Das Publikum in der voll besetzten Rudi-Erhard-Halle zu Burglauer wird unruhig. Fredi Breunig, der zum zwölften Male den Lokal-, Landes- und Bundes-Politikern die Leviten gelesen hat, reimt sich unverhohlen zu seinem Ende als Fastenprediger hin. Sein letzter Zweizeiler beruhigt allerdings: „Ich hab die Entscheidung getroffen, nächstes Jahr wird zur Predigt wieder Kreuzberg-Bier gesoffen!“
Zwölfte Auflage des Politiker-Derbläggns
Spontan stehen seine Zuhörer auf. Standing Ovations für einen Mann, der auch bei der zwölften Auflage des Derbläggns so frisch wirkt wie das Starkbier beim Anstich. „Das wäre eine Katastrophe, wenn der aufhört“, urteilt Bernd Weiß, der ehemalige Staatssekretär. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann ist voll des Lobes: „Eine tolle Stimmung hier. Und eine anspruchsvolle Fastenpredigt!“
Herrmann war zuvor mit Claudia Stamm von Moderator Sven Schröter als Franke mit Rückgrat ausgezeichnet worden. Ein Programmpunkt, der zum Rhöner Politiker-Derbläggn des Heimatvereins Burglauer gehört. Der Innenminister erweist sich dabei als launiger Gast. Temperamentvoll fordert er alle sechs Strophen des Frankenliedes ein, als die Musikanten schon nach drei aufhörten zu spielen.
Herrmann als launiger Gast
Das gefällt auch Fastenprediger Bruder Elisäus: „Man kennt ihn nur als schwarzen Sheriff von Veitshöchheim. Wenn der so weitermacht, brauch ich gar nicht mehr auf die Bühne!“ Der Kreuzberg-Bruder zeigt Herrmann auf, dass er keine Chance als Bayerns Ministerpräsident haben wird. „Strauß, Streibl, Stoiber, Seehofer, Söder – alle mit S. Und drei davon haben Frauen, die Karin heißen. Da passen Sie nicht in die Reihe!“
Überrascht war Bruder Elisäus von der neuen Staatsministerin Dorothee Bär, und zwar von ihrem Outfit: „Das Dirndl wirkt doch sehr analog für Ihren neuen Posten! Als Digital-Fachfrau hätte ich Sie eher in Latex und Silikon erwartet!“ Sorgen macht er sich um die Außenwirkung der Frau aus den Haßbergen mit dem nicht zu verhehlenden Dialekt: „Hoffentlich erzählt sie keinen Schmarrn, wenn sie schon so komisch red‘!“
Stamm wird erste Ministerpräsidentin
Für Barbara Stamm hat Bruder Elisäus dagegen einen überraschenden Vorschlag. Sie werde nächste Woche erste bayerische Ministerpräsidentin. Seehofer dankt ab und Söder wird erst später inthronisiert. „Da müssen Sie als Landtagspräsidentin übernehmen. Es gibt neue Termine: Abends in Veitshöchheim, Am nächsten Tag mit Doro Bärs Flugtaxi zum Oktoberfest und dann mit der Kutsche durch München zur ersten Maß. Nutzen Sie die Zeit, bis Söder regiert!“
Eine praktische Zeitrechnung hat der Fastenprediger aus der Rhön auch für die Gewerkschaftler Klaus Ernst und Frank Firsching parat. „Ihr wollt‘ die 28-Stunden-Woche? Was glaubt Ihr, was da der Maurer sagt: Nach 28 Stunden ist bei uns erst Mittwoch!“
Breunig blickt auf den praktischen Gehalt
Das macht Fredi Breunig, den Hobby-Kabarettisten, aus. Er relativiert die täglichen Nachrichten auf den praktischen Gehalt. Das kommt beim Publikum und bei den Derbläggten gleichermaßen an. Rhön-Grabfeld-Landrat Thomas Habermann bescheinigt der Veranstaltung eine Authentizität, die auch nach zwölf Jahren an nichts eingebüßt hat.
Das zeigt auch die Liste, die in diesem Jahr auf 28 Ehrengäste angewachsen ist. Darunter finden sich nicht nur elf Landes-, sieben Bundespolitiker, zahlreiche Landräte und Bürgermeister, sondern auch der Klerus. Der emeritierte Bischof Friedhelm darf sich über den gleichstarken Applauspegel freuen, wie Landtagspräsidentin Barbara Stamm. Bei beiden wird am lautesten und längsten applaudiert.
Analoge Plattform für Netzwerker
Die Lokalpolitiker nutzen diese Plattform gerne für Netzwerk-Bildung. So nehmen die Bürgermeister aus Hohenroth und Niederlauer Digitalministerin Bär zur Seite. Es geht um den sinnvollen IT-Ausbau der neuen Schule – bezeichnenderweise spielen die Eurumer Banditen mit ihren Volksmusikinstrumenten derweil den AC/DC-Klassiker TNT auf der Bühne. Auch Bad Kissingens Landrat Thomas Bold ist lange mit Innenminister Herrmann im Gespräch. Was seinen Chauffeur freut: „Das erspart uns eine Fahrt nach München!“
Ein Zingulum für den Derblägger
Und Fredi Breunig? Der Derblägger hat seinen Habit abgelegt, seine Fastenpredigt bewertet („Ich bin nicht unzufrieden, obwohl ich eigentlich nie zufrieden bin!“), und ein Buch samt Widmung von Bischof Friedhelm überreicht bekommen, als plötzlich Franziskaner-Bruder Johannes Matthias auf ihn zutritt. Der ehemalige Wirtschaftsleiter vom Kloster Kreuzberg – mittlerweile wirkt er im Kloster Dietfurt im Altmühltal – zieht einen Strick aus der Tasche und bindet ihn Breunig um. „Jetzt hast du mal einen richtigen franziskanischen Gürtel mit den drei Knoten für deine Fastenpredigten“. Breunig muss einfach weitermachen mit dem Derbläggn.