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BAD KÖNIGSHOFEN: Deutsche Einheit: „Am Anfang war das gigantisch“

BAD KÖNIGSHOFEN

Deutsche Einheit: „Am Anfang war das gigantisch“

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    ManfredLauterbach
    ManfredLauterbach Foto: Petzold

    Bis zur Wende kam östlich der Stadt nicht mehr viel. Die einst so beziehungsreiche Achse zwischen Königshofen und Hildburghausen endete jäh an den Zäunen und Minenfeldern der deutsch-deutschen Grenze. Seit der Wiedervereinigung vor 25 Jahren hat sich vieles zum Positiven verändert. Bad Königshofen jedenfalls profitiert auch in wirtschaftlicher Hinsicht von der Einheit.

    Da ist zum einen die Frankentherme. „Mindestens ein Viertel der Besucher kommt aus Thüringen“, sagt Geschäftsführer und Kurdirektor Werner Angermüller. Schon unmittelbar nach der Wende im November 1989 habe der Zustrom eingesetzt, erinnert sich Angermüller, der damals gerade ein Jahr in der Touristinformation beschäftigt war.

    Neben der Werbetrommel, die kräftig gerührt wurde, hat sicher auch dazu beigetragen, dass die Thüringer vor der Währungsunion auch mit Ostmark ihren Eintritt bezahlen konnten. Das Kundenpotenzial, das in den neuen Mitbürgern steckte, habe der damalige Geschäftsführer Helmut Luff schnell erkannt, sagt Angermüller im Gespräch mit der Main-Post. Vor allem weil es in Südthüringen kaum eine vergleichbare Einrichtung gab.

    Aber nicht nur Badegäste kamen. Relativ schnell heuerten die ersten Mitarbeiter aus dem Osten an. Es sollten nicht die letzten bleiben. Angermüller misst Mitarbeitern und Besuchern in heutiger Zeit eine noch größere wirtschaftlicher Bedeutung bei, als vor 25 Jahren.

    439 Personen pendeln von Südthüringen mehr oder weniger regelmäßig als Sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer in den Raum Königshofen ein, davon allein 297 aus dem Kreis Hildburghausen. Das geht aus einer Statistik der IHK Würzburg-Schweinfurt hervor, Stichtag war der 30. Juni 2014.

    Einer von ihnen ist Manfred Lauterbach aus dem Ortsteil Berkach der Gemeinde Grabfeld. Der Mann kann heuer sogar sein ganz privates Arbeitsjubiläum feiern. Denn seit 1990 ist er als Schlosser in einem Betrieb in Großeibstadt angestellt. „Wir kaufen hier auch ein“, sagt Lauterbach über Bad Königshofen. Der Weg nach Meinigen ist ihm einfach zu weit. Und jede Woche besucht er die Therme.

    Regelmäßig nach Bad Königshofen kommt auch Martin Hummel aus dem rund 14 Kilometer entfernten Gleichamberg. Arztbesuche und Einkäufe führen den Rentner in die Stadt, der gleich nach der Wende Arbeit in Nürnberg gefunden hatte. Weil sich damals Bankfilialen im südthüringischen erst im Aufbau befanden, richtete er bei einem Geldinstitut in Bad Königshofen sein Konto ein. Und so ist es auch geblieben.

    Regelrecht überrannt wurden die Geschäfte im Jahr der Einheit. Vor allem natürlich, nach dem Inkrafttreten der Währungsunion am 1. Juli 1990. Karl-Heinz-Krapf, im damaligen City-Ring aktiv, schätzt, dass die Umsätze in diesem Jahr um 40 bis 50 Prozent nach oben geschnellt sind. Vor allem die Lebensmittelbranche habe einen nie gekannten Ansturm erlebt. „Die Supermärkte waren ausverkauft“, sagt Krapf, Inhaber eines Modegeschäfts. Die Situation habe sich in den Folgejahren zwar normalisiert, aber auch noch heute gebe sehr viele Stammkunden.

    Das bestätigt auch Carmen Lang, die Vorsitzende der Werbegemeinschaft, der Nachfolgeorganisation des City-Rings. Die Inhaberin eines Kinderkleider-Fachgeschäftes geht davon aus, dass rund ein Drittel der Kunden aus Südthüringen kommen. Dementsprechend werblich aktiv ist die Gemeinschaft der Bad Königshöfer Geschäftsleute auch in diesem Bereich. Ihr Geschäft hatte Carmen Lang im Februar 1988 eröffnet. Das, was dann zwei Jahre später folgte, bezeichnet sie heute noch als „gigantisch“. Die Kunden gaben sich quasi die Klinke in die Hand – und das nicht nur in ihrem Laden. Erst nach einem Jahr habe sich das alles wieder etwas eingependelt, nachdem auch in Südthüringen mehr Geschäfte eröffnet hatten. Dass trotzdem noch so viele den Weg über die Landesgrenze nehmen, hat für sie einen einfachen Grund: „Viele arbeiten hier und kaufen eben auch gleich ein“.

    Wie hoch der Kaufkraftzufluss nach Bad Königshofen aus dem benachbarten Thüringen tatsächlich ist, darüber gibt es offenbar keine verlässliche Zahlen. Statistiken dazu waren jedenfalls auch nach intensiver Recherche nicht zu finden.

    Wie sehr das Einheitsjahr die Stadt geprägt hat, geht aus dem Jahresschlussbericht von 1990 des damaligen City-Ring-Vorsitzenden Hugo Reinhard hervor, den der frühere Bürgermeister Clemens Behr in Auszügen zur Verfügung gestellt hat. „1990 – ein geschichtsträchtiges Jahr, in dem ein bedeutsames Ereignis übergangslos ins nächste überging“, formulierte Reinhard. Und: „Die unmenschliche Grenze, die unser Grabfeld jahrzehntelang trennte, ist gefallen. Der politische Umbruch im Osten und die Herstellung der deutschen Einheit, die wir hier hautnah erlebt haben, ist Herausforderung und Chance zugleich.“ Die ehemals trostlose Grenzlage habe sich, ohne Vorbereitungszeit, in eine Lage der Mitte verwandelt. „Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, mit unseren thüringischen Nachbarn die vorhandenen Chancen im menschlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Bereich zu suchen und zu nutzen“.

    Große Feierlichkeiten sind trotz des Jubiläumscharakters des Jahrestages der Einheit zumindest im Bereich Bad Königshofen nicht geplant. Was wohl auch daran liegen mag, dass der emotionale Höhepunkt der jüngeren deutsch–deutschen Geschichte der Mauerfall 1989 gewesen ist. Nur an der ehemaligen Wegsperre der früheren innerdeutschen Grenze zwischen Alsleben und Gompertshausen kommen am Samstag, 3. Oktober, um 13 Uhr Menschen zusammen, um der vor 25 Jahren gewonnene Einheit zu gedenken. Um 14 Uhr wird ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert, anschließend geht es ins Gasthaus nach Gompertshausen. Das nächste Jubiläum steht übrigens schon vor der Tür: Am 5. Januar jährt sich zum 25. Mal die Gründung der Städtepartnerschaft zwischen Bad Königshofen und Römhild.

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