Am 2. Juni 1902 wurde die Bäckerzwangsinnung Neustadt/Saale aus der Taufe gehoben. Erster Obermeister war der aus Merkershausen bei Königshofen stammende Emmeran Kirchner. Er hatte 1892 die Bäckerei am Markt in Bad Neustadt erworben. Dort gibt es nachweislich seit 1720 eine Gemeindebäckerei mit Ausschank.
Weitere Niederschriften aus den Anfangstagen der Bäckerinnung Bad Neustadt sind heute nicht mehr vorhanden, weiß Ehrenobermeister Günter Stegner aus Bad Königshofen, der in den vergangenen Jahren die Chronik der Bäckerinnung zusammengestellt hat. Erst ab 1920 finden sich wieder Unterlagen. Der damalige Obermeister war Adolf Stahl (Neustadt). Die Innungsmitglieder, insgesamt 28 Bäckermeister, kamen aus Neustadt (Adolf Stahl, August Herbst, Vierheilig, Johann Behrmann, Emmeran Kirchner, Nöth Ludwig und Franz, Josef Zoll, Karl Walk, Volkheimer), Bischofsheim (Martin Voll, Kilian Kuhn, Fabian Dikas, Maria Pfraum), Brendlorenzen (Linus Laudenbach), Oberelsbach (Wethmüller), Hollstadt (Johann Reiher, Josef Sterzinger), Unterweissenbrunn (Reder), Unsleben (Wilhelm Hofmann, Johann Röttinger), Niederlauer (Stefan Wolf), Wargolshausen (Balthasar Büttner), Wollbach (Heinrich Manger, Gensler), Sondernau (Krenzer) und Heustreu (Steinmüller).
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Steigerung der Mitgliederzahlen. Waren es 1920 noch 28, so steigerte sich die Zahl ein Jahr später auf 32, dann 35 und 1925 waren es schon 43 Mitglieder. Am Jahresende 1926 hatte die Bäckerinnung Neustadt 47 Mitglieder. 1922 kam eine Teuerungswelle. Ein Zentner Mehl kostete 2500 Mark, sechs Pfund Brot 150 Mark, der Backlohn lag bei 10 Mark. 1927 wurde Franz Nöth Nachfolger von Obermeister Adolf Stahl, der aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat.
Recht spärlich sind dann die Niederschriften in den Jahren von 1927 bis 1933. Am 1. Februar 1946 ist nachzulesen, dass Edmund Bader zum Obermeister gewählt wurde, sein Stellvertreter war Wilhelm Hofmann (Unsleben), Schriftführer Karl Zoll (Neustadt) und Kassenführer (Büttner aus Salz). Kaum Unterlagen gibt es bis zum Jahre 1973. Damals war Otto Zoll Obermeister, sein Stellvertreter, Günter Stegner, kam aus Königshofen. Der übernahm am 30. März 1976 als Obermeister die Innung, die nach der Gebietsreform die Bäcker aus Rhön-Grabfeld vereinigte. Sein Stellvertreter wurde Wilhelm Wehner (Bad Neustadt), Lehrlingswart wurde Hubert Schirber und Schriftführer Walter Hofmann (beide aus Unsleben).
Schon damals gab es die jährliche Brotprüfung. Die wurde im Jahre 1978 durch die Einladung der Hausfrauenverbände des Landkreises aufgelockert. Nach der Prüfung gab's für die Damen von den Bäckerkollegen Kaffee und Kuchen "was ein sehr gutes Echo fand", heißt es in der Niederschrift. 1979 waren die Bäcker auf der ersten Rhönausstellung in Bad Neustadt, wobei aus dem Überschuss an Weihnachten eine Christstollenspende an die Frauenverbände des Landkreises verteilt werden konnte. Am 12. September 1953 ließ die Bäckerinnung Rhön-Grabfeld bei einem Gottesdienst ihre neue Fahne segnen, die auf der einen Seite das Bäckerzeichen sowie die Namen und Wappen der drei Altlandkreise zeigt.
In der von Günter Stegner in mühevoller Kleinarbeit zusammengestellten Bäckerchronik findet man auch Informationen aus der Innung von Ostheim, die es 1926 neben den Innungen Mellrichstadt und Königshofen gab. Die interessant gestaltete Chronik gibt Einblicke in die Ausflugsfahrten, aber auch über die Deutsche Bäckerzunft und über Mühlen im Landkreis Rhön-Grabfeld. Der Chronist hat dazu vielfältiges Bildmaterial gesammelt und zeigt zum Beispiel Brot- und Mehlkarten von 1922, Eier und Fettkarten, aber auch eine Raucherkarte und verschiedenes Notgeld aus Bischofsheim, Bad Brückenau, Königshofen und Ostheim.
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Preisspiegel von 1923, als die Inflation ihren Höhepunkt erreicht hatte. Der Stundenlohn lag damals bei 120 Milliarden Mark, ein Liter Bier kostete 80 Milliarden, ein Essen 100 Milliarden, eine Zigarre 30 Milliarden und ein Pfund Fleisch 200 Milliarden.
All diese Informationen hat Günter Stegner in einem kleinen Heft zusammengefasst, das bei der 100-Jahrfeier am Samstag in Heustreu (Beginn 18 Uhr) für eine Schutzgebühr von 10 Euro erworben werden kann. Dort sind auch Ehrungen der Altmeister vorgesehen, es gibt Grußworte der Ehrengäste und ein gemeinsames Festessen.