Am Anfang war es eine Art Ausweichplatz, weil die Verhältnisse im Café Palais Erthal in Bad Kissingen zu beengt geworden sind für Klaus-Peter Borst, den Konditormeister, der die Hochzeitstorte für Lady Diana gefertigt hat. Nun, nach gut vier Jahren, hat sich die Sandberger Schokoladenmanufaktur im Erdgeschoss der Kleiderfabrik vom Ausweichplatz zu einer feinen Adresse für Konditorkunst und die Lust an der schokoladigen Verführung gemausert. Neugierige Busgruppen geben sich in der Walddörfer-Gemeinde beinahe die Klinke in die Hand.
„Ja, das hat sich gut entwickelt, wir sind sehr zufrieden“, sagt Klaus-Peter Borst am Kaffeetisch, während um ihn herum die Fuldaer Verwaltungsschüler ein Stückchen Beeren-Tarte oder Mango-Torte genießen. Die wissen jetzt, welch ein Traumberuf das Handwerk des Konditors ist, warum für Lady Dianas Geburtstagstorte einige Sitzreihen aus einem British-Airways-Flieger herausgebaut wurden und, wie es Flaschen aus Zucker aus Rhöner Produktion in die Bavaria-Filmstudios geschafft haben.
Seit Anfang des Jahres hat das Café Palais Erthal am Bad Kissinger Kurtheater geschlossen, das von der Familie Borst betrieben wurde, Verpächter war die Stadt Bad Kissingen. Dorthin gingen die meisten der Kuchen und Torten aus Sandberger Produktion. „Jetzt ist mein Sohn Nicolas dabei, in Bad Neustadt, Fulda und anderen Städten der Region kleine Läden mit unseren Produkten zu gründen“, so Klaus-Peter Borst. Sohn Nicolas hatte einige Jahre das Gourmet-Restaurant „Le Jeton“ in der Spielbank der Kurstadt inne. Nun liebäugelt er auch mit dem Kauf des Palais Erthal.
Solche geschäftlichen Details interessieren die Verwaltungsschüler aus Fulda nicht, die an diesem Morgen eine Führung durch die Manufaktur unternehmen. Im Café mit seiner nostalgischen Sarotti-Verkaufstheke haben sie schon eine Verkostung hinter sich gebracht und kennen jetzt die geschmacklichen Nuancen der Kakaobohne aus Saint Domingo wie der aus Madagaskar.
In der Konditorei zeigt Klaus-Peter Borst sein pädagogisches Talent. „Die Führungen machen Spaß. Man darf die Leute nicht mit Fachwissen überfrachten, es muss auch Platz für Humor haben“, meint Borst. Die Lacher der Schülergruppe hat er immer wieder auf seiner Seite, auch wenn er immer wieder den Unterschied zwischen Verwaltungsschülern und Konditorlehrlingen betont. „Es ist unglaublich schwer, Nachwuchs für unseren Beruf zu finden. Wenn man bedenkt, dass in der ganzen Region gerade einmal zwei Konditoren die Berufsschule in Kitzingen besuchen“, klagt Borst. Dabei biete der Beruf Möglichkeiten, die ganze Welt kennenzulernen, auf Club-Schiffen oder in Hotels irgendwo auf dem Globus.
Da lobt Borst den französischen Sinn für die süßen Verführungen. Denn dort teilt sich der Beruf des Konditors in vielerlei Professionen auf, vom Pattisier zum Glacier über den Chocolatier zum Tratteur. „Aber die jungen Leute wollen wohl alle in die Verwaltung“, sagt schmunzelnd Klaus-Peter Borst.
Immerhin ist sein Werben um den Beruf nicht ungehört geblieben. Da ist zum Beispiel Annemarie aus Brandenburg, die nach Sandberg gezogen ist, um das Konditorenhandwerk zu erlernen. „Wenn er die Torte von Lady Diana gemacht hat, dann muss er was können“, sagt auch Lisa Armbruster aus dem Schwarzwald, die in der Schokoladenmanufaktur ihr Handwerk lernt.
Dass das abwechslungsreich ist, erfahren die hessischen Schüler bei ihrem Rundgang. Da werden aus zähem Zuckersirup Schwäne gebogen oder vielerlei Verzierungen für aufwändige Torten hergestellt. „Wir machen auch Flaschen aus Zucker, die in den Bavaria-Filmstudios oder in Theatern zum Einsatz kommen und filmgerecht zerbrechen“, erklärt Borst.
Und es gibt Oscar-Trophäen aus Weißer Schokolade. Ein paar Hundert hat die Schokoladenmanufaktur für die Aida-Clubschiff-Linie hergestellt. „Für solche Nischenprodukte haben wir genau die richtige Größe, wir sind nicht zu groß und nicht zu klein“, sagt der Konditormeister, der auch mal Schokoladenhandys für einen Mobilfunkanbieter produziert.
Und dann erzählt er zum x-ten Mal die Geschichte von der Hochzeitstorte für Lady Diana, die er 1981 in Istanbul fertigte. Drei Monate hat das Kunstwerk zur Vollendung gebraucht. 2011 hat er sie in verkleinerter Version noch einmal für RTL 2 aufgetürmt. Sie wurde später in Bad Kissingen verkauft, der Erlös kam der Jugendfeuerwehr Sandberg zugute.
Beweis genug, wie verbunden sich der Garitzer mit der Walddörfer-Region fühlt.
Schokoladenmanufaktur Sandberg:
Klaus-Peter Borst bietet Schokoladenseminare für Einzelpersonen am 20. April, 1. Mai, 15. Juni und 13. Juli jeweils ab 14 Uhr an, für Gruppen ab 20 Personen auch zu individuellen Terminen. Infos unter Tel. (0 97 01) 22 24 20.
ONLINE-TIPP
Mehr Informationen und Bilder unter www.schokolade-sandberg.de rhoengrabfeld.mainpost.de