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Ginolfs: Ginolfs: Statt Abriss eine Dorfkneipe und Herberge

Ginolfs

Ginolfs: Statt Abriss eine Dorfkneipe und Herberge

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    Gebäudesanierer und Gastwirt zugleich: Viktor Schumacher aus Ginolfs hat das historische Fachwerkhaus in der Dorfstraße in Ginolfs denkmalgerecht saniert und wiederbelebt. 
    Gebäudesanierer und Gastwirt zugleich: Viktor Schumacher aus Ginolfs hat das historische Fachwerkhaus in der Dorfstraße in Ginolfs denkmalgerecht saniert und wiederbelebt.  Foto: Marc Huter

    Einem 300 Jahre alten Fachwerkhaus in der Dorfmitte von Ginolfs drohte die Abrissbirne. Das Gebäude gegenüber der Kirche und neben dem Ginolfser Backhaus war schon sehr marode. Es galt viele Jahre als „Schandfleck“ des Dorfes. Die Eil-Abrissverfügung hatte der Eigentümer Frank Hahl vor acht Jahren schon in der Hand. Wäre da nicht ein Backhausfest gewesen – und ein beherzter Rheinländer. Mittlerweile ist das Fachwerkhaus denkmalgerecht saniert und seit einem Monat eine Dorfwirtschaft.

    Vorher: Dem Gebäude in der Dorfstraße drohte vor wenigen Jahren noch die Abrissbirne.
    Vorher: Dem Gebäude in der Dorfstraße drohte vor wenigen Jahren noch die Abrissbirne. Foto: Viktor Schumacher

    „Die Idee dazu entstand tatsächlich aus einer Bierlaune heraus“, blickt Viktor Schumacher zurück. Der Krefelder kam beim Ginolfser Backhausfest mit Eigentümer Frank Hahl ins Gespräch. „Was ist mit dem Haus?“, fragte er. „Hier ist die Abrissgenehmigung, das kommt jetzt endlich weg, dann baue ich eine Traktorgarage auf das Grundstück“, erklärte ihm Hahl damals. Viktor Schumacher war geschockt. „Das kannst du doch nicht machen“, habe er ihm gesagt und auf das historische Gebäude in zentraler Lage mit noch guter Substanz hingewiesen. „Ich mache das nicht, mach du das doch“, bekam Viktor Schumacher zur Antwort. Kurzum: Der in bald 68-jährige Krefelder beschloss, das Gebäude in der Dorfstraße 23 zu erwerben.

    Carmen Schumacher: „Entweder das Haus oder ich“

    Seine Frau Carmen, 55 Jahre alt, fiel aus allen Wolken. „Entweder das Haus oder ich“, habe sie damals gesagt. Aber Viktor Schumacher hatte Feuer gefangen. Und ließ sich nicht beirren. 30 Jahre lang hat der Krefelder die Töpferwerkstatt seines Vaters bis zu seiner Rente geführt. Seine Frau Carmen stammt aus Fulda und die beiden hatten den Entschluss gefasst, wieder in die Rhön zurückzukommen. Ein Ferienhaus neben dem Friedhof hatten sie seit 1999 über viele Jahre hinweg bereits fachgerecht saniert. „Wenn ich mitkommen soll, brauche ich eine Aufgabe“, habe Viktor damals gesagt. „Und wenn es nicht fertig wird, wird es halt nicht fertig.“ Ehefrau Carmen stimmte schließlich zu.

    Das Fachwerkhaus hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Es wurde als Kindergarten, Dorfsaal und Armenhaus genutzt. Aus dieser Nutzung ergaben sich für ein Fachwerkhaus ungewöhnlich große Räume und Raumhöhen. Die beiden hatten überlegt, im Obergeschoss eine einfache Unterbringungsmöglichkeit für kleine Gruppe im Stil einer Herberge mit geräumigen Bad, großem Aufenthaltsraum und Sitz- und Kommunikationsecke zu errichten. Im Erdgeschoss sollte ein Atelier entstehen. Bei der Übertragung des Objektes stellte der Notar ein auf dem Haus eingetragenes Schankrecht fest. „Das war eine Überraschung“, schmunzelt Viktor Schumacher. Anscheinend war das Haus als Gaststätte geplant worden. „So ist die Idee gereift, im Erdgeschoss einen Treffpunkt zur Kommunikation im kleinen Rahmen einzurichten.“ Mit langer Tafel und einer Theke, damit der Austausch von Gästen und Einheimischen gefördert wird. Die Gäste sollen in das dörfliche Leben „eintauchen“ können.

    Ein echtes Abenteuer

    Sanierung glich einem echten Abenteuer Die denkmalgerechte Sanierung des Gebäudes, die mit kleinem Budget auskommen musste, war ein echtes Abenteuer. Jeder, der sich das Gebäude von innen angeschaut habe, runzelte eher ungläubig die Stirn. „Du hast schon Mut“, bekam Viktor sehr oft gesagt. Beim Bau folgte eine Überraschung auf die nächste. Da tat es gut, wenn man das Gefühl hatte, von allen Seiten Unterstützung zu bekommen. Besonders den Mitarbeitern des Landratsamtes und der Unteren Denkmalschutzbehörde sowie der Ginolfser Dorfbevölkerung möchte Viktor Schumacher herzlichen Dank sagen. Das Denkmalamt zeigte sich sehr kooperativ, Fördermöglichkeiten für das Einzeldenkmal wurden nach Kräften ausgeschöpft. Selbst Landrat Thomas Habermann habe sich persönlich um das Projekt bemüht und dem Ehepaar aus Nordrheinwestfalen Mut zugesprochen. Die Ginolfser haben Viktor Schumacher auch wie einen Einheimischen aufgenommen.

    Viktor Schumacher möchte auch den Austausch von Einheimischen und Gästen fördern.
    Viktor Schumacher möchte auch den Austausch von Einheimischen und Gästen fördern. Foto: Marc Huter

    Lange hat Viktor Schumacher über den Namen der Speise- und Schankwirtschaft gegrübelt. Das Ergebnis: „einst“ soll die Gaststätte heißen. Das Wort „einst“ symbolisiere zum einen den Stolz auf das in der Vergangenheit Geschaffene und die historische Kultur. Zum anderen zeige das Wort „einst“ nicht nur einen Bezug zur Vergangenheit, sondern auch zur Zukunft. Irgendwo spiegele sich darin auch das gesamte Sanierungsprojekt: „Die Baukultur und den Wert eines Gebäudes in einem Ort erhalten – aber nicht mit aller Gewalt. Es muss gleichzeitig auch funktionell sein“, erklärt der Rheinländer, der in Ginolfs seine neue Heimat gefunden hat.

    Herberge für kleine Gruppen

    Geöffnet hat die neue Speise- und Schankwirtschaft „einst – Ginolfs“ immer donnerstags und freitags ab 18 Uhr und nach Vereinbarung. Schließlich soll auch noch etwas Zeit bleiben, um das Obergeschoss entsprechend seiner Bestimmung als Herberge für kleine Gruppen herzurichten. Im Innenraum der Gaststätte haben bis zu 20 Personen Platz, im Biergarten noch etwas mehr. Auch die Spinn- und Strickstube soll wiederbelebt werden. Den Anfang machen ab Mitte November gemeinsame Mittwochabende in der Gaststätte. Das Thema: Trachtenröcke schneidern - wie „einst“ eben.

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