Neustadt Das menschliche Gehirn zu enträtseln bereitet Generationen von Wissenschaftlern bis heute die größten Probleme. Da macht es Sinn, zunächst mal in kleinere Gehirne wie dem der Maus oder der Fruchtfliege Drosophila zu schauen und daraus Rückschlüsse zu ziehen. Alexander Borst, ehemaliger Schüler des Rhön-Gymnasiums, gab für den Verein der Freunde der Schule einen Einblick in seine Forschungen am Max Planck Institut für Neurobiologie in München. Auf Erkenntnisse seiner Arbeiten bauen nicht zuletzt die Mediziner bei der Entwicklung neuer Medikamente.
Das menschliche Gehirn verfügt über rund 100 Milliarden Neuronen die ihrerseits mit jeweils 1.000 Nervenzellen verbunden sind. Kein Wunder also, dass es kaum möglich ist, den „Großrechner“ Gehirn für uns Menschen, die wir es eigentlich rund um die Uhr benutzen, zu erklären. Im Max Planck-Institut für Neurobiologie nimmt man lieber die etwas einfacher strukturierte Fruchtfliege als Forschungsobjekt. Was die Forscher im Institut in Martinsried bei München da schon alles entdeckt haben, dass zeigte der Direktor des Instituts, Professor Dr. Alexander Borst in seinem Vortrag für den Verein der Freunde des Rhön-Gymnasiums auf. Borst ist Mitglied des Vereins, er selbst stammt aus Bad Neustadt und hat 1976 das Abitur an selbiger Schule gemacht.
In kleinen und kleinsten Schritten versucht Borst mit seinem Team am Max Planck-Institut dem Gehirn ein paar seiner Geheimnisse abzutrotzen. In die feinsten Neuronen von Drosophila und Maus greift er ein, manipuliert Nervenzellen um zu erkennen, ob diese sich überhaupt manipulieren lassen und was das Versuchstier dann anders macht. Durch Eingriffe am Gehirn der Fruchtfliege kann Borst Reaktionen im Flug des Insekts auslösen. „Bestimmte Nervenzellen lösen ursächlich bestimmte Reaktionen aus,“ sagt der Professor, was zunächst mal ziemlich einleuchtend klingt.
Wie viel Forschungsarbeit und Geduld hinter einer solchen Erkenntnis liegen, das erklärt Borst in seinem Vortrag gerne und zeigt, dass die Bewegungen der Fliege in Richtung hoch, runter, rechts und links durch Eingriffe von außen beeinflusst werden können. Rückschlüsse für den Menschen? „Es gibt erstaunlich viele Gemeinsamkeiten im Bewegungssehen bei Menschen und Fliegen“, sagt Alexander Borst. „Und das, obwohl unsere letzten gemeinsamen Vorfahren vor 550 Millionen Jahren gelebt haben.“
Wozu solche Einblicke in das Gehirn der Drosophila oder auch einer Maus gut sein können, ist klar. Die Medizin sucht nach Möglichkeiten, Fehlfunktionen wie bei der Alzheimer Krankheit zu erkennen und vielleicht in ferner Zukunft medikamentös behandelbar zu machen. Vor allem bei der Alzheimer Krankheit arbeiten Wissenschaftler weltweit fieberhaft an Erklärungsmodellen. So ist es im Labor des Max Planck-Instituts für Neurobiologie in München gelungen, dauerhaft inaktive Nervenzellen im Gehirn wieder zu aktivieren. Das galt bislang als unmöglich. „Wenn uns das gelingt, dann können wir bald Blinde wieder sehend machen“, sagte Alexander Borst.