogelbeerschnaps über Schlehengeist und Quitten-Apfelbrand bis zum ganz besonderen Stöffchen aus der Maulbeere, die am eigenen Haus wächst. In den Obstgärten der Korbs gedeihen rund 1000 Bäume.
„Einen besonderen Traum hätte ich schon. Ich würde gerne eine Variation eines Gin kreieren aus regionalen Rhöner Zutaten“, blickt der junge Destillateur in die Zukunft. So ist das, wenn man eine brennende Leidenschaft in sich trägt.