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BAD NEUSTADT: Immer mehr frei verkäufliche Waffen im Umlauf

BAD NEUSTADT

Immer mehr frei verkäufliche Waffen im Umlauf

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    Pfefferspray ist zur Tierabwehr erlaubt, für Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen braucht man den kleinen Waffenschein.
    Pfefferspray ist zur Tierabwehr erlaubt, für Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen braucht man den kleinen Waffenschein. Foto: Foto: Robert Wagner

    Pfefferspray gibt es schon im Supermarkt, und der Besitz von Gas- und Schreckschusspistolen steigt sprunghaft an: Deutschland rüstet auf und reagiert damit auf die zunehmende Angst vor Terror und Kriminalität. Das ist auch im Landkreis Rhön-Grabfeld der Fall, Indiz dafür ist der rasante Anstieg der Anträge auf den „kleinen Waffenschein“. Im Jahr 2015 gab es laut Auskunft des Landratsamtes 39 davon, im Jahr 2016 bisher schon 120 Anträge (Stand Anfang September).

    Pfefferspray, Pfeffergel und -schaum sind in Deutschland frei verkäuflich, dürfen aber nur zur Tierabwehr eingesetzt werden. Tritt der Ernstfall ein, dürfe man sich allerdings mit allem verteidigen, was zur Verfügung steht, ist auf der Werbeseite eines Internetanbieters zu lesen. Auch der Kauf von Schreckschusswaffen ist in Deutschland ab 18 Jahren erlaubt, die Waffe darf dann jedoch nur verpackt mitgeführt oder zuhause aufbewahrt werden. Wer eine Reiz-, Signal- oder Schreckschusswaffe unterwegs bei sich tragen will, muss seit 2003 eine Bescheinigung beantragen, die von den zuständigen Landratsämtern gegen eine Gebühr ausgestellt wird. Die Waffe muss außerdem mit dem Prüfsiegel der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt versehen sein, das gilt auch für die so genannten Elektroschocker.

    Deren Kauf ist frei ab 18 Jahren, sie dürfen auch ohne „kleinen Waffenschein“ zur Selbstverteidigung mitgeführt werden. Für Normalbürger ganz verboten (Erwerb, Besitz, Führen) sind jedoch die „Taser“, Distanz-Elektroimpulsgeräte.

    Den deutschlandweiten Selbstschutz-Trend bestätigt das Bundesinnenministerium: Im ersten Halbjahr 2016 stieg die Anzahl der ausgestellten kleinen Waffenscheine gegenüber dem Vorjahr um 49 Prozent auf gut 402 000. Im ersten Halbjahr 2015 wurden lediglich rund 270 000 dieser Bescheinigungen registriert.

    Bedrohungsgefühl

    Das Gefühl einer möglichen Bedrohung ist für die Bewohner der Region aktueller geworden, die Anschläge bei Würzburg und Ansbach zeigen, dass Attentate nicht nur in Großstädten passieren. Die Nervosität zeigte sich erst kürzlich beim Fehlalarm im Einkaufszentrum in Schweinfurt. Auch der Nachbarlandkreis Haßberge registriert einen enormen Anstieg der Anträge für den kleinen Waffenschein - auch hier ist, wie überall, mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen. Laut „Haßfurter Tagblatt“ wurden im Jahr 2014 im Landkreis Haßberge nur 25 dieser Berechtigungskarten ausgestellt, 2015 waren es schon 57. Im laufenden Jahr wurden bisher bereits 221 ausgestellt.

    Während beim Erwerb eines „großen“ Waffenscheins die persönliche Eignung und die Notwendigkeit nachgewiesen werden müssen, eine Sachkundeprüfung abgelegt werden und eine hohe Privathaftpflicht-Versicherung vorliegen muss, ist beim kleinen Waffenschein keine Begründung nötig. Laut Gesetz ist die Genehmigung „für die Gattung der Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen mit Zeichen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) unbefristet und ohne ausdrückliche Beschränkung auf bestimmte Anlässe oder Gebiete zu erteilen.“ Kritiker wünschen sich eine Verschärfung dieser Bedingungen, denn wie die Statistik des bayerischen Innenministeriums zeigt, werden mindestens die Hälfte aller Straftaten im Bereich der Schwerkriminalität, wie Raub oder räuberische Erpressung, mit Gas- oder Schreckschusswaffen ausgeführt. Die Waffen sehen echten Pistolen oder Revolvern täuschend ähnlich, was auch deren Besitzer in Gefahr bringt, weil Einsatzkräfte schnell entscheiden müssen, wie sie im Ernstfall darauf reagieren.

    Wenn bei einer Personenkontrolle ein Gegenstand entdeckt wird, der dem Waffenrecht unterliegt, muss zunächst eine Klassifizierung vorgenommen werden, erklärt der Leiter der Polizeiinspektion Bad Neustadt, EPHK Georg Bieberich. Ein Tierabwehrspray (Pfefferspray) darf mitgeführt werden, wer jedoch eine Schreckschuss- oder Reizgaspistole dabeihat und keine entsprechende Bescheinigung vorweisen kann, muss die Waffe abgeben. Darunter fallen auch Softair-Waffen mit mehr als 0,5 Joule Druck. Insgesamt hätte man jedoch im Bereich der Polizeiinspektion in der Praxis keinen Anstieg einer Bewaffnung bemerkt, berichtete Bieberich. Dass es einen Trend zum Beschaffen von zugelassenen Selbstverteidigungsgegenständen gibt, kann er sich jedoch vorstellen.

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