Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Rhön-Grabfeld
Icon Pfeil nach unten
Bad Neustadt
Icon Pfeil nach unten

RHÖN: Der Wald bleibt ein Dauerbrenner

RHÖN

Der Wald bleibt ein Dauerbrenner

    • |
    • |
    Baumveteranen: Die „Leimertshecke“ ist der einzige naturnahe Buchenwald im Naturschutzgebiet Lange Rhön.
    Baumveteranen: Die „Leimertshecke“ ist der einzige naturnahe Buchenwald im Naturschutzgebiet Lange Rhön. Foto: FOTOs Torsten Kirchner

    Riesiger Holzhunger der Menschen in Zeiten von Köhlerei, Glas- und Eisenschmelzereien ließ die Laubwälder Buchoniens in den Hochlagen der Rhön vor etwa 800 Jahren zeitweise fast gänzlich verschwinden. Erst nach verheerenden Pestepidemien und Kriegen breiteten sich die Wälder wieder aus. Der intensiven Beweidung gerodeter Hochrhönflächen und später auch der Mahd konnte der Wald in den dann folgenden Jahrhunderten nicht viel entgegensetzen – die Rhöner machen ihre Arbeit traditionell recht gründlich.

    Nicht nur Frage des Geschmacks

    Erst seit die Landwirte in anderen Berufen besser verdienten und der Viehbesatz in der Region deutlich absank, erobert sich der Wald das Gebiet des heutigen Naturschutzgebiets allmählich zurück – doch soll er das überhaupt?

    Damit stecken wir schon voll in der Diskussion über die Behandlung von Gehölzen auf der Langen Rhön. Soll man die Wiesen verbuschen und schließlich zu Wald werden lassen oder schreiten wir ein, um die Landschaft offen zu halten? Das ist nicht nur eine Frage des Geschmacks, über den man bekanntlich streiten kann, sondern auch eine Frage des Naturschutzrechts. Letztlich aber entscheidet die Gesellschaft, ob sie bereit ist, Steuergelder zur Pflege von blühenden Wiesen zu investieren.

    Damit im Naturschutzgebiet die Richtung klar ist, wurde mit Fachleuten, Behörden und Grundstückseigentümern in zahlreichen und heftig geführten Diskussionen Mitte der 980er-Jahre ein Pflegekonzept abgestimmt, das seit mehr als 20 Jahren gültig ist. Für jede Fläche wurde im „Pflege- und Entwicklungsplan Lange Rhön“ festgelegt, wie die Landschaft künftig behandelt werden soll.

    Eiszeitrelikt Karpatenbirke

    In diesem Leitfaden steht der Erhalt der typischen, offenen Rhönlandschaft, ihrer wertvollen Blumenwiesen mit seltenen Tier- und Pflanzenarten, also die unverwechselbaren Hochrhönlandschaft eindeutig im Vordergrund.

    Doch neben diesen großen Offenflächen haben sich auch Wälder erhalten, die weit über die Region hinaus bedeutsam und schutzwürdig sind. Die weitverbreitete Ansicht, dass man es von Natur aus mit reinen Buchenwäldern in der Hochrhön zu tun hat, ist nicht ganz richtig. Das raue Klima mit niedriger Durchschnittstemperatur und staunassen Böden bringt beispielsweise Moor-Birkenwälder hervor, die europaweit bedeutsam sind.

    Die „Karpatenbirke“ beeindruckt auf moorigen Böden durch urwüchsige Baumgestalten. Sie ist eine Baumart, die während und nach der letzten Eiszeit noch weite Flächen in ganz Mitteleuropa einnahm, heute findet sich in der Rhön einer der letzten Bestände dieses Eiszeitrelikts.

    Zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt die Fichte den Waldbauern als besonders zukunftsträchtig. Auf landwirtschaftlich unrentablen Flächen oder auch gezielt als Windschutzstreifen im Rahmen des „Hellmuth-Plans“ im Dritten Reich angepflanzt änderte sie das Landschaftsbild in der Hochrhön erheblich. Mit viel Aufwand wurden bis etwa 1965 großflächige Fichten-Monokulturen geschaffen.

    Nicht nur, dass diese Baumart von Natur aus die Rhön nicht besiedelt hatte, auch von ihrer genetischen Ausstattung passten diese Fichten nicht in das raue Mittelgebirge. Bergfichten hingegen wären angepasster gewesen, sie sind zum Beispiel schlanker und Schnee kann besser abrutschen.

    Gefrorene, weiße Fichtenwipfel: So stellen wir uns einen zauberhaften Winterwald vor – die Folge ist jedoch Schnee- und Eisbruch. Durch das anschließende Eindringen von Pilzen in den Baumstamm kommt es zu Fäulnis und damit auch Stabilitätsverlust. Derart geschädigte Bäume werden von Borkenkäfern bevorzugt, und die können ganze Bestände zum Absterben bringen. Oder aber schwere Stürme wie „Kyrill“ im Jahre 2007 bringen den Flachwurzler Fichte auf großen Flächen zu Fall.

    Aus diesen Gründen sah der Pflegeplan für die Lange Rhön vor, alle Fichtenbestände durch das Pflanzen von Laubbäumen mittelfristig in naturnahen Mischwald umzubauen. Andere Flächen sollten sich durch die natürliche Waldentwicklung mit Eberesche oder Birke von selbst entwickeln. Damit soll die Fichte nicht verteufelt werden – sie ist als Einzelbaum auf der Freifläche durchaus attraktiv und als Deckung für viele Tiere wertvoll!

    Masse statt Klasse

    Auf den windigen Flächen des Hochrhönplateaus wächst kein teures Furnierholz, der Zuwachs an Biomasse ist jedoch bemerkenswert. Die feuchten und in tieferen Bodenschichten guten Nährstoffbedingungen sind an breiten Jahresringen der Bäume ablesbar. Hier könnte für die Zukunft durchaus ein Potenzial zur Erzeugung von Energieholz liegen. Holzarten wie Weide, Birke und Eberesche wurden vor wenigen Jahren noch als „forstliches Unkraut“ abgetan. Heutzutage können diese Baumarten als Hackschnitzel zur Energieerzeugung genutzt werden.

    In relativ kurzen Zeitabständen können diese Bäume abgeholzt werden, denn sie schlagen aus dem Wurzelstock wieder aus. Diese Form der Waldnutzung – allerdings ohne Holzhäcksler – gab es schon bei unseren Vorfahren und wird als Niederwald bezeichnet. Es entstehen immer wieder offene und attraktive Flächen für viele Pflanzen- und Tierarten. Diese Art des Wirtschaftens entspricht ganz der Philosophie des Biosphärenreservats „Schutz durch Nutzung“.

    Dort wo der Wald in Offenland übergeht, wo nicht Holz oder Heu im Vordergrund stehen, ist der Platz für viele Arten, die aus unserer gleichförmigen EU-Landschaft verschwunden sind. Auch für das Landschaftsbild sind solche Flächen eine Bereicherung, wenn zum Beispiel im Herbst unglaubliche Mengen an Vogelbeeren rot leuchten und Tausende von „Grammetsvögeln“ (Wacholderdrosseln) über die reiche Beeren-Ernte herfallen. In einem der größten und schönsten Naturschutzgebiete Bayerns sollten wir uns das leisten können!

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden