Seit Jahren schon erfassen ehrenamtliche Höhlenforscher die Tierwelt der Höhlen, Bergwerksstollen und Felsenkeller in der Rhön. Dabei haben sie herausgefunden, dass auch das „Höhlentier 2012“ in der Region ansässig ist.
Um auf den Schutz der unterirdischen Biotope und der darin lebenden Arten hinzuweisen, hat der Deutsche Verband der Höhlen- und Karstforscher 2009 die Aktion „Höhlentier des Jahres“ ins Leben gerufen.
Auf Vorschlag des Fuldaer Höhlenzoologen Stefan Zaenker wurde für 2012 in einer gemeinsamen Aktion von Höhlen- und Spinnenforschern die Große Höhlenspinne zum Höhlentier des Jahres und zur Europäischen Spinne des Jahres 2012 gewählt.
Die geografisch weitverbreitete Spinne fällt besonders durch ihre Größe auf und bewohnt ganzjährig Quartiere unter Tage. Damit ist sie ein gutes Beispiel für eine große Zahl an Tierarten, die auf geschützte und frostfreie Rückzugsorte unter Tage angewiesen sind.
Im Rahmen des jährlichen Fledermausmonitorings, aber auch im Sommerhalbjahr, werden die Rhöner Untertagequartiere hinsichtlich der wirbellosen Tierwelt untersucht. Dabei waren die Forscher auch auf die 13 bis 17 Millimeter große Spinne aufmerksam geworden.
In den Höhlen und künstlichen Hohlräumen des Biosphärenreservats findet sich dabei eine Vielzahl von Tierarten, die sich speziell an die Lebensbedingungen in ewiger Dunkelheit angepasst haben. Eine das ganze Jahr über gleichbleibende Temperatur von etwa acht Grad und eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit von über 90 Prozent führen dazu, dass sich Tierarten ungestört von äußerlichen Witterungsbedingungen entwickeln können.
Einige dieser Tiere haben sich nach der letzten Eiszeit in die relativ kühlen Hohlräume zurückgezogen. In die Felsenkeller und Bergwerkstollen gelangen die Höhlentiere durch natürlich Gesteinsklüfte, die dabei den eigentlichen Lebensraum bilden.
Wie von Seiten des Biosphärenreservat erläutert wird, erfassen die Mitglieder des Landesverbands für Höhlen- und Karstforschung Hessen die Höhlentiere ehrenamtlich im Auftrag des Landes Hessen und besitzen eine entsprechende naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zum Betreten der Höhlen und zum Sammeln von Höhlentieren.
Nur ein kleiner Teil der Tiere kann vor Ort bestimmt werden, der Rest wird an Experten in ganz Europa geschickt, durch die die Arbeit der Ehrenamtler wissenschaftlich ausgewertet wird. Insgesamt sind in der Rhön 27 Naturhöhlen, 16 Bergwerksstollen, 27 Felsenkeller und fünf sonstige Hohlräume bekannt. Daneben wurden 1741 Quellen untersucht, in denen Tiere aus dem Grundwasser gefunden wurden.
Das Artenspektrum der Höhlentiere in der Rhön ist sehr groß. Neben zahlreichen Mücken- und Fliegenarten kommen hier Schnecken, Tausendfüßer, Asseln, Spinnen, Weberknechte, überwinternde Tag- und Nachtfalterarten, Käfer, Köcherfliegen sowie Ur-Insekten wie die nur zwei Millimeter großen Springschwänze vor.
In Wasserbecken mit Grundwasserverbindung finden sich völlig weiße und augenlose Höhlenflohkrebse, Höhlenwasserasseln, Ruderfuß- und Muschelkrebse oder Plattwürmer und Ringelwürmer. Aber auch Amphibien wie der Feuersalamander und Grasfrösche zählen zu den regelmäßigen Besuchern der Höhlen. In der Rhön überwintern regelmäßig zwölf verschiedene Fledermausarten. Zu den größten Höhlenbewohnern zählen Säugetiere wie Fuchs und Dachs.
Die Große Höhlenspinne
Die Körperlänge der erwachsenen Höhlenspinne beträgt beim Männchen bis 13 Millimeter, beim Weibchen bis zu 17 Millimeter. Die Paarung der Spinnen findet meist im Frühsommer statt. Das Weibchen baut dann ab Mitte Juli bis Anfang August einen etwa zwei bis drei Zentimeter großen Kokon, der an einem Fadenstrang aufgehängt wird.
Der Kokon umhüllt die etwa 200 bis 300 Eier, die das Weibchen bis zu seinem Tod noch zwei bis drei Monate bewacht. Gegen Ende August zerfallen die Ei-Ballen und die Jungspinnen sind dann von außen durch den Kokon als kleine schwarze Punkte sichtbar.
Der Kokon wird von den Jungspinnen erst im Frühjahr verlassen. Der Nachwuchs begibt sich danach zum Höhlenausgang, wo man ihn einige Tage bis Wochen antreffen kann. Ein Teil der Jungspinnen wandert von hier in andere Höhlen ab, die restlichen Spinnen verbleiben in der Herkunftshöhle. Damit werden die Ausbreitung und der Fortbestand der Art gesichert.
Die Große Höhlenspinne erreicht ein Alter von zwei bis drei Jahren, anders als die meisten einheimischen Spinnen, die nur ein Jahr leben. Sie hält sich überwiegend in der Nähe der Höhlenwand auf, wo sie Asseln, Käfer, Tausendfüßer, überwinternde Schmetterlinge und verschiedene andere Kleintiere erbeutet. In der Rhön ist die Große Höhlenspinne eine besondere Rarität und kommt nur an wenigen Orten, wie zum Beispiel der Frauenhöhle im Eisgraben unterhalb des Schwarzen Moores oder in den Gewölbekellern an der Fohlenweide und auf der Burgruine Auersburg bei Hilders vor.