Betritt man den Kindergarten Mariä Himmelfahrt und betrachtet die zahlreichen an der Wand im Eingangsraum hängenden Flaggen mit dem Satz „Herzlich willkommen in unserem Kindergarten“, der dort nicht nur in Deutsch, sondern auch in neun weiteren Sprachen auf sich aufmerksam macht, so fällt sofort auf, was Kindergartenleiterin Gudrun Hellmuth auch im anschließenden Gespräch bestätigen wird: „Wir sind international!“.
International deshalb, weil in der Einrichtung in der Hedwig-Fichtel-Straße derzeit 69 Mädchen und Jungen aus insgesamt elf Nationen zwischen einem und sechs Jahren betreut werden. Aus genau diesem Grund wurde die Kindertagesstätte vor vier Jahren auch als eine der ersten für das Bundesprojekt „Frühe Chancen – Schwerpunktkitas Sprache und Integration“ zertifiziert. Das sollte eigentlich im kommenden Dezember auslaufen, wird nun aber um ein weiteres Jahr verlängert, wie Hellmuth stolz berichtet.
Eigens zur Verwirklichung des Projektes „Frühe Chancen betreut seit März 2011 Heilpädagogin Angelika Baumbach die Kinder. Sie macht mit den Mädchen und Jungen verschiedenster Nationen, deren Alter schwerpunktmäßig zwischen einem und drei Jahren liegt, spezielle Finger-, Reim- und Bewegungsspiele oder singt mit ihnen, um ihnen spielerisch bei ihrer sprachlichen Entwicklung zu helfen. Ziel ist, dass die Kinder, deren Eltern beispielsweise aus Albanien, der Slowakei, Russland, der Türkei, Polen, Italien, Bosnien-Herzegowina, Ungarn und Serbien stammen, lernen, die deutsche Sprache richtig zu sprechen und zu verstehe.
„Wir haben hier seit Beginn des Projekts eine Willkommenskultur für Mädchen und Jungen aller Nationen entwickelt, die natürlich ständig von uns begleitet werden muss“, sagt Kindergartenleiterin Hellmuth und fügt an, dass dies im Kindergarten Mariä Himmelfahrt wohl auch deshalb so gut funktioniere, weil alle Mitarbeiter hoch qualifiziert und geschult seien und die Kinder deshalb optimal betreuen sowie fördern könnten.
Um die Qualität dieser für Hellmuth „wertvollen, wichtigen“ Arbeit ganzheitlich gewährleisten zu können, müssen natürlich immer auch die Eltern mit in das pädagogische Konzept einbezogen werden. Aus diesem Grund unterstützen die Mitarbeiter der Kindertagesstätte, insbesondere Heilpädagogin Angelika Baumbach diese auch ganz gezielt. So werden von ihr viele Elterngespräche, durch eine andere Mitarbeiterin auch auf Russisch geführt, wenn den Eltern das Sprechen der deutschen Sprache noch schwer fällt. Außerdem veranstaltet Baumbach regelmäßig ein sogenanntes Elterncafé, um den Austausch untereinander zu fördern.
Da dem pädagogischen Personal des Kindergartens Mariä Himmelfahrt auch bewusst ist, wie wichtig gute Kenntnisse der Muttersprache für das richtige Erlernen der deutschen Sprache sind, bekommen die Eltern mehrsprachig aufgewachsener Kinder auch die Möglichkeit, sich aktiv in das Kindergartenleben einzubringen, und lesen zum Beispiel in ihrer Muttersprache Geschichten vor, die dann in Deutsch wiederholt werden.
Kindergartenleiterin Gudrun Hellmuth ist stolz auf das Konzept, von dem alle Kinder, Eltern und Mitarbeiter gleichermaßen profitieren würden: „Es ist ein echter Zugewinn in der Vielfalt unseres Zusammenlebens hier im Kindergarten“. Die gelebte Integration in der Einrichtung spricht sich offenbar herum. So kämmen mittlerweile viele der neu in Bad Neustadt lebenden Menschen mit Migrationshintergrund, laut Hellmuth in den allermeisten Fällen hoch qualifizierte Arbeitskräfte, etwa Ärzte am Rhön-Klinikum oder Ingenieure in den hiesigen Industriebetrieben, gezielt auf das Personal des Kindergartens Mariä Himmelfahrt zu und möchten ihre Kinder dort betreuen lassen, weil sie die internationale Ausrichtung der Tagesstätte anspreche. Beim morgendlichen Singkreis etwa lässt sich beobachten, dass sich alle Mädchen und Jungen mit Freude daran beteiligen, völlig unabhängig davon, aus welchem Land sie stammen, ohne Vorurteile und Berührungsängste gegenüber den Kindern anderer Nationen. Da wird bei dem gemeinsamen Lied „Hallo, Hallo“ mit Heilpädagogin Angelika Baumbach und Erzieherin Julia Drescher, jedes Kind einzeln mit Namen begrüßt, man lacht und hat einfach Spaß zusammen. Man sieht, dass hier alle gleichermaßen voneinander und miteinander lernen und auch das oberste Ziel von Kindergartenleiterin Gudrun Hellmuth „Immer das Beste für die Kleinen“, dass sie gegen Ende des Gesprächs noch einmal deutlich macht, voll erreicht wird.
Die Bundes-Offensive Frühe Chancen
Das Projekt der Bundesregierung startete 2011 und sah zunächst eine Zeitspanne von vier Jahren vor. Von Beginn an bis zum kommenden Dezember wurden etwa 4000 Kindergärten bundesweit finanziert, um verstärkt Sprache und Integration zu fördern. Aufgrund der positiven Resonanz wurde die Laufzeit des Projektes mit einer weiteren Bezuschussung von 300 Millionen Euro bis Dezember 2015 verlängert. Ziel des Projektes sind Beratung des pädagogischen Teams, Informationen und Unterstützung der Eltern und eine alltagsintegrierte Sprachförderung, die Kinder von klein auf in ihrer Sprachentwicklung unterstützt. Durch eine zusätzliche Fachkraft werden Kinder im Krippenbereich zwischen null und drei Jahren, mehrsprachig aufwachsende Kinder und Kinder mit Förderbedarf begleitet.