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MEININGEN IT): DDR-Flucht endete mit amputiertem Bein

MEININGEN IT)

DDR-Flucht endete mit amputiertem Bein

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    Am Landgericht Meiningen wurde der Prozess gegen drei ehemalige Grenzoffiziere fortgesetzt. Den 69 und 72 Jahre alten Männern aus Meiningen, Dessau und Dresden wird Totschlag, versuchter Totschlag und Beihilfe zum versuchten Totschlag vorgeworfen.

    Zwischen 1961 und 1967 wurden mehrere Menschen an der Grenze zwischen Thüringen, Bayern und Hessen durch Minen schwer verletzt, drei kamen sogar zu Tode. Die Anklage wirft den Männern vor, für die Minenverlegung in dieser Zeit in bestimmten Grenzabschnitten verantwortlich gewesen zu sein. Am zweiten Prozesstag, der wegen Erkrankung nur mit zwei der drei Angeklagten geführt wurde, wurde ein Opfer als Zeuge angehört und auch mehrere Zeugenaussagen von bereits verstorbenen Opfern verlesen.

    So wurde auch die des Horst Bruno Sch. (Jahrgang 34) vorgelesen. Sch., geboren in Ostpreußen, war im November 1947 in das Aufnahmelager nach Obermaßfeld gekommen. Er arbeitete im Bauamt des Kreises Meiningen und später im Bauhof Meiningen. 1952 trat Sch. seinen Dienst bei der Polizei an. Ein Jahr später ist Bruno Sch. wegen angeblicher politischer Unzuverlässigkeit in Unehren entlassen worden. 1956 ging er bei Eußenhausen über die Grenze. Aber Sch. kam wieder nach Meiningen, nachdem ihn die Nachricht, seine Mutter sei schwer erkrankt, erreichte. Die Nachricht war fingiert.

    Seither arbeitete Sch. als Kohlenschipper. Im Zusammenhang mit einem Streit, den er mit einer Amtsperson gehabt haben soll, sollte Sch. wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt vor das damalige Bezirksgericht gestellt werden. So entschloss er sich, zu fliehen. Sch. wollte am 18. April 1965 zusammen mit seinem Freund bei Stedtlingen von Ost nach West die Grenze überqueren. In dem Protokoll heißt es zur Flucht: "Wir hatten den zweiten Zaun erreicht, plötzlich bekam ich einen starken Schlag ins Gesicht. Ich sah Feuer vor meinen Augen. Als ich wieder zu mir kam, lag ich im Trichter der hochgegangenen Mine. Die Erde dampfte noch". Sein rechter Fuß war abgerissen. Beiden Männern gelang es, unabhängig voneinander, nach Bayern weiter zu kriechen. Der Freund war leichter verletzt worden. Sch's Oberschenkel wurde im Krankenhaus Mellrichstadt amputiert.

    Dass die Grenze gefährlich war, das hätten sie beide gewusst. Dass aber speziell an dieser Stelle Minen lagen, das sei ihnen nicht bekannt gewesen, erzählten Sch. und der Freund später der bayerischen Grenzpolizei in Fladungen. Der Freund soll am Landgericht Meiningen noch als Zeuge aussagen. Dieser letzte Grenz-Prozess findet auf Druck des Thüringer Oberlandesgerichtes Jena statt - zumindest für die Vorfälle, bei denen die Menschen von West nach Ost liefen. Denn das Landgericht wollte diese Anklagepunkte nicht eröffnen. Die Menschen hätten, so die Auffassung des Meininger Gerichtes, "in eigenverantwortlicher Selbstgefährdung" gehandelt. Doch das Thüringer Oberlandesgericht will die rechtliche Situation in jedem einzelnen Fall geprüft haben. Insbesondere die Motivation der Menschen und ob sie überhaupt in der Lage waren, die Gefahr zu erkennen. Der Prozess wird diese Woche fortgesetzt.

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