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MELLRICHSTADT: Ein historisches Kleinod verfällt

MELLRICHSTADT

Ein historisches Kleinod verfällt

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    Das einstige Badehaus, in Peter Kliers Zyklus „Altstadtzauber“ kurzzeitig zu neuen Ehren gekommen, ist ein altes, vom Mühlenweg aus erreichbares unscheinbares Häuschen hinter der Eichersmühle. Besitzer der Ruine ist Müller Andreas Wirsing. Gerhard Schätzlein, bekannt für sein Interesse an der Grenzgeschichte, hat der Anblick des zerfallenen geschichtsträchtigen Gebäudes bestürzt.

    Der Putz bröckelt an der Giebelfront und gibt den Blick auf das darunter liegende Fachwerk frei. Die Ostseite ist ganz aus behauenen Sandsteinen errichtet, die Ecksteine sind sorgfältig bearbeitet. Das Hohlziegeldach darüber ist marode. Durch ein großes Loch an der Nordostecke können Wind und Wetter ebenso ungehindert eindringen wie durch die leeren Fensterhöhlen.

    „Wer sich die Mühe macht, das Gebäude vom Westufer der Streu aus zu betrachten, wenn die Bäume und Sträucher noch kein Laub tragen, wird überrascht feststellen, dass das Bauwerk aus zwei Stockwerken besteht“, beschreibt Schätzlein. Das Erdgeschoss ist aus Stein, der erste Stock aus Fachwerk aufgeführt. Eine alte Eisentür hängt halb offen in den Angeln. Sie gibt den Blick frei auf allerlei Gerümpel. Die einzige Besonderheit ist das romanische Rundbogenportal dieser Türe, die direkt hinaus an die Streu führte, beschreibt der Willmarser das Häuschen bis ins Detail.

    Reinigung und Vergnügen

    Hier holte der Bader früher sein Wasser für die Wannenbäder, die den Bürgern der Stadt geboten wurden. An Sommertagen werden Männlein und Weiblein sich auch in der Streu getummelt haben. „Wer weiß heute noch, dass im Mittelalter die Badstuben nicht nur in den Städten, sondern auch in den größeren Dörfern wie Stockheim, Ostheim und Bastheim den Besuchern Reinigung und auch Vergnügungen boten?“, stellt Schätzlein als Frage in den Raum.

    Seit dem 12. Jahrhundert wurden Badstuben erst in den Städten, dann auch in allen größeren Orten eingerichtet. Ausgelöst wurde diese Entwicklung unter anderem von der aus den arabischen Ländern herrührenden Badekultur, die durch die Kreuzzugsteilnehmer aus dem Orient mitgebracht wurde.

    Die Badstuben waren zentrale Einrichtungen, und der Betreiber eines solchen Hauses war, wie die Häufigkeit des Familiennamens Bader lehrt, eine für das städtische Leben charakteristische Person. In den Badehäusern wurde ein vielfältiger Service geboten. Hier wurden die Haare und der Bart geschnitten, hier konnte man zur Ader gelassen und anderweitig medizinisch behandelt werden.

    Das gemeinsame Wannenbad zielte weniger auf die Körperhygiene; Baden war in erster Linie ein gesellschaftliches Ereignis und diente der Begegnung und Unterhaltung. In einer Badstube konnte man Geselligkeit und womöglich eine gewisse Libertinage erwarten.

    Sieben Jahrhunderte überdauert

    Bis ins 14. Jahrhundert lässt sich die Geschichte der Mellrichstädter Badstube zurückverfolgen. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente das alte Badhaus als Unterkunft für sozial Schwache. Es bekam den Namen „die Gockelsburg“. Seitdem wurde das Haus nicht mehr bewohnt. „Man muss sich wundern, dass das alte Gemäuer überhaupt noch steht“, so Schätzlein.

    Auch Rudolf Mauder, Leiter des Mellrichstädter Heimatmuseums Salzhaus, sorgt sich um das alte Gemäuer. „Das Badehaus ist eines der ganz wenigen alten Bauten in Mellrichstadt“, sagt Mauder. Da der Verfall des Hauses bereits weit fortgeschritten ist, dränge die Zeit, die noch bestehende Bausubstanz zu schützen. „Das Häuschen sollte mehr Beachtung erfahren und seine Bedeutung in den Köpfen der Bevölkerung verankert werden“, so Mauder.

    Heute in Privatbesitz

    Stadt und Landkreis berufen sich laut Gerhard Schätzlein darauf, dass das Gebäude in Privatbesitz ist, wenn sie auf die Zukunft des Badehauses angesprochen werden. Der Besitzer würde das Gebäude nach Auskunft von Schätzlein am liebsten abreißen lassen. Die Bevölkerung nimmt den maroden Zustand des Häuschens kaum noch zur Kenntnis, und ob das Landesamt für Denkmalpflege schon auf die Badstube hin angesprochen wurde, entzieht sich der Kenntnis des Willmarser Geschichtsfreundes.

    „Warum denkt eigentlich niemand daran, die Badstube ins Freilandmuseum zu übertragen?“, gibt Gerhard Schätzlein als Frage aus. Eine Antwort könnte sein, dass der schlechte Zustand des Hauses ein solches Unterfangen gar nicht mehr zulässt.

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