Keine Rückschau auf die 1200-jährige Geschichte des Marktes Oberelsbach ohne die „Fosenocht“. Das wilde Fastnachtstreiben in Oberelsbach ist weit über die Ortsgrenzen hinaus bekannt. Das liegt auch daran, dass Oberelsbacher Originale dieses Brauchtum pflegen und in die Welt hinaustragen. Eine davon ist die 84-jährige Mariechen Herbert. Eine Faschingskönigin ein Leben lang
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Mit einem herzhaften Lachen sitzt Mariechen Hebert am Küchentisch, die Fotoalben sind auf dem Tisch ausgebreitet, genüsslich schwelgt sie in Erinnerungen an die bunten Zeiten des Faschings. „Die Tage der Fosenocht sind meine höchsten Feiertage“, strahlt Mariechen Herbert und fügt schnell hinzu: „Von den weltlichen Feiertagen“.
Seit frühesten Jugendzeiten ist Mariechen Herbert mehr als jede andere im Fasching aktiv. Bis heute! Denn im stolzen Alter von 84 Jahren denkt sie noch nicht ans Aufhören: „Ich bin so froh, dass ich das noch kann“.
Mariechen Herbert hat noch die Oberelsbacher „Fosenocht“ in der Nachkriegszeit miterlebt. Damals hat man für den Fasching noch Blusen aus Bettlaken geflickt, aus alten Hitlerfahnen habe man rote Röcke hergestellt, erinnert sich Mariechen Herbert. Sehr schnell wurden zahlreiche Faschingstänze und Kappenabende aus dem Boden gestampft, was auch dazu führte, dass sich Oberelsbach zu einer richtigen Faschingshochburg entwickelte und diesen Ruf für viele Jahrzehnte behielt.
Jeweils ab Heilige Dreikönige wurden jeweils abwechselnd sonntags im Bayerischen Hof („Mähler“) und im Gasthaus Zum Goldenen Adler („Mangold“) große Maskenbälle abgehalten. „Wir haben schon immer auf den Kalender geguckt und gehofft, dass Ostern ziemlich spät ist“, erinnert sich Mariechen Herbert, „denn dann gab es mehr Faschingstänze“. Von der Gemeinde wurde jeweils an die Vereine das Recht verliehen, einen Faschingstanz abzuhalten. Da kam es dann schon mal vor, dass ein oder mehrere Vereine in einem Jahr leer ausgingen. Die einzelnen Vereine hätten sich regelrecht um die Ausrichtung eines Faschingstanzes gestritten. „Ich war bei jedem Tanz dabei“, zeigt sich Mariechen Herbert stolz.
Am Faschingswochenende selbst wurde dann tagelang durchgefeiert, erklärt die 84-jährige. Die Tänze gingen schon mittags los, wurden erst nach Mitternacht beendet und danach ging es weiter in die Privathäuser. Große Faschingszüge zogen am Faschingswochenende durch das Dorf. „Bei dem Umzug haben die Vereine oft das gemacht, was sie darstellen“, so Mariechen Herbert, zum Beispiel hätte der Sportverein Sportler dargestellt, die Feuerwehr Feuerwehrmänner, und Ähnliches.
Kostüme, Maskerade und Verkleidung wurden bei den Oberelsbachern ganz groß geschrieben. „Es wurde geflickt, das glaubst du nicht“, blickt die 84-jährige zurück. Tage- und nächtelang habe man Kostüme genäht. Textilien und Materialien dazu fand man überall, „vom oberen Boden bis in den Keller“, so Herbert. Viele „verstellte“ Leute habe man den ganzen Abend lang nicht erkannt. Ältere Männer liefen auf Stelzen, Zigeuner zogen durchs Dorf und Frauen mit Ziegen an der Leine präsentierten sich. Auch die Spie- und Strohmänner der Oberelsbacher Fosenocht waren zahlreich vertreten – auch auf den Tänzen. „Ein Wunder, dass es da nie gebrannt hat“, zeigt sich Mariechen Herbert zurückblickend froh.
Mit einem Glitzern in den Augen erzählt sie viele Anekdoten von der Faschingszeit. So erinnert sie sich an den Abend, als die vornehme „Frau von Zaluski“ gespielt hat. Eine Gummimaske von Amerika habe sie damals gehabt und künstliche, ultralange Fingernägel, gekauft in einem kleinen Geschäft in Bad Neustadt. Die Männer hätten damals Wetten abgeschlossen, wer die maskierte Dame sei. Max Hemmerich hätte sie damals an den Beinen erkannt: „Der Beine nach ist es die Mariechen“, hätte er gesagt.
Genauso erinnert sich Mariechen Herbert an den Faschingszug, bei dem sie plötzlich ein Hund gebissen hat und sie mit dem ganzen Faschingszug zum Doktor marschiert ist. Der habe zunächst gedacht, es wäre ein Faschingsscherz, bevor sie sich „auf die Pritsche legen durfte“ – unter Beobachtung und Gesang des gesamten Faschingszugs. Als sie vom Doktor gebeten wurde, für eine eventuell anstehende Tetanus-Impfung das Impfbuch zu bringen, nahm sie irrtümlich das Impfbuch ihres Hundes mit.
Auch mit 84 Jahren ist Mariechen Herbert – meist zusammen mit ihrer Freundin Regine – auf allen Faschingstänzen und Büttenabenden in Oberelsbach vertreten. Sämtliche Tänze wie Walzer, Dreher, Rheinländer, Polka oder Marsch beherrscht sie wie eine Eins und bringt viele junge Männer ins Schwitzen. Auch wenn ihr heuer erstmals ihre Beine Probleme machten, ließ sie es sich nicht nehmen, den Fasching zu besuchen. „In die Bar konnt ich loff“, lacht sie. Dort sei ihr sogar gesagt worden, sie sei die Schönste im ganzen Saal. Ihren Geburtstag – wie soll es anders sein – darf Mariechen Herbert immer zur Faschingszeit feiern. „Ich bin ein echtes Faschingskind“, strahlt die 84-jährige und fügt hinzu: „Lustig in Ehren, kann niemand verwehren.“