(g) Ein Mann sieht rot. Sein Kontrahent hatte angeblich versucht, ihn im Internet zu mobben und wirtschaftlich zu ruinieren. Früher hatten sie eine Geschäftsverbindung gepflegt, bis es Unstimmigkeiten gab. Als der Mann erneut im Internet Eintragungen des Kontrahenten auf seiner Homepage und in E-Mails las, setzte ihn das schwer in Rage. In München stieg der Mann in den Zug, mit öffentlichen Verkehrsmitteln gelangte er nach Nordheim. Was dann geschah, trug die Staatsanwältin bei der Verhandlung am Amtsgericht Mellrichstadt aus der Anklageschrift vor.
An einem Tag im Mai 2010 suchte der heute 42-Jährige die Wohnung des Geschädigten auf und verprügelte den Wohnungsinhaber. Der Geschädigte floh in ein Nachbaranwesen. Derweil demolierte der Angeklagte alles, was ihm in der Wohnung des Nordheimers unter die Augen kam: zwei Laptops, einen Flachbildschirm, ein Faxgerät, einen Drucker, einen Scanner und die Telefonanlage – Schaden bis dahin etwa 3000 Euro. Dann folgte er dem Geschädigten ins Nachbaranwesen.
Dort hatte sich der Geschädigte verbarrikadiert. Als der Angeklagte ihn nicht zu fassen bekam, demolierte er noch das Wohnmobil des Mannes – Schaden: ebenfalls 3000 Euro. Angeklagt waren folglich Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Körperverletzung und versuchte Nötigung.
In Therapie
Mit seinem Verteidiger war der Angeklagte aus München angereist. Er gab die Vorwürfe zu, hatte seinem Gegner ein paar Ohrfeigen versetzt. Heute bedauere er den Vorfall, doch damals habe er sich nicht mehr zügeln können. Seit einigen Wochen unterziehe er sich nun einer stationären Therapie, in der auch sein Alkoholproblem behandelt wird, wie er sagte. Er sei arbeitslos und habe Schulden, gab er weiterhin an.
Der Sachbearbeiter der Polizeiinspektion Mellrichstadt teilte als Zeuge mit, dass er telefonisch zu diesem Vorfall gerufen wurde. Dort traf er den Geschädigten völlig aufgelöst an. Der Angeklagte saß auf einer Gartenbank. Dort und auch auf der Dienststelle benahm er sich recht friedlich. Vielleicht erkannte er bereits an diesem Tag die ganze Tragweite seiner Handlungen.
Der Verteidiger bat schließlich Richter und Staatsanwältin um ein Rechtsgespräch. Ziel war eine Verfahrenseinstellung unter dem Aspekt eines Sonderfalles. Dem wurde letztlich stattgegeben. Der Richter verkündete mit Zustimmung aller Beteiligten die vorläufige Verfahrenseinstellung. Bis zum 30. Juni muss der Angeklagte 1500 Euro an gemeinnützige Einrichtungen zahlen. Kommt er dieser Auflage nach, erfolgt die endgültige Einstellung des Verfahrens.
Der Verteidiger regte abschließend an, dass der Richter ein „Friedensgespräch“ zwischen dem Geschädigten und dem Angeklagten vermitteln solle. Vergebliche Mühe. Denn dies scheiterte an der Ablehnung durch den Kontrahenten.