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Schönau: In diesem Fastfood ist der Wurm drin

Schönau

In diesem Fastfood ist der Wurm drin

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    Ideen muss man haben: Der Rhöner Gastronom Christian Kohl (links) betreibt vier Foodtrucks, die in ganz Deutschland unterwegs sind. Einer davon ist "Dr. Bob's gefährliche Insektenküche". Koch Nico Laudenbach kredenzt dort geröstete Mehlwürmer und Wüstenheuschrecken ganz in Dschungelcamp-Manier.
    Ideen muss man haben: Der Rhöner Gastronom Christian Kohl (links) betreibt vier Foodtrucks, die in ganz Deutschland unterwegs sind. Einer davon ist "Dr. Bob's gefährliche Insektenküche". Koch Nico Laudenbach kredenzt dort geröstete Mehlwürmer und Wüstenheuschrecken ganz in Dschungelcamp-Manier. Foto: Gerhard Fischer

    Die Geschmacksknospen sind auf das Allerhöchste angespannt. Was jetzt kommt, ist entweder der kulinarische Abgrund, der einen Strudel unerwünschter Gefühle der Abscheu nach sich zieht, oder aber es ist der Eintritt in eine bessere, bisher unbekannte Welt des Genusses.     

    Die Schneidezähne trennen mit leichtem Biss das Köpfchen vom Rumpf der Afrikanischen Wüstenheuschrecke. Es knackt kurz im Mund. Und schon entfaltet sich ein leicht nussiges Aroma, unaufdringlich pikant, durchaus nicht unangenehm. Kaum ist auch der im Wok geröstete Rumpf verschlungen, greifen die Hände wieder in das Schälchen, diesmal zum bräunlich schimmernden Mehlwurm. Man nimmt ihn am besten im halben Dutzend zu sich, damit sich die Mundhöhle überhaupt füllt. Wieder dieser nussige Geschmack. Wieder dieses Gefühl, wie beiläufig einen Erdnuss-Snack zu sich zu führen. Man kann das alles essen. Und es tut gar nicht weh.        

    Die Afrikanische Wüstenheuschrecke wird in niederländischen Terrarien extra gezüchtet für den menschlichen Verzehr. Etwas Limette und Meersalz und schon ist die vollständige, eiweißreiche Mahlzeit fertig.
    Die Afrikanische Wüstenheuschrecke wird in niederländischen Terrarien extra gezüchtet für den menschlichen Verzehr. Etwas Limette und Meersalz und schon ist die vollständige, eiweißreiche Mahlzeit fertig. Foto: Gerhard Fischer

    Die Menschen beim Streetfood-Festival in Bad Kissingen (Lkr. Bad Kissingen) stehen nicht Schlange wie am Burger-Stand nebenan. Aber die Neugierde ist doch groß, was es mit "Dr. Bob's gefährlicher Insektenküche" auf sich hat. Ihr Betreiber ist Christian Kohl aus Schönau bei Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld). Der Rhöner bringt seit 2017 Mehlwürmer und Heuschrecken als exotisches Fingerfood unters deutsche Volk. Und das mit wachsendem Erfolg. 

    Die halbe Welt isst Insekten, sei es in Afrika, sei es in Asien"

    Christian Kohl, Foodtruck-Unternehmer aus der Rhön

    "Das geht nicht in Deutschland", hätten ihm seine Bekannten gesagt, als er 2017 mit der Idee einer Insekten-Küche schwanger ging. Aber der Mann, der mit seinem Unternehmen "Jack's Tasty" und vier so genannten Foodtrucks Festivals oder Firmen-Events in ganz Deutschland bestückt, hat an seine Idee geglaubt und sie umgesetzt. "Wir sind 2017 an den Start gegangen, seitdem herrscht Ausnahmezustand", lacht Christian Kohl. Wo er mit seinem Koch Nico Laudenbach und Dr. Bob's Insektenküche vertreten ist, ist ihm Aufmerksamkeit gewiss. "Jeder fünfte Festbesucher probiert unsere Insekten. Und jeder Zweite, der schon einmal probiert hat, kauft wieder", freut sich der Gastronom über die Resonanz auf seine exotischen Produkte.  

    Dabei ist sein Angebot in einer globalisierten Welt so unglaublich nicht. "Die halbe Welt isst Insekten, sei es in Asien, sei es in Afrika", sagt Kohl. Und selbst die Ernährungswissenschaft geht angesichts der Probleme der weltweiten Landwirtschaft ja davon aus, dass die Ernährung über eiweißreiche Insekten eine noch größere Zukunft hat.  

    Dr. Bob's Insektenküche genügt bisher noch ein mittelgroßer Wok, um den Hunger nach Mehlwürmern und der Afrikanischen Wüstenheuschrecke zu stillen. "Unsere Ware kommt aus besonderen Zuchtanlagen in den Niederlanden, die für den menschlichen Verzehr produzieren", erklärt Kohl. Die Tiere werden vor ihrer Weiterverwertung auf Diät gesetzt, damit sich die Därme entleeren. Dann werden sie schockgefrostet und schließlich luftgetrocknet. Die Ware ist HACCP-zertifiziert, entspricht also höchsten Hygienestandards. Schließlich gibt es Mehlwurm und Heuschrecke auch als Tiernahrung.  

    Christian Kohl kennt die Anforderungen der Gastronomie. Der 38-Jährige ist seit 20 Jahren im Gastgewerbe tätig. Als 2013 der Food-Truck-Hype aus Amerika nach Deutschland überschwappte, sprang auch er auf den Zug auf. Mit derzeit vier Fahrzeugen tourt er durch ganz Deutschland. Sein Team kredenzt klassische amerikanische Burger-Küche, Kartoffel-Spiralen oder hawaiianische Garnelenspieße oder Fischsalate in seinem neuen "Kamekona's Shrimps Truck". Der verfügt sogar über eine behindertengerechte zweite Ausgabe-Luke in Höhe eines Rollstuhlfahrers.   

    Mitbringsel für den heimischen Herd. Bei "Bob's Insektenküche"  gibt es auch Insekten-Knabbereien zum Nachkochen zuhause.
    Mitbringsel für den heimischen Herd. Bei "Bob's Insektenküche"  gibt es auch Insekten-Knabbereien zum Nachkochen zuhause. Foto: Gerhard Fischer

    Mit seinen Food-Trucks lebt Kohl gleichzeitig seine Auto-Leidenschaft aus. Die Shrimps werden in einem alten Chevrolet Highcube-Kleinlaster gebrutzelt. Und die Kartoffel-Spezialitäten werden in einem ausrangierten amerikanischen Ford-Schulbus zubereitet, den Kohl aus Washington DC importiert hat.

    "Eine Handinnenfläche voll Insekten ergibt eine vollständige Mahlzeit"

    Christian Kohl, Betreiber von Dr. Bob's gefährlicher Insektenküche

    Dr. Bob's Insektenküche kommt dann passenderweise in einem tiefschwarz lackierten Land Rover Defender angerollt auf grobstolligen Reifen und als Theke ein typisches Sandblech, die man bei Offroad-Fahrten benutzt. "Wir haben uns da natürlich an die Dschungelcamp-Ästhetik angelehnt", sagt der Foodtruck-Unternehmer.    

    Die fünfjährige Smilla Huber aus Bischofsheim zeigte sich ganz angetan vom Geschmackserlebnis Mehlwurm.
    Die fünfjährige Smilla Huber aus Bischofsheim zeigte sich ganz angetan vom Geschmackserlebnis Mehlwurm. Foto: Gerhard Fischer

    Koch Nico Laudenbach hat für Kunden einen Tipp parat: "Wir bieten zwar Dip-Saucen an wie Erdnuss- oder Knoblauchsoße, aber wir empfehlen die Mehlwürmer und Heuschrecken ungewürzt, damit sie ihr volles Aroma entfalten", rät der Bad Neustädter. Nur etwas  Limettensaft und Meersalz, das genüge. Allzu viel von den ungewöhnlichen Knabbereien sollte man aber nicht zu sich nehmen. "Eine Handinnenfläche voll Insekten ergibt eine vollständige Mahlzeit", erklärt Kohl. "Wenn man zuviel isst, könnte es zu einem Eiweißschock kommen", warnt der Rhöner Geschäftsmann.    

    Wer sich erst einmal überwunden und Geschmack gefunden hat an den Knabber-Insekten, der kann sich ein Stück Dschungel mit nachhause nehmen. In kleinen Gläsern kann man Mehlwürmer und Heuschrecken für die heimische Küche kaufen. Kurz geröstet ohne Fett zum Beispiel im Wok, bis die Tierchen glasig werden, und schon ist die Hauptmahlzeit fertig. Oder eine Schrecksekunde für den noch nicht überzeugten Rest der Familie.   

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