Der "DenkOrt Deportation 1941 bis 1945" hat den Stadtrat Bad Königshofens schon mehrmals beschäftigt, bisher gab es aus finanziellen Gründen keine Mehrheit für die Beteiligung der Stadt an dem Mahnmal.
Wie auf einem historischen Foto zu sehen ist, gedenkt man am Würzburger Hauptbahnhof der vom nahen Güterbahnhof Aumühle aus deportierten Juden, die ihr Großgepäck wie Koffer, Rucksäcke und Deckenrollen auf dem Bahnsteig ablegen mussten. 109 jüdische Gemeinden gab es damals in Unterfranken, eine davon in Königshofen, wovon eine ehemals prächtige Synagoge und der bis heute erhaltene jüdische Friedhof zeugen. Alle sollten sich nach Meinung der Initiatoren, dem Verein "DenkOrt Deportationen e.V.", an dem Mahnmal beteiligen. Am 17. Juni 2020 wurde es offiziell eingeweiht.

Ein Gepäckstück sollte aus witterungsbeständigem Material hergestellt werden, die Kopie davon würde in jeder Gemeinde zur Erinnerung an die Entrechteten, Entpersonalisierten und Ermordeten verbleiben. Rund 80 Kommunen haben sich bisher beteiligt, jetzt kommt auch Bad Königshofen dazu. Renate Knaut, pädagogische Leitung der Vhs Rhön und Grabfeld, und Museumsleiter Andreas Rottmann können sich nicht erinnern, wer die Idee zuerst hatte, als sie über neue Themen für die regelmäßig innerhalb der Ferienprogramme des jukunet (Netzwerk für Jugendkultur) stattfindenden Kulturprogramme, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert werden, nachdachten. "An den Finanzen sollte es nicht scheitern", sagte Rottmann. Es entstand der mehrtägige Talent-Campus "Ein Koffer reist ins Ungewisse – unsere Zwillingskoffer für den DenkOrt Deportation", innerhalb des Osterferienprogramms unter der Leitung von Alexandra Laske und Jennifer Kunstreich für Kinder ab acht Jahren. Die Kosten übernimmt dafür das Programm "Kultur macht stark".
"Die Kinder waren sehr interessiert und offen, zumal das Thema in der Schule noch nicht behandelt wurde."
Alexander Laske, Leitung Osterferienprogramm
Die Frage stellte sich, wie man ein schweres Thema kindgerecht erzählt, dabei half vor allem der Film "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl", den die Teilnehmenden in Etappen anschauten. "Die Kinder waren sehr interessiert und offen, zumal das Thema in der Schule noch nicht behandelt wurde", berichtete Laske, die den Kurs vor Ort leitete, während Kunstreich online für den theoretischen Teil zugeschaltet war. Was würden die Kinder einpacken, wenn sie nur ein Gepäckstück auf dem Weg zu einem unbekannten Ziel mitnehmen dürften? Als konkretes Beispiel wurde das Schicksal der Familie Hofmann aus Königshofen betrachtet. Nur dem ältesten Sohn war es schon 1938 gelungen, in die USA auszuwandern. Die Familie musste zunächst nach Kleinbardorf umziehen, am 25. April 1942 wurde sie einem Deportationszug zugeteilt.

Ein Kinderkoffer aus Beton mit einer durchsichtigen Plexiglasscheibe entsteht während des Talent-Campus, was hineingelegt wird, müssen die Kinder noch entscheiden. Vielleicht ein Kuscheltier oder lieber Kleidung zum Wechseln? In den Beton soll eine der Fliesen eingelegt werden, die von der Synagoge noch übrig sind und im Museumskeller lagern. Bürgermeister Thomas Helbling, der den DenkOrt einmal besichtigt hat, überzeugte sich im Garten des Vhs-Hauses gemeinsam mit Knaut und Rottmann von den Fortschritten der Gestaltung. Da der Beton noch einige Zeit trocknen muss, wird es während der Pfingstferien einen Anschlusstermin geben, an dem die Zwillingskoffer ihren letzten Schliff erhalten.
Wie der Bürgermeister mitteilte, wird der in der Stadt verbleibende Koffer wahrscheinlich hinter dem Rathaus, auf dem Hafenmarkt, aufgestellt werden. Der Verein für Heimatgeschichte im Grabfeld erstellt dazu eine Hinweistafel.