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OSTHEIM: „Die Fichte hat bei uns keine Zukunft“

OSTHEIM

„Die Fichte hat bei uns keine Zukunft“

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    Waldbegehung: Auf dieser Waldfläche wird im Herbst der Umbau umgesetzt. Im Hintergrund ist das Ergebnis zu sehen. Vor 20 Jahren wurden diese Rotbuchen gepflanzt, die jetzt so hoch gewachsen sind, dass die Fichten geerntet werden können.
    Waldbegehung: Auf dieser Waldfläche wird im Herbst der Umbau umgesetzt. Im Hintergrund ist das Ergebnis zu sehen. Vor 20 Jahren wurden diese Rotbuchen gepflanzt, die jetzt so hoch gewachsen sind, dass die Fichten geerntet werden können. Foto: Foto: Ralph Rautenberg

    „Insgesamt hat die Fichte bei uns einfach keine Zukunft.“ Förster Ingo Büttner scheute am Mittwochabend keine klaren Worte, als er die Mitglieder des Stadtrates Ostheim durch den kommunalen Wald führte. Dabei zeigte er ein Ökosystem, das sich zu einem guten Teil im Umbau befindet, auch aufgrund der klimatischen Veränderungen.

    Fast jedes Jahr begebe sich das Gremium einmal auf eine solche Waldbegehung, erklärte Bürgermeister Ulrich Waldsachs vor allem seinen neuen Stadtratskollegen. Ziel solle es sein, den Wissensstand zum Forst zu erweitern und über die Maßnahmen des Försters anschaulich in Kenntnis gesetzt zu werden, so dass man bei den Forstberichten während der Stadtratssitzungen „einen Bezug hat, zu dem was man sieht und hört“. Zudem könne man „ein Gefühl für Wald und Bäume“ entwickeln, so Waldsachs. Bei bestem Forstwetter, nicht zu warm und recht feucht, ging es am Dachsberg in das Flurstück Picketal.

    Zum Schwerpunktthema erklärte der Förster dort den Waldumbau, den er in diesem Waldstück auf drei Flächen vorstellte. Ausgangslage ist dort, dass man über einen hohen Anteil von „standortwidrigen, mattwüchsigen Nadelbeständen“ verfügt, so Büttner. Schon vor 120 Jahren wurden diese Nadelbäume an eigentlich ungeeigneten Standorten, am Dachsberg auf Kalkboden, angepflanzt, weil man sich von dem Holz hohe Rendite versprach. „Man hatte damals Reichsmarkaugen, die Fichte war so etwas wie das Allheilmittel“, erklärte der Förster die Intention. Damit hat die künstliche Forstwirtschaft die örtlichen Verhältnisse umgekehrt, denn aus natürlichem Bewuchs, gäbe es nicht einmal zehn Prozent der Nadelbäume.

    Hinzu kommen die klimatischen Veränderungen, die bereits jetzt dazu führen, dass die Bäume vier Wochen früher austreiben. Eine durchschnittliche Erwärmung von 1,5 bis 2,5 Grad hätte für Nadelhölzer verheerende Folgen. „Selbst an guten Standorten“ könnten diese dann nicht mehr bestehen, so der Förster, weil man außerhalb des „Wohlfühlbereichs“ der Bäume wäre. Im Picketal stehen 60 bis 70 Jahre alte Fichten, die zehn bis 15 Meter zu kurz ausfallen und zudem von Rotfäule befallen sind, wie Bilder der letzten Ernte zeigen.

    Anstatt weiß zu sein, ist der Stamm im Inneren durch einen Pilzbefall mehrere Meter rot und faul, was den Wert massiv senkt. Deshalb sieht Büttner für die Fichte in diesen Breiten keine Zukunft, „sie ist schlecht wachsend und wirtschaftlich nicht sinnvoll“. Da momentan „der Rohstoff Holz den Wert hat, der ihm zurecht zusteht“, lassen sich dennoch halbwegs gute Preise erzielen. So kann man das relativ schlechte Holz für rund 45 Euro pro Festmeter verkaufen – für einen gesunden Festmeter würde man 100 Euro erhalten – ohne in den defizitären Bereich zu rutschen.

    Genau aus diesem Grund möchte man jetzt den Waldumbau vorantreiben. Etwa 20 Prozent der 732 Hektar Waldfläche der Stadt Ostheim sind mit Nadelbeständen bepflanzt. Rund 150 Hektar müssen also in Zukunft durchforstet und umgebaut werden.

    Die Naturverjüngung wird mit Laubbäumen aus eigenem Bestand durchgeführt. Besonders auf die sich auch natürlich ausbreitende Rotbuche wird dabei gesetzt. Konkret bedeutet der Umbau, dass die Nadelbestände ausgelichtet werden, so dass die jungen Laubbäume am Boden genug Platz und etwas Licht bekommen, gleichzeitig durch die bestehenden Nadelhölzer aber noch geschützt werden.

    Gerade die Buche liebe in den ersten zehn bis 15 Jahren den Schatten, weshalb sie sich besonders für den Umbau eigne. Man gehe dabei „gezielt und systematisch vor“, erklärt Büttner und konnte den Fortschritt des Umbaus auf einer Fläche anschaulich machen, wo die Maßnahme vor 20 Jahren durchgeführt wurde. Dort sind die Rotbuchen mittlerweile so hoch gewachsen, dass nach und nach die letzten Fichten geerntet werden können. Dieser Waldumbau ist zusätzlich attraktiv, da er durch ein Förderprogramm des Freistaates bezuschusst wird.

    Ein großes Problem stellt der Wildverbiss dar. „Rehe sind wahre Naschkatzen“, weiß Büttner aus seiner Erfahrung zu berichten. Aber auch Mäuse nagen an der Rinde von Jungbäumen. Schutzmaßnahmen für die Wildlinge, wie Umzäunungen, Schutzkappen oder natürliche Schutzmittel, z.B. Schafswolle, kommen besonders durch die damit verbundene Arbeitszeit unheimlich teuer. Chemische Mittel sind schon aufgrund der Zertifizierungsauflagen keine Option. „Hier sind die Jäger gefordert“, setzte der Förster seine Hoffnungen in den Jagdpächter.

    Insgesamt sei der Wald auch dazu da, um Geld zu verdienen, stellte der Förster bilanzierend fest. Dies gehe jedoch nur, wenn dieser nicht ausgebeutet, sondern nachhaltig bewirtschaftet werde. „Wo nicht gewirtschaftet wird, ist das Ende des Waldes sicher“, so Büttner. Die Bewirtschaftung sichere den gesunden Fortbestand und auch die natürliche Artenvielfalt im Wald.

    Als „integrierten Naturschutz“ bezeichnete er dabei die Vorgehensweise bei der Wirtschaftlichkeit und Erhalt von besonderen Pflanzen Hand in Hand gehen. Als Stadtrat habe man es in der Hand, die Waldbewirtschaftung in dementsprechende Bahnen zu lenken. Dabei solle man nicht auf die Versprechungen von Firmen, Aktionären oder Hedge-Fonds herein fallen, die zwar große Gewinne versprechen jedoch keinerlei Nachhaltigkeit bieten, schloss der Förster die Waldbegehung ab.

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