Der Onlinehandel der Internetriesen ist eine fast übermächtige Konkurrenz für immer mehr traditionelle Geschäfte, insbesondere in kleinen Städten. Es gibt Gegenstrategien: Manche Händler organisieren sich in lokalen Online-Marktplätzen oder verkaufen ihre Produkte selbst online. Link Schuhe & Outdoor in Mellrichstadt geht einen anderen Weg: Es gibt keinen Online-Verkauf – und das ganz bewusst.
Auf der Homepage des Unternehmens in der Mellrichstädter Hauptstraße findet man viele Informationen zur Tradition (1874 gegründet), zum Sortiment und zur Unternehmensphilosophie. Was man nicht findet, ist ein Link zum Online-Shop. Denn es gibt keinen. Chef Hans-Georg Link und seine Frau Christine setzen auf individuelle Beratung, Fachkompetenz und ständige Weiterbildung. Link war selbst schon oft als Rucksack-Tourist unterwegs und kann aus einem großen Erfahrungsschatz schöpfen, wenn er seinen Kunden Tipps für die Ausrüstung gibt.
Tanzen auf zwei Hochzeiten
Warum macht er nicht beides: Intensive Beratung im Geschäft und Online-Verkauf? „Da müsste ich auf zwei Hochzeiten tanzen“, entgegnet der Chef. Das will er nicht. Der 61-Jährige hat an sich und sein Unternehmen den Anspruch, dass Kunden, die eine Outdoor-Ausrüstung kaufen wollen, individuell ausgestattet werden. Und dazu braucht er den Kunden vor Ort, um, wie er es nennt, eine Bedarfsanalyse zu erstellen.
Er macht dies am Beispiel Outdoor-Schuhe deutlich: Trendig, modern, extrem weich und günstig – so sehen seiner Erfahrung nach die Freizeit-, Jogging- oder Wanderschuhe aus, die der durchschnittliche Online-Kunde auswählt. „Die Leute kaufen nach Optik und Preis, nicht nach Technik“, sagt der Unternehmer.
Probleme mit den Füßen
Da im Online-Verkauf oft keine Beratung stattfindet, weiß der Käufer oft nicht, ob Sohle, Material und Größe überhaupt gut für seine Füße sind. Über kurz oder lang führen falsche Schuhe zu kranken Füßen, Knien und Hüften.
So gesehen, sagt Link, beschert ihm das Internet „eine große Menge an Kunden mit orthopädischen Problemen“. Neben der individuellen Beratung gibt es in Links Geschäft eine orthopädische Schuhwerkstatt, in der die Schuhe nachgearbeitet werden können. Und geht mal was kaputt, wird repariert.
Er ist in keinem Verband
So individuell wie Link seine Verkaufsstrategie ausgestaltet, so individuell ist auch seine Einkaufsstrategie. Er gehört keinem Verband an. Das heißt, er muss keine Kollektionen abnehmen, in denen es bisweilen auch Schuhe gibt, die er nicht verkaufen möchte.
Für ihn bedeutet das, dass er oft auf Messen geht, um sich das Sortiment zusammenzukaufen. „Wir kaufen das ein, wovon wir überzeugt sind“, erläutert er. Auf diesen Messen hält er auch Kontakt zu ganz kleinen Firmen, deren Fabrikate er schätzt und die man sonst nirgends findet, und bekommt neue Entwicklungen mit.
Positives Feedback
„Das alles kostet viel Energie, aber es ist positive Energie“, sagt der Unternehmer. Dass seine Strategie sich auszahlt, zeigt das positive Feedback, das er bekommt. Viele besuchen auf Empfehlung sein Geschäft. Link hat ein großes Einzugsgebiet. Viele Kunden kommen sogar aus Hessen und Thüringen nach Mellrichstadt. Zu den Stammkunden zählen auch Rhön-Urlauber, die sich bei ihm neu ausrüsten.
Er ist kein Internet-Verweigerer
Dass Hans-Georg Link den Online-Handel als Geschäftsstrategie für sein Unternehmen ablehnt, bedeutet nicht, dass er dem Internethandel grundsätzlich ablehnt. Auch er recherchiert online, wenn er Ersatzteile für eines seiner alten Autos sucht, und bestellt sie dann. „Das Internet“, hat seine Berechtigung“. Womit er aber überhaupt nicht klarkommt, ist das Konsumverhalten von Menschen, die wahllos Waren im Internet bestellen, und dabei massenweise Pakete zurückgehen lassen. „Da werden Menschen beim Ausliefern an ihre Grenzen gebracht. Das ist eine solche Verschwendung von Ressourcen und Energie. Das geht gar nicht.“