„Wir zeigen Gesicht“ heißt ein Musical, das Kirchenmusikdirektor Thomas Riegler komponierte und mit einem brandaktuellen Text versah. Hinschauen auf die Not und helfen – wie das heute aussehen kann, das führen die Kinderchöre der evangelischen Gemeinde am 3. Juli auf.
Zugrunde liegt der modernen Handlung, die Riegler 2001 verfasste, die biblische Geschichte vom barmherzigen Samariter. Aus dem Mann, der vor zwei Jahrtausenden auf der Strecke von Jerusalem nach Jericho überfallen wurde, ist im Musical ein Ausländer in Deutschland geworden. Im Jahr 2001 ging es um einen Afrikaner; heute liegt es nahe, dass ein Syrer im Mittelpunkt steht.
Skinheads richten ihn übel zu, ihre „Ausländer-raus-Einstellung“ propagieren sie in einem Skinhead-Rap, ein Part aus dem Musical, der für Zündstoff sorgte, weil nicht jedem klar war, dass hier nur die problematische Einstellung verdeutlicht werden soll. Aber es entwickelten sich daraus aufklärende Gespräche, damals bei der Uraufführung im hessischen Bensheim, 2004 in Bad Neustadt, als das Musical schon einmal zu sehen war, und gegenwärtig bei der Einstudierung. Wenn sich Ausländerhass in brutaler Gewalt äußert, hat es wenig Sinn, den Helden zu spielen, wurde den Teenies, dem älteren Chor, bei der Diskussion außerdem bewusst.
Wie geht es nun weiter mit dem überfallenen Syrer? Ein Lehrer geht achtlos vorüber, die Schule hat ihn zu sehr gestresst, ein Arzt ist in Eile, er sucht sein Handy und findet es nicht . . . (vor 2000 Jahren standen an ihrer Stelle ein Priester und ein Levit). Barmherzigkeit, wie damals durch den Samariter, kommt durch eine Gestalt ins Spiel, die sich im Gesellschaftssystem ähnlich wie der Syrer behandelt fühlt: ein stinkender Penner. Er ruft seinen (nicht existierenden) Hund und vertreibt die Skinheads. Eine mutige Position einzunehmen, Gesicht zu zeigen, dazu bekennen sich die Kinderchöre im Schluss-Lied.
Aber sie singen nicht nur davon, sie handeln auch danach. Denn in ihre Gemeinschaft haben sie ein syrisches Kind aufgenommen, das mit ihnen probt für die Aufführung beim Gemeindefest am Sonntag, 3. Juli. Diesmal wird das Musical Teil des Familiengottesdienstes sein, der um 10 Uhr in der Christuskirche beginnt. Wer übrigens Lust hätte, singenderweise Gesicht zu zeigen, kann am Donnerstag nach den Osterferien (7. April) noch mit einsteigen und um 15.30 Uhr zu den Kindern (7 bis 10 Jahre) oder um 16.45 Uhr zu den Teenies (ab 5. Klasse) ins evangelische Gemeindehaus dazukommen.
Entstanden ist „Wir zeigen Gesicht“ im Jahr 2001 auf Bitten des Arbeitskreises Musik in der Jugend (AMJ). Zur Einstudierung des Projekts wählte AMJ damals einen Schulchor in Bensheim (Kreis Bergstraße) aus, mit dem Riegler sein Werk im Oktober 2001 zur Uraufführung brachte. Das Musical wurde fürs Deutschlandradio aufgezeichnet.