Seit zwei Jahren ist Friedhard Meyer von der Konkreten Kunst beeinflusst. „Auf die große Geste kommt es an, es geht um reizvolle Kontraste und Strukturen“, weiß der 76-Jährige. Seine Werke besitzen eine eigentümliche Sogwirkung. Wer sich einen Eindruck davon verschaffen, hat derzeit bei einer Ausstellung im Bruder-Franz-Haus auf dem Kreuzberg die Möglichkeit.
Beeindruckt vom Zeitgenossen Gerhard Richter experimentiert Meyer mit dem besonderen Farbklang, dem speziellen Kontrast: „Meine Kompositionen sind das Ergebnis farblicher Intuition, weniger das Ergebnis mathematisch-geometrischer Überlegungen, wie in der Konkreten Kunst proklamiert. Was mich immer fasziniert ist das Geheimnisvolle der Farbe und der Farbempfindung.“ So spricht der international engagierte und mit Preisen bedachte Künstler bei seinen neuesten Exponaten auch von Farbzonen.
Oft arbeitet Meyer mit großer Konzentration und Präzision nachts in seinem Atelier in seinem Wohnhaus. „Meine Bildflächen werden einzig durch vertikales Aufsetzen von breiten Flachpinseln erzeugt. Manchmal arbeite ich auch mit einem umfunktionierten Abzieher, wie man ihn beim Reinigen der Autoscheiben benutzt“, erklärt der Linkshänder, der die Stille liebt. Einerseits geht es dem Künstler um Ausgewogenheit und Stimmigkeit, aber ein gewagter Kontrapunkt oder eine besondere Perspektive jenseits des Hangs zur Symmetrie machen den besonderen Reiz aus. Seine Frau Gabriele ergänzt: „Oft muss ich Friedhard zum Ausbrechen aus dem ihm anhaftenden Hang zur Symmetrie bewegen. Gerade eine außergewöhnliche Blickachse ist doch besonders faszinierend.“
So mag das großformatige Bild „Licht am Ende des Tunnels“ den Betrachter wegen seines extravaganten Bildausschnitts faszinieren, wohingegen „Meditation 3“ bei längerem Studium auch an die immer neuen Farbkompositionen eines Kaleidoskops erinnert und zur meditativen Versenkung, gleichsam zur Ausblendung des alltäglichen Hintergrundrauschens einlädt.
Kreativ gestaltet sich auch die Titelfindung der einzelnen Kunstwerke. „Jenseits der Worte“ heißt ein Ausstellungskatalog, der noch eine andere Technik des Experimentierfreudigen ans Tageslicht bringt: Die Rakeltechnik . Mit einem selbst gebauten Abstreichholz trägt Meyer Schicht um Schicht Farbe auf, zieht hier Schlieren und Verschleifungen, übt an anderer Stelle mehr Druck aus und so platzt hier und da der Untergrund und zum Vorschein kommen neue Strukturen und Farbakzente.
Geradezu phantasievoll klingen die Titel: Etwa „Flug der Prächtlinge“, „Behütetes Blau“ oder „Massenveranstaltung“. So spannend sich der Prozess vom Überlagern und Freilegen der Farbschichten gestaltet, so entscheidend ist oft der Punkt des rechtzeitigen Aufhörens; hier muss eine Balance gefunden werden, ein Abwägen zur rechten Zeit erfolgen.
Was ist aber für den Künstler und Weltbürger das Anstrengendste in seinem Künstlerdasein? „Das Bild hängefertig zu machen – denn die Kanten des Keilrahmens müssen versäubert sein, meist in einem akkuraten Weiß.“ Hier ist der Naturfreund Meyer dann eben doch Perfektionist. So spricht er auch vom „gesteuerten Zufall“, gleichsam ein Widerspruch in sich und fordert sein Gegenüber zum Innehalten heraus. Hier geht der Ingenieur, der mit der Malerei als Autodidakt begonnen hat, seinen eigenen Weg, jenseits des Einflusses von Kandinsky und Richter. So resümiert der Kunsthistoriker Simon Oos im aktuellen Katalog: „In den Arbeiten Friedhard Meyers zeigt sich eine ungewöhnliche Art, die Farbe in einen friedvollen Gleichklang zu bringen… Jede Farbe erklingt für sich und fügt sich in Verbindung zu einer Art Melodie zusammen.“
Der in Nürnberg geborene Naturfreund Meyer ist einerseits der Heimat verbunden. Die Rhön ist für ihn ein „Ort der Erholung“. Dennoch reist er gerne zusammen mit seiner Frau und entwickelte im Lauf der Jahre eine Begeisterung für Indien, aber auch Spanien. Seit 2006 ist Friedhard Meyer Mitglied der „Europäischen Künstler-Gruppe Colectivo Cillero“ und hat jährlich internationale Ausstellungen.
Mit seiner individuell entwickelten Acryl-Nadeltechnik hat sich der Künstler ein Alleinstellungs-merkmal erarbeitet, das auch die Veranstalter der Messe ARTMUC in München begeistert. „Ich freue mich über die Teilnahme an dieser besonderen Messe mit einzigartigem Flair“, Schließlich gehöre ich zu den 100 glücklichen Teilnehmern, die aus 500 Bewerbern herausgefiltert wurden,“ weiß der Künstler, der neben Kunstforen auch gerne die neuen Medien nutzt und über zwei aussagekräftige Internetauftritte verfügt. Vom 2. bis 5. Juni 2016 ist der Neustädter Maler auf der Praterinsel persönlich anwesend und vermarktet sich selbst. „Ich sehe diese junge Messe als ein besonderes Kommunikationsforum, freue mich auf einen direkten Dialog mit Kunstschaffenden und Besuchern.
“ Wieder ein Experiment für den rastlosen Forscher im Reich der Melodie der Farben – einem Meister der Synästhesie, des Zusammenspiels von Klang, Farbe und Fläche.
Ausstellung: Noch bis zum 12. Juni ist ein Querschnitt des Oeuvres des Franken Meyer im Bruder-Franz-Haus auf dem Kreuzberg zu sehen.