Nach allem, was man von den Besuchern der Aufführung von der „Hochzeit des Figaro“ hörte, hatten sie sich köstlich amüsiert über diese Inszenierung der drei Regisseure Stefan Brandstädter, Thorsten Dathe und Andreas Schubert, die sie auf den Rasen der Bühne des „Naturtheaters Friedrich Schiller“ gebracht hatten.
Gespielt wurde die von Gerd Sprenger modernisierte Fassung von „Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit“ von Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais aus dem 18. Jahrhundert. Die Handlung wurde einem breiten Publikum durch die Übernahme des Stoffs in Mozarts Oper „Figaros Hochzeit“ bekannt.
Ein Besucher aus dem fernen Würzburg wollte gar nicht glauben, dass diese hinreißend komische Inszenierung von Laiendarstellern getragen wurde, von Laien-Regisseuren und auch von den vielen anderen Helfern hinter und neben der Bühne. Die Regie musste ein Stück für die Guckkastenbühne mit vielen Interieur-Szenen an die Naturbühne anpassen, vor allem aber auch das Tempo der voraneilenden Handlung auf die Weiträumigkeit der Bauerbacher Bühne übertragen.
Dank der geschickt angeordneten Kulissenwände, das Innere eines Raums mit vielen Türen und Fenstern darstellend, konnten die raschen Szenenwechsel mit der nötigen Rasanz erfolgen.
Herrlich temperamentvoll
Thomas Voigt verkörperte herrlich temperamentvoll den schlitzohrigen Figaro, Andreas Schubert mit Einfühlungsvermögen und ausgeprägter Mimik den weibertollen Grafen Almaviva. Sascha Gössinger mit schwarzem Vollbart spielte mit Genuss die groteske Rolle eines pubertierenden Jünglings, Stefan Brandstädter mit großartiger Pantomime und expressivem Sprechduktus nicht weniger spielfreudig den sarkastischen Arzt Bartholo.
Silvio Biedermann erinnerte als Musiklehrer Bazile an einen Revolver tragenden Mafioso, der zugleich spionieren, reimen und zynische Bemerkungen machen musste und alle diese divergierenden Rollen in sich vereinte. Rudolf Ledermann gab der Rolle des sprachgehemmten, aber pompös auftretenden Dorfrichters Don Gusman das gewünschte komische Format.
Und nun erst die Frauen! Abgesehen davon, dass es bildhübsche Darstellerinnen waren - Jessica Meier als Susanne, Aileen Rosenberg als Gräfin, Jasmin Fritsch als Fanchette und Sarah Häußler als charmanter Geist der guillotinierten Königin Marie Antoinette -, so standen die Damen den Herren auf der Bühne an Spiellust, Ausstrahlung, Rollensicherheit und Bühnenpräsenz in nichts nach.
Den Höhepunkt an komödiantischer Ausstrahlung boten zweifellos Sarina Schielke als heiratswütige Wirtschafterin Marceline und Alexander Parzeller als der ewig besoffene, trotzdem gewitzte und herrlich komische Gärtner Antonio.
Fast mit Selbstverständlichkeit, möchte man sagen, fügten sich auch die Nebenrollen in diese geschlossene schauspielerische Leistung ein, und nicht zu vergessen die zuverlässig funktionierende Technik und auch die große Aufmerksamkeit der Souffleuse Gisela Thomas.
Mit einem solchen Personal konnte man eine große Inszenierung bewerkstelligen, konnte die passenden Kulissen anfertigen, konnte ein ansprechendes Faltblatt und Plakate drucken, konnte Musik, bezeichnenderweise aus Rossinis „Barbier von Sevilla“ und Mozarts „Figaros Hochzeit“ aussuchen.
Schluss mit moderner Botschaft
Und dann war da noch der von der Vorlage abweichende Schluss, mit dem die Handlung eine durchaus moderne Wendung in Richtung sexueller Emanzipation der Frau fand: Die Gräfin wagt es, ihre erotischen Ansprüche lauthals zu verkünden: Die Peitsche für ihren geliebten Cherubin habe sie schon bereit. Ihr Gatte, der Graf konnte nur noch staunen.
In dieser Komödie ging es in erster um die Liebe, und zwar um die sehr handgreifliche. Nix mit platonischem Verzicht. Doch das gesellschaftskritische Moment hatten die Regisseure keineswegs ganz ausgeklammert, wie es bereits bei Beaumarchais sehr deutlich angelegt war.
Noch eins drauf setzte die Schlussmusik, die die Zuschauer am Ende hinausbegleitete und bei dem das Wort „geil“ geradezu eine inflationäre Häufigkeit erfuhr. Und tatsächlich war ja alles „geil“ von den Schauspielern über das Bühnenbild bis hin zur Bewirtung in der Pause und dem musikalischen Schluss.
Spätestens jetzt dämmerte es den Besuchern: In der Tat, um Geilheit ging es in dem Stück tatsächlich, handfeste sexuelle Geilheit, wenn auch auf die Ebene geschmackvoller Kunst sublimiert.
Wer das Stück noch nicht gesehen hat, dem sei sehr die letzte Aufführung am 23. Juli zum Besuch empfohlen. Sie beginnt um 19.30 Uhr.