Bischofsheim
(me). Der Pflegeentlastungsnachmittag, der seit mehr als zwei Jahren von der Caritas Sozialstation in Bischofsheim angeboten
wird, ist mehr als nur Betreuung pflegebedürftiger Personen. Den Organisatoren Dagmar Haschke und Michaela Mock ist es wichtig, dass die Damen und Herren nicht nur betreut werden, sondern geistige Anregung bekommen
und Geselligkeit erleben. In den Tagen vor Weihnachten wurde ein besonderes Thema ausgewählt: Alte Spielsachen.
Michael Mock ist leidenschaftliche Sammlerin von alten Puppen, Teddys und Spielsachen aller Art. Sie hatte aus ihrem reichen Fundus jede Menge Material mitgebracht. Auch Hanns-Gernot Schonder stellte einiges an Spielzeug zur Verfügung.
Die Teilnehmer waren begeistert. „So eine Puppe hatte ich auch“, „Ich kann mich noch gut erinnern“ oder „Wenn wir nur auch so schöne Sachen gehabt hätten“, äußerten sich die Teilnehmer. Erinnerungen an die Kindheit, an vergangene Weihnachtsfeste, an ehemals heißgeliebte Puppen und Teddybären und längst in Vergessenheit geratene Puppenbabys wurden lebendig.
Michaela Mock und Dagmar Haschke verstanden es das Interesse der Teilnehmer zu wecken. Da wurden Geschichten erzählt von der Puppe, die Jahr für Jahr einige Zeit vor Weihnachten urplötzlich verschwand und erst am Heiligen Abend unter dem Weihnachtsbaum mit neuer Garderobe wieder auftauchte. Oder vom Vater, der Spielzeug schnitze. Oder auch vom Bruder, der der geliebten Puppe den Bauch aufgeschnitt, um herauszufinden, warum sie „Mama“ sagen kann. Michaela Mock informierte unterhaltsam über die Geschichte und Entwicklung des Spielzeugs. Kinderspielzeug war oft ein Spiegel der gesellschaftlichen, sozialen und politischen Anschauungen und Ereignisse. Oft wurde die Erwachsenenwelt in der Parallelwelt der Kinderstuben nachempfunden. Doch nicht jedes Kind hatte früher die Möglichkeit seine Kindheit mit Spielen zu verbringen. Für die Kinder der armen Bevölkerung bestand der Alltag aus Arbeit. Sie mussten in Haushalt und Hof helfen, betteln und Geld verdienen, um die Familie über Wasser zu halten. „Kinder waren Arbeitskräfte und sie galten als kleine Erwachsene.“ Die Eltern aus Adel und gehobenem Bürgertum ließen das Spielzeug für ihre Kinder eigens anfertigen, um so Jungen und Mädchen auf ihre späteren Aufgaben in der Gesellschaft vorzubereiten. Militärische Figuren für die Jungen, Puppen und Nähutensilien für die Mädchen. Michaela Mock hatte eine Porzellanpuppe von 1906 mitgebracht, die allseits bestaunt wurde. „Wir hatten ja nach dem Krieg nichts, nicht mal eine armselige Puppe“, wurden auch ungute Erinnerungen wach. Wie Michaela Mock informierte, wurden Porzellanpuppen mit Schlafaugen schon ab 1900 hergestellt. Die älteste Puppe überhaupt, eine Holzpuppe fand sich in einem Kindergrab der Antike. In späterer Zeit gab es Versuche Puppenköpfe aus Brotteig herzustellen, worüber sich aber nur Ratten und Mäuse freuten, dann folgten Puppen aus Pappmaché, die auch um 1950 noch üblich waren. Die Nachfolgepuppe war die Zelluloidpuppe, ganz bekannt waren die Schildkröt-Puppen. Erstaunt nahmen die Teilnehmer zur Kenntnis, dass zwischen 1860 und 1930 gut 90 Prozent der weltweiten Puppen in Thüringen entstanden. 160 Fabriken gab es in Thüringen. Aber nicht nur Puppen hatte Michaela Mock dabei, auch Holzspielsachen und sogar eine aufziehbare Spielzeugeisenbahn. Die Teilnehmer erfuhren auch, wie der Teddybär zu seinem Namen kam und was der Amerikanische Präsident Theodore „Teddy“ Roosevelt damit zu tun hatte.
Der Pflegeentlastungsnachmittag findet jeden zweiten Donnerstag im Kardinal-Döpfner-Haus statt. Dagmar Haschke, Krankenschwester und examinierte Altenpflegerin wird von der Initiative „Viele helfende Hände“ des Lioba-Vereins Bischofsheim und weiteren ehrenamtlichen Helfern unterstützt. Die Gruppe in Bischofsheim ist eine offene Gruppe, zu der man jederzeit dazukommen könne. So ein Entlastungsnachmittag ist für pflegende Angehörige gedacht, die rund um die Uhr um einen älteren Menschen, der pflegebedürftig ist betreuen. Ihnen wird hier eine Atempause geboten, damit sie wieder einmal ihren eigenen Bedürfnissen nachgehen können. In dieser Zeit ist der Pflegebedürftige im Kardinal-Döpfner-Haus bei der Sozialstation zu Gast und wird liebevoll betreut.