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BAD KÖNIGSHOFEN/IPTHAUSEN: Der kleine Ali und große Folgen

BAD KÖNIGSHOFEN/IPTHAUSEN

Der kleine Ali und große Folgen

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    Aber darum geht es ja schon lange nicht mehr bei der in Ipthausen und Bad Königshofen gepflegten Freundschaft, sondern um das Miteinander zweier Völker, die seit dem Eintreffen der ersten türkischen Gastarbeiter vor mehr als 40 Jahren in einem Land sozusagen Tür an Tür leben.

    Und dennoch gab's Erklärungsversuche zu Hauf, warum die kleine Türkei eben die kleine Türkei genannt wird. Vielleicht liegt's am Deckengemälde in der Wallfahrtskirche, das eindeutig einen orientalischen Charakter hat oder einfach nur an der Tatsache, dass Ipthausen östlich von Königshofen liegt und die Bewohner dort von den Königshöfern schon immer gerne die "Türken" genannt wurden. Stadtrat Günter Grell hatte innerhalb seines geschichtlichen Streifzuges auch noch ein paar mögliche Erklärungen parat. Junge Ipthäuser, die einst an Kreuzzügen teilgenommen haben, könnten der Gemeinde den Ruf verpasst haben. Auch der Gründer von Ipthausen, Otto von Botenlauben, hatte exotische Ambitionen, holte sich einst eine Gemahlin aus dem Orient. Der Vater der schönen Beatrix, die den Otto von Botenlauben ehelichte, soll ein hoher Beamter in Jerusalem gewesen sein.

    Wie dem auch sei - die Freundschaft besteht. Schon in den 70er Jahren kickten die Ipthäuser "Türken" gegen junge Türken, die in Schweinfurt lebten und arbeiteten, und als Ipthausen im Zuge der Gebietsreform eingemeindet wurde, demonstrierte man auf seine Weise die Unabhängigkeit und hisste kurzerhand die türkische Flagge, die heute noch, 25 Jahre danach, weithin sichtbar über Ipthausen weht.

    In der Gegenwart gibt es viel praktische Berührungspunkte und Ansätze für das Miteinander der beiden Kulturen. 31 türkische Mitbürger leben in Bad Königshofen, im Kurzentrum gibt es ein türkisches Dampfbad, ja sogar der Architekt des frisch sanierten Kurzentrums ist Türke. Das bei den Gästen sehr beliebte "Haman-Bad" geht auf türkische Badekulturen zurück und dann gibt es ja noch den mittlerweile weltbekannten Beo "Ali", der den Stein ins Rollen brachte. Der stammte aus Stuttgart, gehörte einer türkischen Familie die ihn verkaufen wollte und konnte nicht nur Schimpfworte, sondern auch den Koran zitieren. Als Ali aus der Voliere entwendet wurde, war das nicht nur ein Vogelklau (Ermittlungen inzwischen eingestellt), sondern ein bundesweites Medienereignis. Sollte der Vogel wieder auftauchen, steht noch immer eine Einladung für Günther Jauchs "Stern TV", wo der Vogel dann seine Sprachkünste vorführen kann.

    Ein Medienereignis war auch das deutsch-türkische Freundschaftstreffen. Vertreter der größten türkischen Zeitungen waren angereist, um den Ort zu sehen, in dem Atatürk einen Platz im Fränkischen Landgasthof hat und wo deutsche Staatsangehörige milde lächelnd, aber nicht ohne Stolz, Türken genannt werden.

    Es ist nicht das erste Mal, dass Vögel Geschichte schreiben. Schon die Heiligen Gänse des Capitols retteten Rom mit ihrem Geschnatter vor dem Untergang. Ähnliches hat klein Ali bewirkt, der durch sein unfreiwilliges Verschwinden nicht nur für eine Welle der Entrüstung, sondern auch des öffentlichen Interesses gesorgt hat.

    Ein Höhepunkt dieses Interesses war nun der große Freundschafts-Nachmittag im Kurzentrum. Der große Saal des Kurzentrums war fast bis auf den letzten Platz besetzt. Deutsche und Türken lauschten gemeinsam der türkischen Folklore, den Darbietungen von Volkstanzgruppe und Spielkreis, den Flötenstücken, Gedichten oder aber auch dem mittlerweile zum Volkslied gewordenen Song von der "kleinen Türkei" aus der Feder von Wolfgang Berwind.

    Frau Isik Akin, die türkische Generalkonsulin aus Nürnberg, freute sich, unter "Freunden zu sein, die sich selber stolz Türken nennen" und auch Ucar Cetin, der Vorsitzende des Koordinierungsrates der türkischen Vereine in Nordbayern lobte die gelebte Völkerfreundschaft. Gerne sei er bereit gewesen den Kontakt herzustellen und gemeinsam an den Banden der Freundschaft zu knüpfen. Schon im osmanischen Reich gab es Bündnisse und heute wieder habe die Türkei die Tür zum modernen Europa aufgestoßen und hoffe, bald aufgenommen zu werden in diese Gemeinschaft der Völker.

    Das Kurzentrum war geschmückt mit türkischen Flaggen, schon auf dem Vorplatz wehten die roten Fahnen mit dem prägnanten Halbmond im Wind. Im großen Saal des Kurzentrums lagen "Hurriet" und "Blättle" Seite an Seite auf Tischen und Stühlen aus - Auch ein Novum für Bad Königshofen. Die Stadt und deren Bevölkerung haben (auch durch ihre Anwesenheit) gezeigt, dass Völkerverständigung hier keine Worthülse ist, sondern gelebter Alltag sein kann. Weitere Aktivitäten deutsch-türkischer Freundschaft werden folgen. Ein Fußballspiel ist bereits in Planung.

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