Mellrichstadt im Mittelalter: Alles Leben spielt sich hinter der schützenden Stadtmauer ab. Dicht aneinandergeschmiegt stehen kleine Fachwerkhäuschen, die Dächer mit Schindeln oder Stroh gedeckt. Brach ein Feuer aus, hatten die Flammen leichtes Spiel, ganze Stadtteile zu zerstören. Wie im Juli 1496, als Mellrichstadt lichterloh brannte.
„Das Leben damals war armselig, karg und hart“, erzählte Rudolf Mauder, Leiter des Heimatmuseums Salzhaus, den über hundert Besuchern, die sich am Mittwochabend am Galgenturm, der „trutzigen Warte“ zwischen Mellrichstadt und Eußenhausen, eingefunden hatten. Sie wollten Mauders Vortrag über den „schwärzesten Tag unserer Stadt“ nicht verpassen. Grundlage dafür war Georg Trosts Erzählung nach historischen Fakten „Feuerjo! Feuerjo“. Trost (1906-1968), geboren und aufgewachsen in Mellrichstadt, war Schullehrer, Schriftsteller, Mundart- und Heimatdichter und erzählte mit Fantasie historische Geschichten und Sagen aus der Rhöner Heimat.
Über 300 Jahre stand einst Mellrichstadts Kirche, eine mächtige dreischiffige Basilika mit zwei wuchtigen Türmen, als am 17. Juli 1496 ein Blitzschlag den Südturm von St. Kilian in Brand setzt. „Ein Blitz hat in den Kirchturm geschlagen, oh Gott, behüte die Stadt!“ Dumpf tuteten Hörner. Wirr klangen Schreie. „Wasserketten zu Streu und Malbach“, wurde vom Schultheiß angeordnet. Die Eimer wanderten gefüllt von Streu und Malbach her und leer zurück. Dann kam ein verheerender Wind auf. Sturm und Funkenflug setzten ein. In der nahen Nikolauskapelle knieten alte Frauen und Kinder und beteten flehend zum heiligen Florian, dass er dem Feuer Einhalt gebiete. Es war umsonst! „Als der Abend kam, stand an Mellrichstadts Himmel blutige Röte“, schrieb Georg Trost. Drei Viertel der Stadt brannten nieder. „Gespenstisch ragte die Kirche in den Himmel – der eine Turm geborsten, der andere und die Schiffe ohne Dächer.“
In den ganzen Umkreis drang die Kunde von Mellrichstadts Unglück. Zum Wiederaufbau der ausgebrannten Kirche stellte Bischof Lorenz von Bibra einen Kollektebrief für sein Herzogtum aus. Damit zogen Mellrichstädter Bürger durch Dörfer und Städte. Sie erhielten nicht viel. Man konnte nur den Nordturm und die Kirchenschiffe wieder einigermaßen herstellen. Der Südturm musste abgetragen werden. „Seitdem hat Mellrichstadts Kirche nur noch einen Turm“, erläuterte Mauder. Er zeigte eine vergleichende Darstellung der Kirche von 1496 und von heute.
„Als der Abend kam, stand an Mellrichstadts Himmel blutige Röte.“
Aus der Erzählung „Feuerjo! Feuerjo“ des Heimatdichters Georg Trost
„Schwere Sorge herrschte in Mellrichstadt, während sich die Tore der großen Welt weit auftaten, neue Erdteile erschlossen wurden und ein Kopernikus nach den Sternen griff“, schloss Georg Trost seine fesselnde Erzählung. Der Großbrand veranlasste zum Nachdenken: Die Verantwortlichen unternahmen erste Schritte, die in die Richtung unserer heutigen Feuerwehren zeigen.
Rauchfänge und Kamine waren damals selten. Der Rauch zog durch ein Loch im Dach über der Feuerstelle ab. Geheizt und gekocht wurde mit offenem Feuer, beleuchtet mit Fackeln und Kienspänen. Bald nach dem Brand gab es Verordnungen, dass abends ab einer bestimmten Zeit alle Feuer gelöscht werden mussten. Dies wurde vom Nachtwächter kontrolliert. Brandschutzgässchen und Brandschutzmauern aus Backsteinen oder Bruchsteinen wurden Vorschrift. Noch heute sind solche Mauern in Mellrichstadt zu finden.
Wichtigstes Löschgerät war im Spätmittelalter der aus Segeltuch oder Leder gefertigte Löscheimer. Rudolf Mauder präsentierte einen solchen Eimer aus dem Jahr 1866, der sich im Besitz von Heinrich Bach in Mellrichstadt befindet. Nach so viel geistiger Nahrung war für das leibliche Wohl gleichfalls bestens gesorgt. Der Obst- und Gartenbauverein Eußenhausen verwöhnte die Besucher mit einheimischen Snacks.
Mit reichlich Applaus zollten die Zuhörer Rudolf Mauder Anerkennung für seinen unterhaltsamen Vortrag. Nachdem sich am Roßmarkt erst vor kurzem Brandschuttreste von dem großen Stadtbrand im Juli 1496 unter dem alten Pflaster fanden, sind künftig sicherlich viele Hobby-Archäologen in Mellrichstadt unterwegs. Sie werden auch nach den „gefritteten“ Steinen in der Stadtmauer in der Unteren Mauergasse suchen. Das sind Kalksteine, die damals durch die große Hitze eine rötliche Farbe bekommen haben.