Wenn der Sebastianstag auf dem Kreuzberg ansteht, dann kann man davon ausgehen, dass die Klosterkirche lange vor Gottesdienstbeginn voll besetzt ist. Zusätzliche Sitzgarnituren waren auch dieses Mal nötig, um die viele Menschen aufzunehmen. Auch vor dem Altarraum standen Bänke, die von den Auszubildenden der Forstbetriebe Bad Brückenau, Bad Königshofen und Heigenbrücken besetzt wurden. Natürlich waren sie in ihrer leuchten orange-grünen Dienstkleidung erschienen. Einige ihrer Kollegen übernahmen auch wieder den Dienst am Altar.
Seit 50 Jahren ruhen einen Tag Axt und Säge
Der diesjährige Sebastianstag war für die Forstleute und Organisator Gotthard Schwender ein ganz besonderer. Seit 50 Jahren gibt es den Sebastianstag. Seit 50 Jahren gedenken die Waldarbeiter und Forstleute ihrem Schutzpatron, lassen nach alter Väter Sitte Säge, Axt und Beil ruhen, um für ein weiteres unfallfreies Jahr zu danken und Gott um Schutz und Segen für das Neue zu bitten.
Seit 13 Jahren organisiert Gotthard Schwender den Sebastianstag, der ursprünglich vom mittlerweile verstorbenen Unterweißenbrunner Anton Räder initiiert wurde. Er war es auch, der Spenden für die Sebastiansfigur sammelte, die jeweils zum Sebastiansgottesdienst vor den Ambo gestellt wird. Bruder Ludwig Kiesel, Sakristan des Klosters Kreuzberg, ist für die sorgfältige Vorbereitung zuständig. Zu Füßen des Schutzpatrons lag diverses Handwerkzeugs der Forstarbeiter und eine in Holz geschnitzte 50.
Der Sebastiansgottesdienst zieht Waldarbeiter und Forstleute weit über die beiden Landkreis Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen an. Die musikalische Umrahmung des Festgottesdienstes übernahmen das Bläserquintett der Ehemaligen des Heeresmusikorps 12 Veitshöchheim sowie Johannes Keßler an der Orgel.
Schwieriges Waldjahr: Aus Angst wird Panik
Schwender erinnerte an ein schwieriges Waldjahr. Im März zog Sturmtief Eberhard mit orkanartigen Böen über Unterfranken hinweg und richtete große Schäden an. Darauf folgte wieder ein heißer und trockener Sommer. 2018 sei die Angst um den Zustand des Waldes Thema gewesen, in 2019 sei aus der Angst zunehmend Panik geworden. "Gelitten haben vor allem die Fichten. Sie, mit ihrem flachen Wurzelwerk kommen nicht an die tieferliegenden Wasservorräte, so dass der Borkenkäfer ein leichtes Spiel hat. Aber auch Buchen und andere Baumarten, die man als resistenter einstufte, wurden betroffen. Das gesamte Waldbild veränderte sich stark."
Durch diese Veränderungen entstehen immer wieder unvorhergesehene Situationen für alle Menschen, die im und mit dem Wald arbeiten. "Die Natur hat ihren eigenen Willen und die kleinste Unachtsamkeit kann fatale Folgen haben." Gerade der Sebastianstag mit seiner langen Tradition erinnere immer wieder daran, dass es nicht selbstverständlich sei, am Abend gesund von der Arbeit nach Hause zu kommen. Allein im Jahr 2019 hätten 23 Menschen in Bayern bei der Waldarbeit ihr Leben lassen müssen.
Die Liedziele "Heiliger Sebastian, bitte, dass uns Gott verschone", bekam vor diesem Hintergrund eine tiefere Bedeutung. Schon vor der Liturgie haben die Forstleute in der Klosterkirche gesungen: "Noch immer hält der Herr die Welt in seinen Händen, was im Leben auch kommen mag. Und irgendwann kann sich das Schicksal einmal wenden, darum freue dich auf jeden neuen Tag." Beeindruckend die vielen Männerstimmen in der vollen Kirche, die Forstleute sind starke Sänger.
Besondere Verantwortung für die Schöpfung
Pater Georg Andlinger begrüßte die Forstleute und Waldarbeiter und dankte ihnen für die Treue, die sie dem Kreuzberg halten. In seiner Predigt spannte er den Bogen von der besonderen Verantwortung der Forstarbeiter für die Schöpfung, was einerseits erfüllend, andererseits aber auch beschwerlich und gefährlich sei, über den Klimawandel bis zum Heiligen Sebastian, der mit seinem Glaubenszeugnis auch heute noch Vorbild sei. Den Auszubildenden wünschte er, dass sie in ihrem Beruf hegen, pflegen und gestalten können, statt nur Schadensfälle abzuwickeln und Schäden zu begrenzen.
