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MEININGEN: Feierstunde zum 100. Todestag von Georg II. im Meininger Theater

MEININGEN

Feierstunde zum 100. Todestag von Georg II. im Meininger Theater

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    Hoher Besuch in der Herzogsloge des Meininger Theaters: Ulrich Khuon, der Intendant des Deutschen Theaters Berlin, Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, der Meininger Intendant Ansgar Haag und Bürgermeister Florian Giesder, der in einem eben erschienenen neuen Bildband über Georg II. blättert. Von der rechten Rangloge aus hatte Georg II. einst die Probenarbeiten in seinem Hause verfolgt.
    Hoher Besuch in der Herzogsloge des Meininger Theaters: Ulrich Khuon, der Intendant des Deutschen Theaters Berlin, Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, der Meininger Intendant Ansgar Haag und Bürgermeister Florian Giesder, der in einem eben erschienenen neuen Bildband über Georg II. blättert. Von der rechten Rangloge aus hatte Georg II. einst die Probenarbeiten in seinem Hause verfolgt. Foto: Foto: Siggi Seuss

    Er hat den Zusammenbruch all seiner Ideale nicht mehr erleben müssen: Am 25. Juni 1914 starb der Meininger Theaterherzog Georg II. mit 88 Jahren. Er starb an jenem Tag, an dem an der Werra die Nachricht von den Schüssen in Sarajewo eintraf. 100 Jahre später trifft sich zum Todestag von Georg II. eine illustre Gesellschaft von Kulturfreunden im Meininger Theater, um noch einmal Revue passieren zu lassen, welch enorme kultur-, sozialpolitische und künstlerische Veränderungen der Regent im Kleinen wie im Großen auf den Weg gebracht hat.

    Im Foyer treffen sich zur Feier des Tages zwar die bürgerlichen Theaterfreunde, aber aus der weitläufigen Verwandtschaft derer von Sachsen-Meiningen – die früher im Städtchen häufiger gesichtet wurde, man denke nur an die Urnenumbettung adliger Familienmitglieder – ist außer zwei Urenkeln aus der Saalfeld-Linie niemand erschienen. Am nächsten Tag liegt allerdings ein Kranz von Friedrich Konrad von Sachsen-Meiningen auf Georgs Grabstätte im Parkfriedhof. Wie er dort hinkam, sei ungeklärt, heißt es aus dem Büro des Bürgermeisters.

    Ob die augenfällige Abwesenheit der Sachsen-Meininger etwas mit ungeklärten Rückübereignungsansprüchen zu tun habe? Nein, sagt Katharina Gaßdorf, Sprecherin von Bürgermeister Florian Giesder, man habe sich bereits vor Jahren gütlich geeinigt. 15 bis 20 Einladungen seien an die Nachkömmlinge Georgs II. gesandt worden, man habe aber nur Absagen wegen „anderweitiger Verpflichtungen“ oder gar keine Antworten erhalten.

    So kann Florian Giesder neben zahlreichen bürgerlichen Ehrengästen und Theaterfreunden nur Katharina und Peter von Saalfeld begrüßen, bevor er mit der Aufzählung des Reigens der Georgschen Reformen beginnt und schließlich Christine Lieberknecht das Wort überlässt. Die Augen der thüringischen Ministerpräsidentin leuchten, nachdem sie unter dem ewig gestrengen Blick des Theaterherzogs aus dem Gemälde an der Stirnseite des Foyers zu sich selbst gefunden hat und das Redemanuskript unbeachtet lässt. Sie lobt die kulturellen und ökonomischen Leistungen ihres Ländchens über alle Maßen – „die Kraft der Provinz“ nennt sie das – und führt die Wurzeln des Kunst- und Gewerbefleißes, ja sogar eine „südthüringische Identität“, nicht zuletzt auf die genialen Gedanken und Unternehmungen von Georg II. in dessen Herrschaftszeit von 1866 bis 1914 zurück.

    Georgs einzigartige Förderung von Kunst, Kultur und Sozialem soll an dieser Stelle nicht näher ausgeführt werden. Dass er das Meininger Theater – unter tatkräftiger Hilfe seiner dritten Ehefrau, der Schauspielerin Ellen Franz, und seines Intendanten Ludwig Chronegk – mit der Erfindung des Regietheaters und des Bühnenrealismus zu Weltruhm gebracht hat, ist hinlänglich bekannt. Aber man muss sich noch einmal in Gedanken zergehen lassen, worauf Ulrich Khuon, Gastredner und Intendant des Deutschen Theaters in Berlin (dort, wo einst die Reisezeit der Meininger begann), hinweist: 17 Jahre, von 1874 bis 1890, tourte das Meininger Theater im eigenen Zug durch die europäische Welt. 2551 Vorstellungen mit zwei Millionen Besuchern.

    Gut, die Quote kriegt heutzutage RTL mit den „Geissens“ binnen Minuten. Zu hoffen ist allerdings, dass, so Khuon, in einer Zeit ungezählter „Erregungszentren“ das Theater nach wie vor „die richtigen Fragen zur falschen Zeit“ stelle und sich damit der allumfassenden Dominanz des Ökonomischen entgegenwerfe. Dass bedeute eine stete Kampfansage an das kommerziell betriebene Unterhaltungstheater, das uns dann zu beherrschen drohe, wenn im Zuge des geplanten Freihandelsabkommens mit den USA die gesellschaftliche Sonderstellung von Kunst und Kultur infrage gestellt werde. Theater sei eine stete Feier, die die Vielgestaltigkeit eines Gemeinwesens zum Ausdruck bringe. Khuon lobte in diesem Zusammenhang den Verfassungsrang, den Kunst und Kultur seit 1993 in Thüringen genießen.

    Damit sprach er den Freunden des Meininger Theaters natürlich aus dem Herzen. Selbst, wenn die Ministerpräsidentin im Eifer ihres Lobes der Kraft der Provinz vergaß, den fett gedruckten Schlusssatz ihres Redemanuskripts in den Saal zu schleudern, sollte man sie während ihrer Regentschaft beim Wort nehmen: „Und darum schließe ich in Thüringen kein Theater.“ Siggi Seuss

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