Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Rhön-Grabfeld
Icon Pfeil nach unten
Mellrichstadt
Icon Pfeil nach unten

MÜHLFELD: Die bewegte Geschichte derer von Bibra

MÜHLFELD

Die bewegte Geschichte derer von Bibra

    • |
    • |

    Im Rahmen des Kulturprojekts „Leben im Schloss“ erzählte Freifrau Elisabeth von Bibra „die eingeheiratete Schwiegertochter“ wie sie sich selbst oft nennt, am vergangenen Sonntag im Schloss Wolzogen die schicksalhafte Geschichte des Geschlechts derer von Bibra.

    Selbst ihr seien die Beziehungen derer von Bibra mit Mühlfeld nicht bewusst gewesen, gestand die Freifrau bei ihrem Vortrag, denn in den Analgien, die ihr zugänglich sind, seien darüber keine Hinweise beurkundet. Dafür stünden die aber in der Mühlfelder Dorfchronik, wusste ein Besucher des Vortrags.

    „Ich bin total überrascht über diese große Besucherzahl und das Interesse an meinem Vortragsthema“ erklärte die Freifrau bei ihrer Begrüßung, bevor sie tief in die Geschichte eintaucht.

    Sehr tief sogar, denn die Stammburg in Bibra geht auf das Jahr 1000 nach Christus zurück. „Allerdings war das nicht die erste Burg. Die ursprüngliche Burg befindet sich im Höhn (einem Waldstück). Unsere ist nur die zweite. Sie hat sich langsam entwickelt“, erklärte Elisabeth von Bibra.

    Doch beiden Burgen hatten eines gemeinsam: Sie waren Fränkische Königshöfe. „Dort hat aber nie ein fränkischer König gewohnt. Sie hießen nur so wegen der Bauweise“ erläuterte sie und erklärte was damit gemeint ist: „Eine quadratische Anlage mit einer äußeren und inneren Umrandungsmauer und dazwischen ein Graben. Acht Türme hatte die Burg. Der einzige Eingang war der Burgfried mit einer Mauerstärke von 3 Metern.“

    Im Mittelalter gehörten zur Burg in Bibra sechs Häuser, darunter ein Küchen-, Beamten- und Waffenhaus. Es war eine Belagerungsburg, die zur Grenzsicherung Frankens gegen Thüringen dienen sollte. „Also nichts Feudales, alles war sehr einfach und nützlich. Den Höhepunkt erreichte die Burg zur Zeit des Bauernkriegs, 1525“ fuhr die Freifrau von Bibra fort. Die Familie, die sehr starke Bindungen nach Würzburg hatte, zog in die Festung Marienburg um diese zu schützen. Ein großer Fehler, wie sich herausstellte, denn die Bauern zündeten das Schloss in Bibra an. Dagegen die Irmelshäuser, ebenfalls eine Linie der Bibras, hüteten ihren eigenen Besitz und wurden mit den Bauern einig, so dass der dortige Besitz bis heute unangetastet blieb.

    Im 19. Jahrhundert kam Bibra als einzige Burg durch eine Grenzregelung zu Thüringen, was für das weitere Schicksal entscheidend sein sollte.

    „Die Bibras hatten viele Familienlinien: Bibra war die einzige thüringische. Irmelshausen und Bremhausen waren fränkisch, eine Linie starb aus und die Linie aus Schwebheim verarmte und wanderte nach Australien aus. Das ist auch der Grund warum es heute in Australien so viele Bibras gibt wie hierzulande Müllers oder Schmidts“, erklärte die Freifrau auf Nachfragen aus dem Publikum.

    Bibra war jedoch etwas Besonderes, denn von der ersten Benennung bis heute blieb das Geschlecht immer in einer Familie. Bau und Geschichte waren aber auch deshalb besonders, da Bibra ein freies Markt- und Gerichtsrecht besaß. Diese musste jeder deutsche Kaiser neu beurkunden, weshalb Bibra über ein kostbares Archiv dieser verfügt, die heute in Meinigen lagern.

    Aber zurück zum Ende des Mittelalter: 1526 wurde die Burg erst einmal neu aufgebaut. Der Prachtbau wurde allerdings im 30-jährigen Krieg wieder zerstört und blieb dann eine Ruine. Gegenüber baute man 1565 ein Schloss. In der Ruine hütet der Verwalter des Schlosses lediglich seine Hühner und Gänse. Auch die Familie war stark dezimiert worden. Bis auf zwei Kinder, die von Bauern im Dorf aufgenommen wurden, waren alle Familienmitglieder umgekommen.

    Später kam zum Schloss ein großes Gutshaus. „Überhaupt haben sich ringsherum viele Gutshäuser und Schlösser angesiedelt. Alle waren sie Franken.“

    Das Rittergut wurde aber schließlich verkauft, doch der Schwiegervater, der sechs zwölftel des Besitzes innehatte, stimmt dem Verkauf nur unter Bedingung zu ein Rückkaufrecht zu bekommen.

    Der Verlust des Ritterguts rettet ihm schließlich das Leben, denn während des DDR Regimes wurden deren Besitzer umgebracht. „Auch mein Schwiegervater wurde von den Russen abgeholt und in einen Keller von Bauerbach verschleppt. Eines Abends erschien der Bürgermeister und sagte zu meiner Schwiegermutter: Ich weiß, wo ihr Mann ist. Mit zwei Flaschen Schnaps konnte sie ihren Mann freikaufen. Gerade noch rechtzeitig. Denn von den anderen Adeligen die mit ihm eingesperrt waren, ist niemand lebend herausgekommen. Darunter war beispielsweise auch die Betheimer Familie“ schilderte Elisabeth derer von Bibra die Ereignisse.

    Der Schwiegervater hatte im Zweiten Weltkrieg als Offizier gekämpft und lebte danach hauptsächlich in Nürnberg. Dort hätte er seinen Lebensabend mit einer guten Offizierspension verbringen können. Doch als er erfuhr das Bibra russisch wurde, entschied er sich endgültig in das Sommergut in Bibra umzusiedeln und dieses zu schützen. Dort lebte er von einer kleinen Rente von 300 Ostmark. Da er nur Hausbesitzer war und kein Rittergut mehr dabei war und er nicht republikflüchtig wurde, hatte er eine Eintragung in das Grundbuch bekommen. Nur so konnten sie es nach der Wende behalten. Dank des Schwiegervaters wurde die Burg jedoch in der DDR-Zeit nicht enteignet. „Bis zur Wende hatten wir allerdings nichts zu melden.“ Das Problem, das nach der Wende noch blieb, war die Finanzierung der Instandhaltung. Doch auch hier meinte es das Schicksal gut mit derer von Bibra.

    Zwei große Glücksfälle machten es möglich: „Wir hatten gute Beziehungen zur deutschen Stiftung Denkmalschutz. Auf der anderen Seite begleitete der Architekt und Freund der Familie, Reinhard Rüger, die Restaurierung , die 1994 begann. Er verzichtet all die Jahre auf sein Honorar, weshalb es denen von Bibra möglich war, den Eigenanteil an die Stiftung Denkmalschutz zu zahlen.

    Heute ist die Burg ein Seminarzentrum. Die Nutzung sollte in der Tradition des Hauses bleiben, so kann dort heute jeder einkehren, der Ruhe, Schutz, Hilfe oder Erfrischung brauch. Wir sind ein gemeinnütziger, überkonfessioneller Verein der Erwachsenenbildung anbietet. Bis heute ist das damalige Küchenhaus erhalten geblieben. Darin wohnt heute die Freifrau Elisabeth von Bibra. „Vom Rittersaal sind lediglich einige Säulen und Türgewände übrig. Alles andere wurde zerstört.“ In einem neuen Westbau finden jetzt die Seminare statt. 17 Betten für die Besucher gibt es heute im Schloss für die Besucher. Für diejenigen die die Geschichte derer von Bibra ganz besonders interessiert legte Pfarrer Gerhard Jahreiß das Buch „Das Kastell Bibra“ ans Herz, das eine bewegende Geschichte der Vergangenheit aber auch der Gegenwart darstelle.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden