Beim Pfarrfamiliennachmittag in Bad Königshofen (wir berichteten) zeigte Diakon Rudolf Reuter 16 verschiedene Misereor-Hungertücher. Nun sind diese im Museum Schranne in Bad Königshofen zu sehen.
Diakon Rudolf Reuter hat sich in der Vergangenheit immer wieder mit Misereor-Hungertüchern befasst, war fasziniert von den Darstellungen und hat sie aufgehoben.
1982 war es das erste Mal, dass er mit einem Hungertuch arbeitete. Als Pastoralreferent und Diakon befasst er sich seit mehr als 25 Jahren mit dem Thema. „Sie wurden uns von Misereor als Gestaltungsmittel in der Fastenzeit an die Hand gegeben,“ fügt er an. Er erinnert sich in diesem Zusammenhang an sein pastoralpraktisches Jahr 1982 in Garitz. Damals war das Hungertuch aus Haiti herausgegeben worden.
Natürlich hat sich der Diakon mit den Themen der jeweiligen Hungertücher befasst und recherchiert, woher sie kommen und seit wann es sie gibt. Aus dem Mittelalter sind die ersten bemalten Tücher bekannt, mit denen man die Altäre in der Fastenzeit verhängt hat.
Altes und neues Testament
Mit der Zeit wurden sie mit Szenen aus der Heilsgeschichte bemalt. Ganz bekannt ist das Hungertuch von Zittau, weitere kennt man in Österreich. Dort sind Szenen aus dem Alten und Neuen Testament zu finden. Die Hungertücher waren einst vor allem auch für das Volk gedacht, in einer Zeit, als viele noch nicht lesen konnten. Anhand dieser bemalten Tücher wurde in der Fastenzeit dann das Leiden und Sterben Jesu erläutert. Heute will man mit dem Verhängen von Kreuzen und Bildern die Menschen dazu anregen, über die Heilsgeschichte nachzudenken und sie auf Ostern vorbereiten.
Auch der Diakon nutzte dies und nahm diese Hungertücher mit in den Religionsunterricht und befasste sich im Kommunion- und Firmunterricht damit. Sogar Kreuzwege wurden damit gestaltet und es wurden Hungertücher bei Frühschichten und Meditations-Gottesdienste mit eingesetzt. Die Misereor- Tücher der vergangenen Jahre wurden von Menschen aus verschiedenen Ländern gestaltet. Die Idee dazu wurde 1976 von Kardinal Frings ins Leben gerufen, weiß Reuter. Sie verwiesen jeweils auf die besonderen Notsituationen im jeweiligen Land. So auch das Hungertuch aus dem Jahr 2004, das wie ein großer Bildschirm gestaltet ist, auf dem man verschiedene Zeichen anklicken kann. Einfache Frauen aus christlichen Gemeinden haben hier versucht, ihre Lebenssituation und ihr Verständnis der christlichen Botschaft darzustellen.
Im Jahr 2000 gestaltete ein Künstler das Hungertuch aus Indonesien. Er stellte dort Gefängnisse dar, Kirchen und Moscheen in Flammen als Hinweis auf die Verfolgungssituation und auch demonstrierende Menschen. 16 Hungertücher aus den verschiedenen Ländern der Erde hat Reuter gesammelt und damit die Besucher der Ausstellung beeindruckt. Die fanden es nämlich ganz interessant, noch einmal auf die verschiedenen Situationen der jeweiligen Länder hingewiesen zu werden.
Faszinierend seien die Farben, aber auch die unterschiedliche Weise, in der die jeweiligen Künstler die verschiedenen religiösen Themen verarbeitet haben. Die verschiedenen Darstellungen hat Diakon Reuter deshalb auch beschriftet und dabei die einzelnen Darstellungen erläutert. Hungertücher sollen den Menschen in Deutschland etwas von der Lebenssituation anderer Menschen in den Ländern vermitteln, in denen Misereor aktiv ist und Projekte als Hilfe zur Selbsthilfe laufen.
Fragt man Rudolf Reuter nach dem für ihn eindrucksvollsten Hungertuch, zeigt er auf eines aus Äthiopien aus dem Jahr 1978. Es erzählt die Geschichte von Kain und Abel, sowie von Gott und Noah, wobei man die Arche erkennen kann, die auf der Wasserflut schwimmt und den Bund Gottes, angedeutet durch den Regenbogen. Weitere Bilder zeigen die Begegnung Jesu mit Zachäus und die Heilung der Menschen sowie die wunderbare Brotvermehrung.