Die Sonne sticht vom Himmel. Die plötzliche Hitze nach den vergangenen kühlen Tagen macht einem zu schaffen. Passend zu den sommerlichen Temperaturen startet auch "L´estate" – der Sommer aus Antonio Vivaldis berühmten "Vier Jahreszeiten" mit matten, schleppenden Akkorden. Die hohen Temperaturen, die drückende Schwüle lasten auf dem Gemüt, wie es die Geschwister Angela Rossel (Geige) und Ruth Maria Rossel (Violoncello) gekonnt klangmalerisch darstellen.
Doch die ersehnte Abkühlung kommt in Form von Alexander Herrmanns Schlagwerk. Sein einsetzender Rhythmus ändert schlagartig die Szenerie. Das so melancholische, ja fast apathische Spiel wird plötzlich zum gewaltigen "Gewittersturm". Angela Rossel wird zur "Wahnsinnsgeigerin", die ihren Bogen nur so über die Saiten tanzen lässt. Nicht minder entfesselt ihre Schwester Ruth Maria und ihr Cello. Ein grandioser Einstieg in einen mitreißenden Konzertabend im Kloster Wechterswinkel, bei dem das Publikum dank eines hervorragend aufspielenden Trios ein farbenprächtiges Miteinander von Klassik und Moderne erleben durfte.
Faszinierendes Percussion-Spiel
Wie Kreiskulturmanager Thomas Eckert am Ende feststellt, war es ein "wundervolles und spannendes Konzert in außergewöhnlicher Besetzung, das zu einem echten Genuss für die Besucher geworden ist". Und das Publikum erlebt tatsächlich einen Genuss der besonderen Art an diesem Abend. Dabei sind es nicht nur die klassischen Stücke, bei denen die beiden Schwestern ihr großartiges Können auf ihren Instrumenten demonstrieren können, wie zum Beispiel bei Allessandro Marcellos "Adagio" und "Presto" aus dem "Concerto in d-Moll", Tomaso Albinonis düster-dramatisches "Adagio in g-Moll" oder die Themen aus Mozarts "Don Giovanni".
Besonders faszinierend sind die Werke, wenn Alexander Herrmann mit seiner Percussion einsteigt, der an diesem Abend für den erkrankten Thomas Hastreiter mitwirkt. So bekommt auch der "Carneval di Venice" von Niccolo Paganini, dem "Geigen-Star" des 19. Jahrhunderts, noch einen besonderen Farbtupfer. Beim Operetten- Schlager "Le canari" von Ferdinand Poliakin zeigt Angela Rossel, über welch großartiges Klangspektrum so eine Violine verfügt. Ihrer Geige entlockt sie die tollsten Töne.
Lautmalerei ruft Impressionen wach
Aus ihrer Eigenkomposition "Two moments in a city" präsentieren die beiden Schwestern insgesamt vier Stücke. Einmal mehr sind sie auch dabei wieder lautmalerisch tätig und lassen so mit ihren Instrumenten vor dem geistigen Auge der Zuhörer Impressionen aus der Großstadt entstehen, lassen eine Rolltreppe laufen, bilden die Einsamkeit und Anonymität in der Stadt ab oder spiegeln die Angst eines Schwarzfahrers in der U-Bahn vor dem Ertapptwerden wider.
Danach geht es rockig und poppig mit einem Medley aus dem Filmmusik-Klassiker "Fluch der Karibik" munter weiter. Coldplays Riesen-Hit "Viva la vida" – so lautet übrigens auch der Titel des Konzertabends – macht dann ebenso Stimmung wie der "letzte Tanz" ("Derniere Danse") und das abschließende "Smooth criminal" des "Kings of Pop" Michael Jackson. Ein fulminantes Ende eines Konzertes, das die Besucher restlos begeisterte und Lust auf Mehr macht. Natürlich wurde lautstark eine Zugabe verlangt, die dann als Barockstück auch gerne kam und so den Kreis am Ende wieder schloss.
Die Besucher hoffen auf ein Wiedersehen mit den drei großartigen Könnern, die traumhaft sicher zusammenspielten, großartig miteinander harmonierten und Spaß am gemeinsamen Musizieren hatten.