Gretchenfrage der Theatermacher, von Jahr zu Jahr: "Wie halten wir's mit unserem Willen, mehr Publikum ins Theater zu locken – vor allem junges?" Die Ideenschmiede unter Leitung des neuen Meininger Intendanten Jens Neundorff von Enzberg ist da mit einem vielfältigen Angebot an möglichen Projekten früheren Leitungsteams voraus. Gut, die Rede davon, man müsse die Menschen dort abholen, wo sie sich befänden, gehört inzwischen zum guten Ton theaterstrategischer Allgemeinplätze. Was aber wollen die Meininger in der neuen Spielzeit 2022/23, die unter dem Motto "Begegnungen" steht, anders machen?
Neu befragte Klassiker
"Neu seit 1831" - der Slogan der laufenden Spielzeit gilt natürlich weiterhin, und die Begegnung des Publikums mit "Ausgrabungen, neu befragten Klassikern, klassischer Moderne und Gegenwartstexten" (Neundorff) ist etwas, das sich alle Intendanten seit 1989 auf die Fahnen geschrieben haben. Stichworte, die bei der Programmvorstellung in Oberhof immer wieder zu hören waren: "Kunst im öffentlichen Raum", "Hemmschwellen abbauen", "Komfortzonen verlassen", "Vernetzungen", "Kooperationen", "neu abholen". Fragt sich nur: wo und wie? Nachdem sich das Junge Staatstheater mit den Sparten Puppentheater, Junges Theater und Junge Musik sowohl in den Kammerspielen als auch in der neuen Spielstätte "Rautenkranz" mit guten Inszenierungen etabliert hat: Wo sollen besonders junge Menschen sonst noch "abgeholt" werden?
Die Oberhofer Schanze als Konzertbühne
Das spektakulärste Abholereignis der nächsten Spielzeit ist wohl am 30. Juni/1. Juli 2023 das Schanzenkonzert "Die Schanze rockt" im Oberhofer Adlersgrund. Dort sollen, im Schatten einer der weltweit größten Skisprungschanzen, Klassik, Pop, Djs und Skisprung aufeinandertreffen. Zudem gibt es am Saisonende (15. Juli 2023) wieder das beliebte Sommerfest, es gibt vermehrt Lesungen mit Theater-, Kino- und TV-Stars, etwa mit Dagmar Manzel, Karoline Eichhorn und Catrin Striebeck.
Auch der Saisonstart am 11. September 2022 wird größer gefeiert als bisher, mit Versteigerungen, Technik-Show, Gala, Workshops und Party auf der Bühne. Im Dezember gibt es, neben dem traditionellen Weihnachtskonzert (23. 12.), dreimal eine "Wild Christmas" im Großen Haus. Und das junge Staatstheater wagt sich vom "Rautenkranz" aus sogar bis zu einem "Klassenzimmer der Zukunft" in den Englischen Garten, als Lern- und Theaterort unter freiem Himmel.
Außerdem plant man eine langfristige Zusammenarbeit mit der Meininger Bibliothek und verspricht ein "schillerndes und verrücktes Bühnenspektakel" der drei jungen Sparten: "Alice im Wunderland" (2. 3.). Tatsächlich ist die große Präsenz des Jungen Staatstheaters im Spiel augenfällig.

Die Meininger Hofkapelle sucht nach der langjährigen Ära von Generalmusikdirektor Philippe Bach einen neuen Musikalischen Leiter. Deshalb werden in der kommenden Saison mehrere Dirigenten, die sich Meiningen verbunden fühlen, ihr Stelldichein geben.
Fünf Uraufführungen
Höhepunkte im Spielplan sind unter anderem fünf Uraufführungen: Die komplette szenische Uraufführung von Bizets Oper "Ivan IV" (24. 2.). Das Drama "Guldenburg" nach Christoph Heins neuestem Roman (26. 11.). "Alte Sorgen" - ein Stück von Maria Milisavljevic über die Verwerfungen im Pflegesystem (28. 1.). Zwei Balletturaufführungen: "Die vier Jahreszeiten" (23. 9.) nach Musik von Arvo Pärt und Antonio Vivaldi und "Giselle" (10. 2.) nach Adolphe Adams romantischer Ballettmusik.
Schließlich wird die deutschsprachige Erstaufführung von Stefano Massinis "Ladies Football" (7. 10.) als "kleine Sensation" angepriesen. Erstmals wird Erich Wolfgang Korngolds Oper "Die tote Stadt" (16. 9.) in Meiningen zu sehen sein. Brigitte Fassbaender inszeniert zum dritten Mal an der Werra, Rossinis "Barbier von Sevilla" (21. 10.). Im Sommer 2023 möchte man der freien Theaterszene eine Openair-Bühne kostenlos zur Verfügung stellen.
Vorverkaufsstart für die nächste Saison: 17. Mai 2022. Das Jahresprogrammheft ist ab sofort verfügbar. Infotelefon und Kasse: 03696-451 222 oder 451 137.
www.staatstheater-meiningen.de