Der Tag beginnt früh für Markus Rehmet. Um 4 Uhr startet er am Mittwoch mit seinem Verkaufswagen von Laubach bei Gießen zum zweieinhalb Stunden entfernten Bad Königshofen, wo an diesem Tag der Sebastiani-Markt stattfindet.
„Wenn es geschneit hätte, wäre ich erst gar nicht gefahren“, sagt der junge Mann im Gespräch mit der Main-Post, während er mit rot gefrorenem Gesicht und Fingern auf die Kunden wartet, die auf der Suche nach Gewürzen sind.
Es ist kalt an diesem Januarmorgen – sehr kalt. Gut sieben Grad unter Null zeigt das Thermometer an, keine guten Bedingungen für Märkte unter dem freien Himmel. Und so verlieren sich auf dem großen Marktplatz lediglich drei Händler.
Rehmet mit seinen Gewürzen, Vinh Bam, ein Kleiderhändler aus Meiningen und Dietmar Rhode aus Bad Königshofen mit seinem Sockenstand. „Ich war hier auch schon mal ganz alleine“, sagt der Lokalmatador. Vor ein paar Jahren als zum Markt auch noch viel Schnee lag.
Um 7 Uhr hat er seinen Stand aufgebaut, da war es noch stockdunkel. Das liegt bei Markthändlern wohl einfach im Blut. Ganz gleich, wie die äußeren Bedingungen sind, in Allerherrgottsfrühe geht es los – auch wenn sonst noch kein Mensch auf der Straße ist. Gegen die Kälte, die langsam, aber stetig durch die Kleidung kriecht, helfen nur warme Sachen. Thermohose, Angora-Unterhemd und gefütterte Schuhe hat Rhode angezogen. Und natürlich auch ein paar jener dicken Socken, die er verkauft und die seine Familie früher einmal selbst hergestellt hat.
Gerade einmal drei Kunden hatte er bis 10 Uhr. „Das lohnt sich nicht“, gibt er unumwunden zu. „Aber soll ich zu Hause rumsitzen“, fragt er, und gibt sich die Antwort gleich selbst. „Da kann ich mich doch auch hierherstellen“.
Die Märkte im Januar und Februar brächten eh nichts, weiß er aus langer Erfahrung. Schließlich hat ihn seine Mutter schon als Kind vor 50 Jahren mit auf Märkte genommen.
Ausnahmen gibt es aber auch hier. Der traditionsreiche und stets gut besuchte „Kalte Markt“ kommende Woche in Römhild zählt dazu. Und die Märkte in Marktzeuln. „Da gibt es immer Geld“, sagt Rohde. Vor allem wegen der geringen Socken-Konkurrenz. Da gebe es nur noch einen weiteren Stand mit ähnlichem Sortiment, während hier in Königshofen bei den Märkten normalerweise drei bis vier Stände ähnliches anbieten.
„Vielleicht mehr Werbung“, schlägt Vinh Bam, der zunächst gegenüber der Zeitung gar nichts sagen wollte, zur Belebung der Königshöfer Märkte vor. Er ist ebenso dick eingepackt und friert gewaltig. Aber was soll er machen? „Ich muss ja arbeiten“, sagt er mit einem Lächeln auf den Lippen. Auch sein Verkauf geht mehr als schleppend an diesem Tag.
Bernd Hilscher, bei der Stadtverwaltung für die Ausrichtung der Märkte zuständig, kennt das Problem. „Der Januar ist kein guter Monat“, räumt er ein. Aber den Sebastiani-Markt streichen geht auch nicht so einfach. Das müsste ja auch erst einmal der Stadtrat beschließen.
Zumindest einen Trost für die frierenden Händler hat er. Standgebühren will er am Mittwoch nicht nehmen, „das lohnt sich sonst ja gar nicht.“ Bürgermeister Thomas Helbling gibt zu bedenken, dass viele der Märkte eine lange Tradition haben, was man nicht so einfach aufgebe. Und außerdem ist er über jede Belebung der Innenstadt froh und möge sie auch noch so klein sein.
Deutlich besser läuft das Geschäft am Verkaufswagen der Firma Ritz Gewürze. „Das sind die Stammkunden“, sagt Markus Rehmet und bedauert es, dass er nicht zu jedem der zehn Märkte in die Badestadt kommen kann. Ein probates Mittel gegen die Kälte hat er auch nicht. „In Bewegung bleiben und sich warme Gedanken machen“, schmunzelt er.
„Soll ich etwa nur zu Hause rumsitzen“
Dietmar Rohde, der trotz Eiseskälte seinen Stand aufgebaut hat