Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Rhön-Grabfeld
Icon Pfeil nach unten
Bad Königshofen
Icon Pfeil nach unten

BAD KÖNIGSHOFEN: Die Erinnerung wachhalten

BAD KÖNIGSHOFEN

Die Erinnerung wachhalten

    • |
    • |
    1996 aufgestellt: Der Ersatzgrabstein für die Großeltern Max und Rosalie.
    1996 aufgestellt: Der Ersatzgrabstein für die Großeltern Max und Rosalie.

    Arnold Samuels aus Seattle, der als Kurt Samuel in Hammelburg 1923 geboren wurde, war schon mehrmals in Deutschland und auch auf dem jüdischen Friedhof in Bad Königshofen, auf dem seine Großeltern Max und Rosalie Samuel begraben sind. Jetzt kam er aus einem bestimmten Anlass in die Badestadt, denn ein Teil des originalen Grabsteins seines Großvaters Max Samuel konnte identifiziert werden.

    Er ist Bestandteil der Bruchstücke, die vor vielen Jahren aus dem Kurpark entfernt wurden, wo sie als Trittsteine dienten und wieder auf den jüdischen Friedhof zurückgebracht wurden.

    Schüler waren eingebunden

    Rainer Seelmann, Lehrer am Gymnasium Bad Königshofen, befasst sich mit der Geschichte der jüdischen Familien, die bis zu ihrer Vertreibung und Vernichtung durch die Nationalsozialisten zum Stadtbild dazugehörten, unter anderem gemeinsam mit Schülern des Gymnasiums innerhalb eines W-Seminars. Einige der jüdischen Mitbürger wanderten aus, viele wurden jedoch deportiert und umgebracht.

    1920 heiratete Willi Samuel aus Königshofen, Sohn von Max und Rosalie Samuel, die jüngste Tochter des jüdischen Getreidewarenhändlers Samuel Sichel, Blanka, und übernahm bald das Geschäft des Schwiegervaters in Hammelburg. Als die gezielte Liquidierung und Arisierung einzelner Geschäftsbereiche begann, wurde Willi Samuel von einem Insider gewarnt. Die Familie suchte und fand einen Käufer, die Würzburger Kaufleute „Redelberger und Reinhard“. So wanderten Willi und Blanka Samuel mit den Söhnen Kurt und Gerhard am 15. April 1936 nach Brooklyn aus. Kurt Samuel, damals zwölf 12 Jahre alt, änderte in den USA seinen Namen in Arnold Samuels.

    Auf dem jüdischen Friedhof Bad Königshofen hatte Arnold Samuels 1996 einen neuen Grabstein für den bisher verschwundenen aufstellen lassen. Er bekundet, dass Max Samuel vom 26. August 1861 bis zum 28.Oktober 1931 und Ehefrau Rosalie vom 10. November 1868 bis zum 22. September gelebt haben. Dass jetzt ein Teil des Originals identifiziert werden konnte, ist auch den Sprachkenntnissen von Pfarrerin Tina Mertten zu verdanken, die Hebräisch gelernt hat.

    Die Inschrift der Steine wollte Rainer Seelmann schon lange gern entziffern. Seine Recherchen führten ihn auch zum Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert, der noch ein deutlicheres Bild aus früheren Jahren besaß. So konnte Tina Mertten die Inschrift lesen und dem Enkel Arnold Samuels in Schriftform übergeben. Auf dem Stein steht: „Ein treuer und bescheidener Mann ist hier begraben. Gerecht und geradlinig mühte er sich stets um die, die in Not geraten waren. In Eintracht mit seinen Brüdern lebte er alle Tage seines Lebens. Er war Meir, Sohn des Gerschom Halewi, gestorben am 17. Cheschwan 5692.“

    Alle zwei Jahre besucht Arnold Samuels seine Geburtsstadt Hammelburg und bei der Gelegenheit auch die Stadt seiner Vorfahren väterlicherseits, Bad Königshofen. Diesmal hat er seinen Neffen Peter Samuels aus Gettysburg, Pennsylvania, und dessen Frau Julie Samuels mitgebracht. Für Peter Samuels ist das, was damals in Deutschland geschehen ist, bedrückend und unverständlich. „Die Leute, die wir kennengelernt haben, sind so aufgeschlossen und freundlich, aber sie sind die Kinder von ehemaligen Nazis - einfach unglaublich.“ Es sei aber gut, die neue Generation kennen zu lernen und versuchen zu verstehen, wie alles gekommen ist. Seine Mutter lebt noch und findet seine Reise nach Deutschland nicht gut. „Sie hat immer noch viel Hass auf dieses Land.“ Der Friedhof in Bad Königshofen wurde 1921 eingerichtet, weil die jüdische Gemeinde meinte, ein nahe liegender und eingezäunter Friedhof sei vor Vandalismus mehr geschützt als der abseits gelegene in Kleinbardorf, auf dem bis dahin alle jüdischen Verstorbenen beerdigt wurden. Die Geschichte hat das Gegenteil gezeigt: Der Kleinbardorfer ist unversehrt, der Bad Königshöfer wurde zerstört. Überliefert ist, dass David Friedmann das Geld für die Umzäunung stiftete, er selbst war dann der Erste, der dort 1921 beerdigt wurde. Ob der 90-jährige Arnold Samuels noch einmal in die Heimatstadt seiner Großeltern und den Geburtsort seines Vaters kommen kann, ist nicht sicher. Es beruhigt ihn jedoch, dass es Menschen gibt, die die Erinnerung an die ehemaligen Mitbürger erhalten.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden