Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Rhön-Grabfeld
Icon Pfeil nach unten
Bad Neustadt
Icon Pfeil nach unten

OBERWILDFLECKEN: Die Bestürzung ist groß

OBERWILDFLECKEN

Die Bestürzung ist groß

    • |
    • |
    Ein Bild aus vergangenen Tagen: So sah die Kirche in Oberwildflecken aus, kurz bevor sie offiziell entweiht wurde. Am Dienstag war bei Abrissarbeiten ein 31-jähriger Baggerfahrer darin gestorben.
    Ein Bild aus vergangenen Tagen: So sah die Kirche in Oberwildflecken aus, kurz bevor sie offiziell entweiht wurde. Am Dienstag war bei Abrissarbeiten ein 31-jähriger Baggerfahrer darin gestorben. Foto: Foto: Raab

    Es war nichts mehr zu machen. Als die Retter den Baggerfahrer, der in seinem Führerhaus unter einem großen Betonteil eingeklemmt war, aus den Trümmern zogen, war er schon tot. „Es hätte laut Notarzt auch nichts mehr gebracht, weil die Verletzungen doch so arg waren.“ Das berichtet Michael Krug, Kommandant der Feuerwehr Bad Brückenau, der direkt an der Unfallstelle war, als der 31-Jährige aus Straubing-Bogen geborgen wurde.

    Beim Versuch, die Außenwand der ehemaligen Kirche in Oberwildflecken einzureißen, waren am Dienstagnachmittag Teile des Giebels auf ihn und seinen Bagger gestürzt. Ein schweres Betonstück versperrte den Einsatzkräften den Zugang zum Führerhaus. Der 31-Jährige erlag seinen Verletzungen, noch bevor er aus den Trümmern befreit werden konnte.

    Der Notruf hatte die Einsatzzentrale um 16.45 Uhr erreicht. Der Baggerfahrer, der im Innenraum der Kirche arbeitete, wollte die Wand nach innen einreißen. Doch die Situation geriet außer Kontrolle, als Teile des Giebels hinabstürzten und den Bagger unter sich begruben. Der Fahrer war zunächst noch ansprechbar und wurde während der Rettungsarbeiten auch medizinisch versorgt. Doch trotz intensiver Bemühungen gelang es nicht, den Mann rechtzeitig zu befreien. Er starb etwa eineinhalb Stunden nach dem Unfall.

    Bei den Oberwildfleckenern löst das Ereignis auch am Tag danach Bestürzung aus. Karl Zurek, der 25 Jahre lang die ehemalige Kirche „St. Kilian und St. Jakobus“ umsorgte, ist spürbar erschüttert. „Ganz Oberwildflecken ist zutiefst betroffen“, sagt der 80-Jährige. Viele seien in dem Gotteshaus getauft worden oder hätten hier geheiratet. „Da ist der Abriss ja schon schlimm.“ Und dann noch so ein Unfall. Ein junger Mann ließ sein Leben in der Kirche. Wieder einmal. Denn schon vor 49 Jahren hatte es einen tragischen Unfall gegeben. Kilian Abert aus Oberweißenbrunn erinnert sich noch genau an den 7. September 1965. „Bei Arbeiten in der Kirche lief ein Arbeiter ins Heck eines Baggers“, berichtet der ehemalige Geschäftsführer der Abert Bau GmbH, die den Auftrag für den Kirchenbau in den 1960er Jahren bekommen hatte (siehe Info-Kasten). Der Mann aus Frankenheim sei gegen eine Säule gedrückt worden und noch an Ort und Stelle gestorben. „Er war 36 Jahre alt“, erzählt Abert weiter. Nach dem Unfall habe er ein Kreuz mit einer kleinen Gedenktafel an eben dieser Säule anbringen lassen als Erinnerung. Wo das jetzt aber hingekommen ist, weiß Abert nicht.

    Auch Pfarrer Florian Judmann erinnert sich an die Tafel an der Säule. Es könne sein, dass sie mit den anderen Gegenständen aus der Kirche eingelagert worden sei, sagt er. Sicher könne er das aber nicht sagen. Und dann lenkt der Geistliche die Aufmerksamkeit wieder in die Gegenwart zurück, auf den 13. Mai 2014. „Damit müssen wir alle erst einmal umgehen“, sagt Judmann, bevor er zum Unfallort eilt. Es gelte, seelsorgerliche Hilfe zu geben. Und es geht auch um die Frage, wie es jetzt mit der Baustelle weitergeht. „Wie und wann es weitergeht, weiß derzeit noch niemand“, sagte Wildfleckens neuer Bürgermeister Gerd Kleinhenz noch am Vormittag. „Das war ein schlimmer Tag für unsere Gemeinde. Unser Mitgefühl gilt allen Angehörigen“, fügt er hinzu.

    Am Mittwochmorgen hatte eine Besprechung mit Vertretern der Gemeinde, der Diözese, der Gewerbeaufsicht, der Kriminalpolizei Schweinfurt und dem Architekten stattgefunden. Die Ermittlungen von Kripo Schweinfurt und Gewerbeaufsichtsamt haben laut Polizei-Mitteilung vom Mittwochnachmittag ergeben, dass der Kirchengiebel offenbar aufgrund unsachgemäß durchgeführter Abrissarbeiten auf den Bagger gestürzt sei. Ein Fremdverschulden am Tod des 31-Jährigen schlossen die Behörden aus. Die Unglücksstelle wurde inzwischen für die Fortführung der Abrissarbeiten freigegeben.

    Requiem am Freitag

    Am Freitag, 16. Mai, feiern Generalvikar Karl Hillenbrand und Pfarrer Florian Judmann um 18.30 Uhr in der Pfarrkirche in Wildflecken ein Requiem für den Verunglückten. Sowohl der Generalvikar als auch Bischof Friedhelm haben in einem Kondolenzschreiben den Angehörigen ihr Beileid ausgedrückt. Die Kirche sei zwar nicht im Eigentum des Bistums, dennoch bleibe eine moralische Verbundenheit bestehen.

    Chronologie der Kirche „St. Kilian und St. Jakobus“ in Oberwildflecken von 1965 bis 2014

    1965: Ein altes Fabrikgebäude aus dem dritten Reich wird zur Kirche umgebaut. Seit dem Zweiten Weltkrieg waren die Bürger aus Oberwildflecken zum Gottesdienst nach Wildflecken oder auf den Kreuzberg gegangen. Mehrere hundert Sitzplätze plante man in der neuen Kirche ein, weil die Rhönkaserne samt Standortübungsplatz viele Arbeitsplätze bot.

    1966: Weihbischof Alfons Kempf weiht die Kirche am 25. September.

    1986: Die Kilianskirche feiert ihre erste Primiz. Neupriester Franz Leipold aus Wildflecken feiert seine erste heilige Messe. Zehn Jahre später dann die zweite Primiz. Jürgen Schwarz aus Neuwildflecken war der zweite Neupriester aus der Gemeinde.

    2000: Die Entwicklung von Oberwildflecken stagnierte Geburtenzahlen brechen dramatisch ein. Die Schließung des Übergangswohnheimes lässt die Einwohnerzahl rapide schwinden. Die Zahl der Gottesdienstbesucher sinkt Monat für Monat. Eine Dachsanierung und die Modernisierung der Heizung kann sich die Kirchengemeinde nicht leisten. Für die wenigen Kirchenbesucher ist das Gotteshaus zu groß.

    2013: Die Kirche wird bei einer feierlichen Zeremonie profanisiert. Sie gilt damit wieder als „normales“ Gebäude. Am 10. Oktober 2013 erwarb der Markt Wildflecken das Gelände mit dem direkt angrenzenden Kindergartengebäude. Sie beschließt den Abriss und kauft auch die angrenzenden Grundstücke zwischen Kreuzbergstraße, Schlesierstraße und Erlenweg. Damit war der Weg frei für die Umgestaltung des Kirchenumfeldes zur neuen Dorfmitte. Die Kosten für die Gemeinde betragen rund 830 000 Euro. Sie werden zu 80 Prozent von der Regierung von Unterfranken im Rahmen des Stadtumbaus West bezuschusst. Den Bau der neuen Kapelle bestreitet die Diözese, sodass die Kommune hierbei nicht finanziell beteiligt ist.

    2014: Der Abriss der Kirche begann im März 2014. ULI/BIT

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden