Vom Gärtnern mit dem Mond, dem 100-jährigen Kalender, dem richtigen Timing von der Landwirtschaft über Körperpflege bis zum ersehnten Diät-Erfolg - für nahezu jedes Thema, das die menschliche Seele bewegt, verspricht einschlägige Literatur den richtigen Weg zum Erfolg.
"Leben mit den Mondphasen" heißt der Geheimtip so genannter Experten, die den Markt mit immer neuen Ratgebern überschwemmen. Gerade in den letzten Jahren hat sich das Thema Mondphasen zu einem Trend entwickelt, der nach einem Boom in den 30er Jahren heute seine Renaissance erlebt.
Immer mehr Menschen werden vom Mysterium Mond in seinen Bann gezogen. Darunter auch Hobbygärtner, die sich von den Ratschlägen ein üppiges Grün im Garten und noch größere Früchte der Arbeit erhoffen.
Unklarheiten allerdings stehen nach wie vor im Raum. Ist überhaupt mein Kalender der richtige? Kann ich mich auf die Angaben darin verlassen, die so großen Erfolg versprechen? Was tun, wenn es gerade an einem "idealen Pflanztag" wie aus Kannen schüttet? Im Schlamm wühlen, damit das Timing trotz allem stimmt?
Fragen über Fragen, die der Obst- und Gartenbauverein Hendungen für interessierte Gartenfreunde ausgeräumt haben wollte. Und so harrten nun deren 60 gespannt auf die Aussagen von Dr. Hartmut Spieß.
Der als Referent geladene Agrarwissenschaftler stellte allerdings gleich zu Beginn des Vortrags eines fest: "Es gibt kein Patentrezept." Keinen Tipp also, wie die Kartoffeln am besten wachsen. Statt dessen folgte ein durch 15-jährige Forschungsarbeit untermauertes Plädoyer pro und kontra Gärtnern mit den Mondphasen. 15 Jahre intensiver biodynamischer Forschungen, in denen er versucht habe, auch die in den Kalendern weit verbreiteten Thesen mit dem Auge eines Wissenschaftlers zu betrachten.
Was dabei ans Licht kam, sollte auf viele der Hobbygärtner ziemlich ernüchternd wirken, hatten sie doch in der Vergangenheit voller Zuversicht auf ihren Mondphasen-Kalender vertraut. Denn schon zwischen eben diesen Schriftstücken entdeckte Dr. Hartmut Spieß Diskrepanzen, die sich in den unterschiedlichen Beurteilungen der Sternbilder von Astrologen und Astronomen begründen.
Klar sei einzig und allein, so der Referent, dass es zwischen dem Mond und dem Leben auf der Erde zweifellos eine enge Verbindung gibt, dass der so genannte synodische Mondumlauf das Pflanzenwachstum beeinflusst. Ebenso wie er verantwortlich sei für die riesigen Kräfte, die beispielsweise bei den Gezeiten auf unsere Umwelt wirken. Trotzdem die Intensität des Mondlichtes nur 500 000 mal schwächer ist als die der Sonne.
"So lange die Menschen den Ackerbau betreiben, so lange schauen sie in den Himmel auf der Suche nach Regeln", erinnerte der Referent aus Bad Vilbel an die Anfänge. Schon die Kelten hätten vor rund 4 500 Jahren diesen Rhythmus berücksichtigt. Die Aussaat-Regeln, die zur Zeit Karl des Großen um 900 entstanden, besitzen noch heute ihre Gültigkeit. Und auch die zahllosen Bauernregeln zeugen von der engen Verbundenheit ihrer Arbeit mit dem Wandel der Natur.
Alte Erkenntnisse, die in den neuen Büchern in aufgearbeiteter Form wieder zu finden sind. Kaum neue wissenschaftliche Erkenntnisse sind indes darunter, bedauert Dr. Spieß. Erkenntnisse, die beispielsweise er selbst bei seinen Forschungen gewonnen hat und die "scheinbar die Regeln der Mondkalender auf den Kopf stellen". Den Grund für daraus entstehende Unsicherheiten sieht er in den wissenschaftlich noch immer unzureichend ergründeten Einflüssen der verschiedenen Mondphasen.
"Der Mond hat Einfluss auf das Pflanzenwachstum", gab er denn abschließend seine Theorie preis. "In ein Schema pressen lässt sich das Ganze allerdings nicht." Kein Patentrezept also, dafür aber ein abschließender Tipp des Agrarwissenschaftlers, dessen sich ein jeder Hobbygärtner getrost annehmen darf: "Mit Liebe wächst viel, mit dem Mond nicht alles."
Der Weg für die Zukunft liege darin, seine eigenen Beobachtungen zu machen und zu werten. Denn nicht jeder Ratschlag im Mondkalender ist Gold wert, wie sich im Laufe des Abends herausgestellt hat. Das grüne Händchen und die Erfahrungen des Hobbygärtners indes bleiben ein wichtiges Mosaiksteinchen auf dem Weg zum Erfolg.