Mit Leib und Seel Ulla Zillmer mehr als zwei Jahrzehnte Chefin im „Römperle“, wie das Restaurant Rhönperle im Volksmund seit ewigen Zeiten heißt. Aber jetzt, mit kaum glaublichen 77 Jahren, möchte sie ihr Leben noch ein bisschen unabhängig davon gestalten. Sie hört auf und übergibt ihr Reich am 1. Oktober an Astrid Schlereth.
Leicht fällt Ulla Zillmer dieser Schritt nicht. Schließlich hat sie so viel Herzblut in ihr uriges Lokal und Hotel gesteckt, dass sie einen neuen Lebensinhalt im Dachgeschoss des Hauses – wo sie weiterhin wohnen wird – erst noch suchen muss. Anfangs wird die Nachfolgerin für etwas Hilfestellung dankbar sein, damit wäre der Übergang ins verdiente Nichtstun schon mal nicht so krass.
Die ungebrochene Begeisterung spricht aus Ulla Zillmer, wenn sie zu den Anfängen zurückblickt. „Ich hatte hier drin ja erst eine Boutique, „Ullas Laden“. Da war Luise (als Bedienung eine Institution) bereits mit dabei. 1987 haben wir's dann probiert und den Raum geteilt: In der einen Hälfte lief die Boutique weiter, in der anderen Hälfte gab's ein Café.“
Probeweise am Herd
Das Café kam so gut an, dass diese Doppelgleisigkeit nur ein Vierteljahr gefahren wurde. Nach dem Umbau lebte das Café in voller Blüte auf. Und die Chefin stellte sich probeweise an den Herd. „Ich hab' ganz einfach mit Mehlklößen angefangen, die sind so gut gelungen, dass mich jeder gefragt hat, warum kochst Du nicht immer? Dann hat sich das böhmische Talent meiner Mutter durchgesetzt und ich habe einige Kreationen und Rezepturen entwickelt, die ankamen.“
Dass alle Zutaten immer frisch waren, kann jeder bezeugen, der im Kupsch einkauft. Mehrmals täglich konnte man Ulla Zillmer dort antreffen und beobachten, wie sie den Einkaufswagen füllte und auf die andere Seite der Spörleinstraße schob. (Anmerkung: Natürlich kamen die Lebensmittel auch aus anderen Geschäften und Großmärkten.)
Manche Überraschung erlebte Ulla Zillmer in dem Altstadthaus aus dem 17. Jahrhundert. So brach eine Putzfrau durch die Zimmerdecke, ihr Unterschenkel tauchte als „Besuch“ im Café auf. Trotz des etwas verfallenen Zustands entschloss sich Ulla Zillmer 1992 das Anwesen zu kaufen und zum Hotel auszubauen.
Nach und nach entwickelte sich auch der Biergarten zu einem romantischen Paradies. Hier konnte es schon mal vorkommen, dass eine Birne einem Gast auf den Kopf plumpste und sich die Bedienung ein schadenfrohes „Da hat's den Richtigen getroffen“ nicht verkneifen konnte.
Für alle Generationen
„Im Römperle gehen Alt und Jung aus und ein“, freut sich Ulla Zillmer über ihre Gäste. Viele Stammtische kommen, tragen das Stadtgeschehen herein, lästern auch ganz gerne mal. All das teilen mit der Chefin neben Luise auch Swetlana (Bedienung seit 21 Jahren) und Xanthi (seit 12 Jahren in der Küche). Dass Ulla Zillmer dabei auch älter geworden ist, merkt sie eigentlich nur, wenn mittlerweile die Enkel ihrer Stammkunden auch zum Gästekreis gehören oder ein gestandenes Mannsbild erzählt: „Ich bin von meiner Mutter immer in Ihrer Boutique eingekleidet worden.“