Es ist ein Modellprojekt, das die Lebenshilfe Rhön-Grabfeld genau an der Stelle realisieren konnte, an der einst das Kreiskrankenhaus die Stadt überragte. Mit dem neuen Seniorenwohnheim geht die Lebenshilfe einen Schritt nach vorn in der Betreuung von älteren Menschen mit Behinderung. Am Sonntag wurde bei einem Festakt und einem Tag der offenen Tür das Seniorenwohnheim offiziell seiner Bestimmung übergeben. Für das architektonisch gelungene eingeschossige Bauwerk gab es nur lobende Worte.
Nach der Grundsteinlegung vor zwei Jahren hatte Landrat Thomas Habermann die vier Maurerkellen mitgenommen, mit denen der Grundstein symbolisch eingemauert wurde. Zur offiziellen Eröffnung des Seniorenwohnheims hat sie der Landkreischef nun wieder mitgebracht. Geputzt und graviert stellte Habermann die vier Kellen dem Vorsitzenden der Lebenshilfe im Landkreis, Werner Trolldenier, zur Verfügung. Und der zögerte nicht lange und vergab die handwerklichen Erinnerungsstücke an die Vorsitzende der Lebenshilfe Bayern und Landtagspräsidentin, Barbara Stamm, an Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel, an Bürgermeister Eberhard Streit sowie den Unternehmer Karl-Hermann Reich.
Seit einigen Monaten schon leben bis zu 24 Senioren in dem neuen Wohnheim, das nach den Plänen des Architektenpaares Sabine Karch-Fuchs und Michael Karch gebaut wurde. Der rund 3,3 Millionen Euro teure Bau gilt als Vorbild für künftige Projekte in Sachen Betreuung älterer Seniorinnen und Senioren mit Behinderung. Beim Festakt, der von den Blechbläsern aus Eußenhausen musikalisch umrahmt wurde, bedankte sich Trolldenier zudem bei den Künstlern Brigitte Melzer-Hohenester, Ludwig Schlund und Dieter Schiele für jeweils ein Kunstwerk, das die offenen und lichtdurchfluteten Räumlichkeiten des Seniorenwohnheims nun schmückt.
„Ich bin begeistert“, sagte Barbara Stamm nach einem ersten kurzen Rundgang vor dem Festakt. Die Vorsitzende der Lebenshilfe Bayern sprach von einem architektonischen Highlight inmitten einer wunderbaren Landschaft. In seinen Ausmaßen konnte das Seniorenwohnheim aus dem Vollen schöpfen. Der Platz, an dem bis vor einigen Jahren das Kreiskrankenhaus der Stadt stand, wurde vollständig zunächst vom Landkreis an die Stadt Mellrichstadt und von dort an die Lebenshilfe Rhön-Grabfeld übereignet. Inmitten von Bäumen und Sträuchern auf dem Hainberg konnte so ein idealer Platz für das Wohnheim gefunden werden. „In diesem Wohnheim sitzen die Senioren nicht einfach nur ihre Zeit ab“, sagte Barbara Stamm, sondern „sie haben teil am Leben mit allen Sinnen“.
Die Vorsitzende der Lebenshilfe Bayern sprach aber auch die schwierigen Finanzierungsbedingungen für Wohnheime dieser Art an. Zwar gibt es das Wiedereingliederungsprogramm für Menschen mit Behinderung, aber noch bleiben die Kosten für derlei Wohnheime bislang an den Kommunen hängen. „Das ist aber eine Aufgabe des Bundes, der Länder und der Gemeinden“, sagte Barbara Stamm. Eine Gesetzesänderung diesbezüglich hat der Freistaat bereits in den Bundestag eingebracht.
Die Förderung des Freistaates Bayern für das neue Seniorenwohnheim hob Bauoberrat Johann Lechner von der Regierung von Unterfranken hervor. Weiterer Dank ging an den Mellrichstädter Unternehmer Karl-Hermann Reich, der nach dem Ausstieg einer namhaften Hilfsorganisation aus der Finanzierung aus seinem Privatvermögen eine, wie es Bürgermeister Eberhard Streit nannte, „stattliche Summe“ locker machte. „Sonst wäre das Projekt gescheitert“, sagte Geschäftsführer Jens Fuhl, den Trolldenier als den „Motor“ des neuen Seniorenwohnheims bezeichnete. Der Geschäftsführer nannte das Wohnheim „ein Haus, in das man einziehen will, und nicht muss.“
In der Zukunft solle auch der Brückenschlag zum benachbarten Franziska-Streitel-Altenheim mit einem Begegnungsspielplatz intensiviert werden. „Unsere Gesellschaft braucht mehr solcher Einrichtungen“, sagte Eberhard Streit in Bezug auf das Seniorenwohnheim, das in ganz Bayern als vorbildhaft gilt. „Der Bedarf ist unbestritten und wird in Zukunft noch steigen“, so der Bürgermeister.
In diesem Zusammenhang betonte Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel die sich verändernden Familienstrukturen und die demographische Entwicklung der Region. „Wenn jemand allein lebt, kann er sich nicht helfen“, sagte Dotzel und sprach somit einem Extremfall der Pflege und der Betreuung an. Dotzel wie auch Barbara Stamm präferieren für die Zukunft Seniorenwohnheime wie das in Mellrichstadt.
Große Häuser mit vielen Senioren mit Behinderung sollen gar nicht entstehen. Der Trend geht zu kleinen Seniorenwohnheimen, in denen die Betreuung genauso vorbildlich stattfinden kann, wie in dem neuen Haus der Lebenshilfe auf dem Hainberg.