(tk) Bei den regionalen Experten zum Thema Psychosomatik schrillen die Alarmglocken. Die Zahlen der psychischen Erkrankungen steigen deutschlandweit an. Der Anstieg der Ausfalltage wegen psychischer Leiden in den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld betrug laut einer Erhebung der Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK) 45 Prozent.
Demgegenüber besteht nach Ansicht der Fachleute eine dramatische Unterversorgung in diesem Bereich. Joachim Galuska, Geschäftsführer der Heiligenfeld Klinik in Bad Kissingen, spricht sogar von einer „unterversorgten Republik“. Nirgendwo herrsche eine ausreichende Versorgung. Bei den Krankenkassen gäbe es eher die Tendenz, finanzielle Anreize für Psychologen eher noch zurückzufahren.
Für Galuska ist es wenig verständlich, dass es kein Problem ist, bei Zahnschmerzen umgehend einen Zahnarzt zu finden. Wenn es aber um psychische Leiden geht, werden die Patienten oft mit monatelangen Wartezeiten konfrontiert. So nennt er für seine Klinik konkrete Zahlen. Den 77 Behandlungsplätzen steht eine Warteliste von über 400 Personen gegenüber.
Diese dramatische Einschätzung teilt auch seine Fachkollegin Elisabeth Lamprecht. Sie kann maximal einen neuen Patienten pro Woche neu zur Behandlung annehmen. „Anfragen haben wir drei bis vier pro Tag“, meint die in Bad Kissingen tätige Psychotherapeutin.
Aus Anlass der „Woche der seelischen Gesundheit“ haben sich nun regionale Profis aus dem Bereich Psychosomatik zusammengefunden, um ein „Psychosomatisches Versorgungsnetz“ aus der Taufe zu heben. Ziel soll es dabei sein, durch koordiniertes Zusammenwirken die Hilfe für Menschen mit Depressionen oder Burn-Out zu verbessern.
Dabei soll eine „offene Sprechstunde“ entstehen, ein Netzwerk von fünf Psychotherapeuten aus der Region Main-Rhön. Bernhard Hamelbeck, Bert Kowalzik, Ingrid Dathe, Elisabeth Lamprecht und Günter Wimschneider sind die aktiven Beteiligten an dem Netzwerk. Betroffene können sich allerdings nicht direkt an die „offene Sprechstunde“ wenden. Dazu ist die Überweisung durch einen Hausarzt notwendig.
Die Ziele des Netzwerkes sind ehrgeizig. Alle Beteiligten verpflichten sich zu einem humanistischen und ganzheitlichen Menschenbild. Sie wollen Patienten so behandeln, wie sie in einer vergleichbaren Situation selbst behandelt werden wollen.
Dabei soll für alle Beteiligten – Patienten, Leistungserbringer und Kostenträger – eine vorteilhafte Situation entstehen. Denn eines ist allen klar: Die Folgekosten psychischer Erkrankungen sind für die Allgemeinheit enorm.
Bis 14. Oktober gibt es noch tägliche Veranstaltungen von Vertretern des Netzwerks. Im Foyer des Landratsamts Bad Kissingen findet man eine Ausstellung zum Thema. In Bad Neustadt folgt am Freitag eine Veranstaltung im Point Center. Ab 18.30 Uhr widmet sich dort Ulrich Jüdes Gedanken zu „Entspannung und Achtsamkeit – Grundlagen seelischer Gesundheit“.
ONLINE-TIPP
www.psychosomatische-versorgung.de