Ein großes Herz und ein dickes Fell – das braucht Amtstierarzt Christoph Dumser, derzeit kommissarischer Leiter des Veterinäramts Bad Neustadt. Er versteht sich als Anwalt der Tiere im Landkreis. „Tierwohl muss geschützt werden“, lautet seine Maxime. Dabei dürfe man sich auch nicht abschrecken oder blenden lassen, so sein Anspruch. Nicht selten bekommt er Gegenwind: Von denen, die finden, dass er zu wenig tut, erst recht von jenen, die finden, dass er zu Unrecht eingreift.
Ein mitunter gefährlicher Beruf
Amtstierärzte leben mitunter gefährlich, wie erst kürzlich ein Fall in Niedersachsen zeigte. Der dortige Kollege war von einem Bauern angeschossen worden. Die ein oder andere bedrohliche Situation hat auch Amtstierarzt Christoph Dumser im Landkreis Rhön-Grabfeld schon erlebt: „Wenn dich jemand bei einer Kontrolle erst wild und aggressiv beschimpft und plötzlich wortlos im Haus verschwindet“, fühle er sich durchaus unwohl. Schlimmeres sei bislang aber glücklicherweise nie passiert. In derartige Konfliktsituationen begibt sich Dumser auch prinzipiell nicht allein.
Tierschutz als bedeutendste Aufgabe
Den Tierschutz sieht er mittlerweile als bedeutendsten Aufgabenbereich des Amtstierarztes an sowohl was den Zeitaufwand als auch was die öffentliche Bedeutung angeht. Das habe sich allerdings erst mit dem gesellschaftlichen Wandel in den letzten zehn Jahren so herauskristallisiert. Seit 2002 steht der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz.
Bestimmte Betriebe – landwirtschaftliche, Zuchtbetriebe, aber auch Zirkusse – werden dabei in gewissen Turnussen systematisch vom Veterinäramt überwacht. Über unangekündigte unregelmäßige Kontrollen macht sich der Amtstierarzt dort ein Bild. Im privaten Tierhaltungsbereich seien solche Besuche hingegen nicht zulässig. „Da sind wir auf Anzeigen angewiesen.“
Anzeigen aus der Bevölkerung
Die erreichen das Veterinäramt auch regelmäßig: eine Handvoll Anrufe die Woche sind es etwa. Rund die Hälfte erledigt sich meist schnell, weil jemand zu Unrecht – entweder aus bösem Willen, Dumser nennt als Beispiel den typischen Nachbarschaftsstreit , oder aus mangelhaften Wissen heraus beschuldigt wurde.
Aber natürlich gibt es auch die schlimmen Szenarien – bei denen man definitiv eingreifen müsse. Dumser hat Bilder davon noch vor Augen und die entsprechenden fotografischen Dokumentationen auf Festplatte. Er denkt an Rinder in Anbindehaltung, die er komplett eingekotet antraf, an abgemagerte Windhunde, die nur so dem Schönheitsideal des Züchters entsprachen, an Pferde, deren ungepflegte Hufe sich mittlerweile in die Höhe rollten und die im Stall gerade noch so unter die Decke passten, so viel Mist hatte sich unter ihnen angesammelt. Der gebrechliche Besitzer konnte sich einfach nicht mehr kümmern und hatte es nicht geschafft, die Tiere rechtzeitig abzugeben.
Überforderung, mangeldnes Know How, falsche Ideen
Oft müsse er natürlich in dem Zusammenhang auch mit einem nicht unproblematischen Personenkreis interagieren, wobei Dumser betont: „Tierschutzverletzungen passieren meist nicht aus Böswilligkeit heraus, sondern aus Überforderung, mangelndem Know How und falschen Ideen.“ Abgestellt werden müssen sie trotzdem. Circa drei bis fünf Mal im Jahr müsse ein Auflagenbescheid verfügt werden. Das ist allerdings erst eines der Mittel letzter Wahl.
Durchaus frustrierend sei dabei mitunter, dass einen meist ein paar wenige Personen dauerhaft beschäftigen. Dumser ist dennoch froh, sich gegen die Selbstständigkeit und für die Arbeit als Amtstierarzt entschieden zu haben. Gerade wegen der hohen Verantwortung, die auf ihm lastet: Ahndet er etwas nicht, greift eben keiner ein.
Der Werdegang
Der 40--Jährige, der aus dem Landkreis Roth in Mittelfranken stammt, hat schon zu Schulzeiten in einer Tierarztpraxis in der Nachbarschaft mitgeholfen und früh Großtiere als sein Interessensgebiet entdeckt. Nach dem Studium der Tiermedizin in München arbeitete er drei Jahre bei einer Großtierpraxis in Ansbach, bevor sich die Option auftat, die Praxis in der Heimat zu übernehmen.
„Das hätte 24 Stunden Einsatz sieben Tage die Woche bedeutet.“ Er entschied sich für einen Feierabend, Urlaub und das Wochenende und bewarb sich um eine Amtstierarztstelle. Seit 2006 ist Dumser in Bad Neustadt und mittlerweile in Unterfranken heimisch geworden.
Insgesamt sind am Veterinärsamt Bad Neustadt in der Siemensstraße über der Zulassungsstelle drei Amtstierärzte, drei Lebensmittelüberwacher, ein Veterinärassistent und drei Damen in der Verwaltung beschäftigt.
Die Bekämpfung von Tierseuchen
Die Aufgabenvielfalt, die ein Amtstierarzt abdeckt, begeistere und überzeuge ihn immer wieder aufs Neue. Abgesehen vom Tierschutz kümmere sich der Amtstierarzt um die Tierseuchenbekämpfung. Er untersucht seuchenverdächtige und kranke Tiere und überprüft Quarantäne-Vorschriften. Allerdings sei der Landkreis Rhön-Grabfeld in diesem Bereich in den letzten Jahren relativ gut davon gekommen. Von großen Seuchen-Ausbrüchen kann Dumser nicht berichten.
Derzeit seien natürlich möglicherweise dioxinverseuchte Eier Thema. Auch die afrikanische Schweinepest, die zwar glücklicherweise bislang nicht in Deutschland angekommen ist, wegen der aber schon jetzt vermehrt Nutzschweine kontrolliert würden. Im Frühjahr gab es so viele Vogelgrippe-Fälle wie nie in der Region, aber Rhön-Grabfeld war Dumser zufolge der einzige unterfränkische Landkreis, der keinen Fall zu verzeichnen hatte. Ganz plötzlich riss die Serie dann wieder ab.
Verbraucherschutz und Lebensmittelüberwachung
Unter das Stichwort Verbraucherschutz fällt die Lebensmittelüberwachung tierischer Lebensmittel – also beispielsweise Fleisch, Milch, Eier –, die ein Amtstierarzt ebenfalls leistet. „Wahrscheinlich hatten wir noch nie so gute und gut kontrollierte Lebensmittel wie wir sie heute haben.“ Regionale, aber auch überregionale Lebensmittel verzehrt der Fachmann guten Gewissens. Was natürlich nicht heiße, dass es nicht immer einen Mangel und einen Lebensmittelskandal geben könne. „Es gibt keine absolute Sicherheit. Manches ist nicht zu verhindern.“ Das müsse man der Bevölkerung auch deutlich so sagen.
Dass die Hygienevorschriften bei tierischen Nebenprodukten, also im Umgang mit Schlachtabfällen oder etwa beim Einbringen von Gülle in Biogasanlagen, eingehalten werden, überwacht ebenfalls der Amtstierarzt. Auch die Arzneimittelkontrolle von Tierarzneimitteln obliegt ihm.