Neben den alten Mauern und der beschaulichen Idylle gibt es für den Besucher in und um das Schloss aber noch mehr zu entdecken. Denn während dem Hausherren, Dr. Johannes Hofer, vorrangig der Erhalt der historischen Bausubstanz am Herzen liegt, hat sich Sohn, Dr. Hans Joachim Hofer, der zeitgenössischen Kunst verschrieben.
Die Rast auf einer Reise
Ihm geht es darum, nicht nur „Bröckelndes“ zu restaurieren, er möchte es „revitalisieren“. Hofer selbst interessiert sich nicht nur für Gegenwartskunst, er ist seit den 80er Jahren auch selbst künstlerisch tätig. Dabei sind es vor allem Skulpturen, die ihn faszinieren. „Eine Skulptur“, so der 1945 geborene englische Landart Künstler Richard Long , „ist wie die Rast auf einer Reise“.
Dieser Ausspruch ist auch für Hofer sinngebend. So gründete er 2003 eine Stiftung, um zumindest im kleinen Rahmen junge Künstler fördern zu können. Fast gleichzeitig entstand der erste Abschnitt des Skulpturenwegs entlang der Barget, wo inzwischen acht Kunstwerke ihren Platz gefunden haben, darunter drei des Stiftungsgebers selbst.
Den Besucher führt der Weg zunächst durch eine verwunschene Scheune hinaus auf eine große Obstbaumwiese, an deren Ende ihn vier im Halbkreis angeordnete Steinquader unterschiedlicher Größe erwarten. „ SULLE ALI DELLE CANZONI TI PORTO VIA“ lautet der Text, was der Anfangszeile eines Gedichts von Heinrich Heine (Auf den Flügeln des Gesanges......) entspricht. Für Hofer ist das Werk eine Liebeserklärung an die Welt der Künste, besonders die der Musik, die anders als Malerei oder Bildhauerei die Welt nicht darstellt, sondern nur sinnlich erfassbar macht.
Im Kern, so Hofer, ist Musik reine Mathematik, berechenbare Luftschwingung, deren Frequenzen sich nach physikalischen Regeln überlagern und die doch eine Magie ausübt, der sich kaum ein Mensch entziehen kann. Das Schriftbild der Steintafeln ist dem der Sandsteintafel über dem Renaissancetoren des Schlosses nachempfunden, so dass sich hier für den Künstler eine Verbindung zwischen Altem und Neuem ergibt. Das „Lied der Stille“ entfaltet seine volle Wirkung übrigens erst in der Nacht. Lang leuchtende Fluoreszenz-Pigmente lassen die Steine noch in der Dunkelheit leuchten und ihre Melodie nachklingen.
Ein weiteres von den Ausmaßen her imponierendes Werk findet sich auf der anderen Seite der Barget, die man mittels kleiner Bogenbrücken überschreiten kann. Zusammen mit Matthias Hübner gestaltete Hofer aus Granitplatten „Steine der Stille“, auf denen in keltischer, merowingischer, jüdischer und deutscher Sprache Sätze und Gedanken aus Bibel, Talmud und von Martin Niemöller, dem von den Nazis inhaftierten evangelischen Theologen, eingraviert sind.
Es ist eine Erinnerung an die verschiedenen Kulturen, die in der Vergangenheit Kleinbardorf geprägt haben, aber auch an Hofers Großeltern, die während des Krieges in Berlin einer Jüdin halfen, die Zeit der Verfolgung zu überstehen. Die Steine sind in einem Drittelkreis ausgerichtet, wie ausgebreitete, schutzbietende Arme, Schutzsteine, die auch ein Appell an die Zivilcourage der Menschen sein wollen, sich gegen Unrecht zur Wehr zu setzen. Hofers Arbeiten gewähren immer wieder Einblick in Ereignisse, die den Künstler persönlich bewegt haben. Dazu gehört auch die „Reise durch die DDR“, eine Komposition aus Muschelkalk, Marmor, Miltenberger Buntsandstein, Granit und Stahl, eine Erinnerung des Künstlers an den Umzug der Familie, nur kurz nach dem Mauerbau, von Berlin nach Düsseldorf, bei dem das Umzugsgut nur in verplombten Lastwagen transportiert werden durfte.
Der Weg entlang der Barget lässt den Besucher immer wieder Neues entdecken. Viele der Skulpturen sind so in die Natur integriert, dass man sie je nach Lichteinfall unterschiedlich wahrnimmt. Da sind die „Laufenden Pilger“ des Osnabrücker Bildhauers Franz Brune, deren Beine über den Kies zu hasten scheinen.
„Der Herrscher“ , eine 96 Zentimeter hohe Bronzeskulptur des Berliner Künstlers Jochen Schamal, gibt kopflos und aufgebläht ein Zerrbild dessen, „der immer auf dem Wahlzettel steht, aber nie gewählt wird“. Im Wind wiegen sich die fliegenden Hummeln von Stefanie Welk, auf deren Edelstahlflügeln sich das Sonnenlicht reflektiert und den Eindruck eines aufsteigenden schwebenden Gebildes gibt, das sich scheinbar schwerelos im Winde bewegt. Die Künstlerin, 1972 in Heidelberg geboren, ist mit mehreren Arbeiten auch im Taubenhaus und im lichtdurchfluteten Raum unter der Kuppel des Turms, in dem sich der Treppenaufgang zu den Räumlichkeiten des Schlosses befindet, vertreten. Hier zeigen etwa die 1996 entstandenen leuchtend roten Tangotänzer (Draht, Acrylfarben, Stein) im schwerelosen Drahtmaterial die ganze Anmut ihres Bewegungsablaufs:
Die Wanderung durch den Garten, der Besuch im völlig neu renovierten Taubenhaus und unter der Kuppel birgt viele Überraschungen für den Besucher. Dabei gibt es durchaus Darstellungen, über die mancher sich vielleicht wundert. Doch zeitgenössische Kunst will ja nicht nur schön sein, sie will auch Aussagen machen und den Betrachter zum Dialog einladen.
Übrigens kann man sich anhand einer Dokumentenmappe, die im Schloss erhältlich ist, über die einzelnen Ausstellungsstücke informieren. Wer manches ablehnt, weil er es von der Aussage her als zu konstruiert empfindet, sollte sich Zeit nehmen, die Welt dieser Skulpturen zu erspüren, die in der unmittelbaren Nachbarschaft oder als Bestandteil des Renaissanceschlosses ihren ganz besonderen Reiz entfalten.
Faszinierend ist es, wenn der Blick von der modernen Skulptur auch das Wasserschloss mit einbezieht und es plötzlich so ist, als ob alles immer zusammengehört habe.
Stichwort
Park der Skulpturen Die Besichtigung des Skulpturenwegs ist für Interessenten jederzeit möglich. Im Schloss gibt es für Besucher Informationsmappen sowohl zur Geschichte des Schlosses wie zu den Kunstwerken. Der Besuch des Ausstellungsraums im Obergeschoss und des Taubenhauses ist jedoch nur nach Anmeldung möglich Tel. (0 97 61) 20 56.